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Corey



Trotz der Dunkelheit kann ich im Schein der Lichterketten ihren herausfordernden Blick und die Missachtung darin erkennen. Vielleicht war ich selbst daran schuld, aber es machte einfach zu viel Spaß Menschen zu ärgern, die mir voreingenommen entgegentreten und genau das hatte sie getan. Ich konnte es schon sehen, als Ben sie früher am Abend herum geführte und allen vorgestellt hat. So wie sie sich umschaute und immer wieder die Nase kraus zog dachte sie bestimmt, dass wir Alle schlimme Snobs sind. Und aus diesem Grund verhalte ich mich auch genauso. Überheblich und aufgesetzt arrogant... Zum Glück durchschaut Ben mein Spiel nicht und lässt mich mit ihr alleine zurück. Erst jetzt erkenne ich, dass sie von Nahem noch schöner ist, als ich es von Weitem schon vermutet habe! Langes, kupfernes Haar liegt in sanften Wellen um ihre Schulter und reicht bis fast zur Mitte ihres Rückens und die leichten Sommersprossen lassen sie jünger aussehen, als sie vermutlich ist.

„Und du hast also diese Fotos gemacht, von denen Ben jetzt schon seit Wochen spricht?" frage ich und werfe direkt gönnerhaft hinterher „Die müssen ja echt was gaaaaanz besonderes sein, wenn er so einen Aufriss darum macht!"

Für einen kurzen Augenblick glaube ich Verunsicherung in ihren Augen zu erkennen, aber sofort verändert es sich zu verärgert und eine Falte bildet sich auf ihrem Nasenrücken. „Bist du etwa ein Kunstkenner?" feuert sie zurück und ihre Gesichtsfarbe ändert sich langsam in dunkles Rot! „Sagen wir mal so... Ich besitze auch das ein oder andere Kunstwerk oder Fotografien." versuche ich sie weiter zu provozieren.
Es klappt besser als gedacht und sie schnaubt entnervt auf. „Und das macht dich also zu einem Experten?"

„Naja, ich denke schon, dass ich ein wenig Erfahrung sammeln konnte, aber du bist da natürlich der weitaus bessere Kenner, so wie du dich hier darstellst... Kann das sein?" necke ich sie weiter und bin schlicht verwundert, als sie nicht weiter darauf eingeht, mit den Schultern zuckt und sich mit einer schnellen Bewegung umdreht und sich ihren Weg in Richtung Veranda und dann ins Haus bahnt. Perplex schaue ich ihr hinterher. Es ist definitiv sehr lange her, dass mich einfach jemand so stehen lassen hat und irgendwie kratzt das doch schon etwas an meinem Ego.

Nach einer Weile kommt Ben wieder zu mir und legt seinen Arm über meine Schulter... Das bedeutet, dass er wieder Mal eine Idee hat, von der er weiß, dass ich diese wahrscheinlich nicht unbedingt gutheißen werde. „Und? Wie findest du die Kleine?" frag er mich zögerlich und ich bin kurz verwirrt. Steht er etwa auf die kleine Zicke? Ich versuche erst einmal neutral zu antworten „Joa, sie scheint eine starke Meinung zu haben und steht für sie ein."

„Ich glaube sie ist die Richtige!" ungläubig schaue ich ihn an. Hat er jetzt vollkommen den Verstand verloren? Sein Blick ist fest und selbstsicher. „Das kannst du nicht ernst meinen!?" Meine Fassungslosigkeit steht mir ins Gesicht geschrieben. „Doch, natürlich... Denk doch mal nach, Corey... Sie hat das perfekte Auge für die kleinen Details und ihre Art ist absolut hinreißend." Entgeistert sehe ich ihn an. Was in aller Welt stimmt mit ihm nicht?

„Sie ist eine üble Zicke und noch obendrein komplett voller Vorurteile uns gegenüber. Keine Ahnung, was du an ihr findest, aber ich persönlich denke, dass du dir mit ihr eher die Plage ins Haus holst!" lasse ich meinen Gedanken jetzt doch noch freien Lauf.

„Bist es jetzt nicht du, der Vorurteile hat? Ihr habt kaum mehr als 3 Sätze miteinander gewechselt und du verurteilst sie schon. Damit bist du doch keinen Deut besser als sie, oder nicht?" tadelt er mich und ich weiß insgeheim, dass er damit durch und durch recht hat. Ich schnaube genervt und hebe abwehrend die Arme, was Ben mit einem Lachen kommentiert mir freundschaftlich auf den Rücken klopft.

Kopfschüttelnd gehe ich Richtung Haus und mache mich auf den Weg zum Gästezimmer, in dem ich immer übernachte, wenn ich auf einer von Bens zahlreichen Partys mal wieder ein bisschen zu tief ins Glas geschaut habe. Für heute habe ich genug von diesem Trubel!

Die Tür zum Gästezimmer im ersten Stock ist zu, was ziemlich ungewöhnlich ist, aber ich verschwende keinen Gedanken daran und betrete den Raum. Das spärliche Licht, dass die Außenbeleuchtung durch die große Fensterfront wirft reicht mir aus, also ziehe ich mich, ohne das Licht anzumachen, aus und lasse meine Kleidung achtlos liegen und lasse mich auf das Bett fallen. „Hey!!!" faucht es mich plötzlich aus der Dunkelheit an und ich springe direkt wieder erschrocken auf. Augenblicklich geht die Nachttischlampe an und ich starre in das entsetzte Gesicht von der kleinen Fotografin. „Du?!" es ist mehr ein Schimpfen, als eine Frage und ihre verschlafenen Augen ziehen sich zu schmalen Schlitzen zusammen, sodass auf ihrer Nase wieder die Falte entsteht.

„Was willst du denn noch hier?" pfeffere ich ihr barsch entgegen.

Entgeistert versucht sie sich die Decke bis ans Kinn zu ziehen, aber ich konnte schon einen Blick auf ihre halb entblößten Brüste erhaschen. Hübsche Brüste, das muss man schon sagen. Allgemein ist sie eigentlich wirklich attraktiv, aber ihre unangenehme Art lässt mich den Gedanken sofort wieder verwerfen.

„Kannst du dich jetzt endlich mal umdrehen?" fragt sie mich schnippisch.

„Ich wird dir schon nicht wegkucken!" foppe ich sie und wende mich trotzdem den Fenstern zu. „Kannst du mir jetzt mal verraten, was du in meinem Zimmer zu suchen hast? Wolltest du spannen?" schnauzt sie mich schon wieder an. „Das hier ist eigentlich immer mein Zimmer, wenn ich bei Ben zu besuch bin, also sollte ich diese Frage lieber dir stellen." Kläre ich sie patzig auf. Sie bringt wirklich meine schlechteste Seite hervor. Normalerweis bin ich nicht der Mensch, der sich so schnell auf die Palme bringen lässt, aber irgendwie reagiere ich bei ihr total irrational.

„Ben meinte, dass ich heute hier schlafen kann und mein Gepäck wurde in dieses Zimmer gebracht. Also gehe ich davon aus, dass das für diese Nacht eher mein Schlafquartier ist." Erwidert sie schon etwas ruhiger, aber die Verärgerung steht ihr ins Gesicht geschrieben und sie versucht nicht unbedingt sie zu verstecken.

Irgendwie sieht sie dabei sogar echt süß aus. Die langen Haare leuchten durch das spärliche Licht in einem Pfirsichton und umrahmen das zarte Gesicht. Die Augen funkeln wie zwei kleine, blaue Sterne.

Verwirrt schiebe ich den Gedanken beiseite und schüttle über mich selbst den Kopf.

„Das werden wir ja noch sehen!" zische ich verärgert. Und wende mich ab, um den Raum wieder zu verlassen.

Diese Furie treibt mich noch in den Wahnsinn!

Mit großen Schritten laufe ich die Treppe nach unten und sprinte schon fast hinaus in den Garten, um Ben gehörig die Meinung zu sagen, als diese Clara an zielsicher und nur mit Shorts und einem Tanktop bekleidet an mir vorbei stürmt.

„Dieser Spanner hat sich zu mir ins Bett gelegt!" verdreht sie die Tatsachen und sieht dabei immer wieder giftig zwischen Ben und mir hin und her. „Ach du spinnst doch..." ich schüttle ungläubig den Kopf. „DU liegst in dem Bett, dass sonst immer für mich reserviert ist. Woher hätte ich denn wissen sollen, dass Ben die erlaubt hat dort zu übernachten?" schnaube ich verächtlich und sehe dann flehend zu Ben. „Du wirst ihr den Quatsch hoffentlich nicht abkaufen!?"

„Jetzt beruhigt ihr euch mal bitte! BEIDE!!!" sagt dieser dann bestimmend und schüttelt dann belustig den Kopf. „Wie Feuer und Wasser... unglaublich! Ihr seid doch nicht mehr im Kindergarten. Was sollen das denn? Corey, es tut mir leid, aber ich habe Clara das Zimmer angeboten, weil sie eine so schreckliche Anreise hatte und dachte nicht, dass du heute hierbleiben willst, da ja Jen auch da ist. Ich bin einfach davon ausgegangen, dass du wieder bei ihr landen wirst." Versucht er die Lage zu entspannen und zwinkert mir wissend zu.

Ergeben schaue ich auf meine Schuhe und hebe nur kurz wegwerfend die Hand.

„Na dann du Womanizer... du musst dir wohl ein anderes Bett suchen!" sagt Clara und wirft mir einen provokanten Blick zu, dreht sich um und lässt mich schon wieder einfach stehen.

„Ahrg!!!" presse ich hervor und reibe mir das Gesicht.  Das darf doch nicht wahr sein.

Runde eins geht an sie, aber den Kampf hat sie damit noch nicht gewonnen...



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