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Das leise Schnarchen dicht an meinem Ohr lässt mich aufwachen und ich merke, dass ich komplett nassgeschwitzt bin. Zum einen, weil mich Corey fast unter sich begräbt und den Arm fest um mich geschlungen hat und zum anderen, weil ich wieder einmal davon geträumt habe, wie viele Arme mich versuchen in ein dunkles Loch zu ziehen.

Der Abend ist jetzt schon ein paar Monate her, aber ich kann es einfach nicht abstellen. Fast jede Nacht werde ich von Alpträumen heimgesucht. Mittlerweile zeichnen sich schon dunkle Ringe unter meinen Augen ab und ich habe ganz schön an Gewicht verloren, weil mir auch mein Appetit verloren gegangen ist.

Dass inzwischen auch immer mehr Fotos von Corey und mir in den Medien kursieren und seine Fans nicht immer unbedingt die nettesten Sachen über mich sagen macht die Situation für mich nicht einfacher.

Er versucht zwar wirklich alles Menschenmögliche, um mich davor zu beschützen, aber natürlich ist es nicht immer machbar. Und wir wollen uns ja auch nicht immer nur in den Zimmern der Hotels verstecken in denen wir absteigen.

Langsam schiebe ich seinen Arm von meiner Hüfte und schäle mich aus der Bettdecke, um mich für eine weitere Laufrunde fertig zu machen. Das ist eines der Dinge, die ich mir angewöhnt habe, um abzuschalten. Jedes Mal, wenn ich wieder keinen Schlaf finde gehe ich joggen. Meist ist es in den frühen Morgenstunden, wenn noch alles ruhig in den Straßen ist und die Stadt noch schläft. Nur so kann ich mir sicher sein, dass ich nicht erkannt werde oder die Presse schon vor den Hotels steht.

Ich biege gerade in eine kleine Seitengasse ein, als ich merke, dass irgendetwas nicht stimmt. Meine Brust wird eng und ich habe das Gefühl keine Luft mehr zu bekommen. Mein Herz rast und ein feiner Schweißfilm bildet sich auf meiner Haut. Mir ist sofort klar, dass es eine Panikattacke ist! Das passiert nicht zum ersten Mal seit besagtem Abend, aber seither war ich nie allein und es war immer nur unmittelbar vor dem Konzert, wenn wir schon in den Hallen oder Stadien waren.

Zitternd stütze ich meine Hände auf den Knien ab, lehne mich mit dem Rücken an einen Baum und versuche die Atemübungen zu machen, die mir ein Arzt gezeigt hat, doch dieses Mal ist es anders. Ich bin alleine! Sonst ist Corey oder jemand von der Crew dabei gewesen und die wussten genau, wie sie mich beruhigen konnten.

Mit geschlossenen Augen lasse ich mich am Fuß des Baumes nieder und suche nach meinem Handy, um ihn anzurufen. Bis mir einfällt, dass ich es im Hotel auf der Kommode liegen lassen habe. Unruhig schaue ich mich um und mir laufen Stille Tränen über die Wangen.

Es ist einfach schrecklich, was dieser eine Abend angerichtet hat.

Ich versuche meine Konzentration auf das Zwitschern der Vögel und das Rauschen des Windes zu lenken und lege den Kopf in den Nacken. Atme fokussiert ein und aus und zähle innerlich bis hundert.

Erschrocken öffne ich die Augen, als ich eine warme Hand auf meiner Schulter spüre und erst jetzt nehme ich die zarte Stimme einer jungen Frau wahr, die neben mir in die Hocke gegangen ist. „Geht es dir gut?" fragt sie vorsichtig und ich schüttle langsam den Kopf. „Ich habe eine Panikattacke..." erkläre ich ihr und sie nickt wissend, lässt sich neben mir nieder und greift nach meiner Hand. „Ich kenne das. Mir geht es auch ab und zu so... Zusammen schaffen wir das! Ich bin Kyra." erstaunt schaue ich die Frau zu meiner Linken an und lächle freundlich.

Wir sitzen eine Weile da und sie unterstützt mich wirklich so toll, dass das erdrückende Gefühl allmählich nachlässt und ich wieder richtig atmen kann. Ich glaube ich habe noch nie so viel Dankbarkeit einer fremden Person gegenüber empfunden wie Kyra, weil sie nicht einfach weiter gegangen ist und für mich da war.

„Hast du zufällig ein Handy dabei?" frage ich nach einiger Zeit und sie holt ohne mit der Wimper zu zucken ihr Smartphone aus der Tasche, reicht es mir und entsperrt es.

SheWo Geschichten leben. Entdecke jetzt