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Clara



Drei Wochen später.

Das Flugzeug ist soeben mit fast zwei Stunden Verspätung auf dem Flughafen LAX in Los Angeles gelandet und wir haben bereits die Parkposition eingenommen, als ich den Flugmodus meines Handys ausschalte. Ein paar entgangene Anrufe und Nachrichten von meiner Familie und meiner besten Freundin, die wissen möchten, ob ich gut gelandet bin und zwei Anrufe von Ben. Ich sollte längst bei ihm sein, aber nachdem ich mit der Gepäckaufgabe der doch ziemlich großen Fotografien so meine Probleme hatte und dann auch noch mein Flug von Stuttgart nach London verspätet ging, hat sich das Alles ziemlich verzögert. Langsam löst sich das Chaos, das bei jedem Flug nach der Landung entsteht, weil alle Reisenden am liebsten gleichzeitig aus dem Flugzeug steigen wollen. Also schnappe ich mir meinen Handgepäckkoffer aus dem Fach über unseren Köpfen und reihe mich ein, um endlich in das Flughafengebäude zu gelangen. Dort muss ich erst mal bei der Einwanderungsbehörde in einer langen Schlange stehen. Ich nutze die Zeit, um Ben anzurufen. Der geht aber auch beim dritten Versuch nicht ran.

Nach einer halben Ewigkeit stehe ich endlich vor dem Mann, der prüfen soll, ob ich überhaupt in die USA einreisen darf. Der lächelt mich freundlich an und nach ein paar Fragen, die ich beantworten muss, werden mir noch Fingerabdrücke genommen und ein Foto geschossen. Na toll... und das nach einem so langen Tag. Ich bin sichtlich genervt, als ich endlich am Gepäckband ankomme und schlage mich innerlich, dass ich zugestimmt habe die Lieferung der Bilder selbst zu machen.

Nach einiger Zeit ist dann auch endlich das Paket zu sehen, auf das ich hier gewartet habe. War das schon die ganze Zeit so groß und unhandlich? Ich versuche es auf den Gepäckwagen zu wuchten, bin aber einfach zu klein und zu schwach. Wie habe ich das denn in Stuttgart geschafft?

„Darf ich?" neben mir steht ein Mann mittleren Alters, der mir sofort seine Hilfe anbietet und dazu gleich noch seinen Begleiter auffordert. Die Beiden packen das mit Leichtigkeit und ehe ich mich versehe stehe ich mit samt meinem Gepäck in der heißen Luft von Kalifornien.

Eigentlich hätte mich ein Fahrer abholen sollen, aber weder drinnen noch hier draußen stand jemand, der dieses klischeehafte Schild mit meinem Namen in die Höhe reckt, also muss ich mir jetzt wohl ein Taxi rufen.

Während ich mit dem Fahrer versuche mein Gepäck schon fast Tetris-like im Wagen zu verstauen spüre ich, dass es in meiner Hosentasche vibriert. Als ich jedoch endlich die Hände frei habe ist es schon zu spät und Ben hat aufgelegt. Ich lasse mich auf die Rückbank des Taxis plumpsen und tippe auf Rückruf. Nach dem 10. Klingeln hat er noch immer nicht abgenommen, also lege ich wieder auf und nenne dem Fahrer die Adresse, die Ben mir gegeben hat, falls das Gepäck unterwegs irgendwo verloren gehen würde.

Nach einer halben Ewigkeit und ziemlich viel Stau sind wir schon wieder auf dem Weg raus aus LA und fahren eine schöne Küstenstraße entlang. Die Sonne geht gerade unter und ich bin komplett hin und weg von diesem wunderschönen Bild, das sich mir bietet. Mit geöffnetem Fenster und der Kamera in der Hand versuche ich die Farben einzufangen, die sich dort am Horizont zu einem wunderschönen Bild verbinden.

Irgendwann biegen wir in eine Zufahrt und ein Tor versperrt die Zufahrt. Ich hatte schon von Gated Communities gehört, aber noch nie eine gesehen. Der Fahrer steigt aus und spricht ein paar Worte mit dem Mann, den in einem kleinen Häuschen sitzt. Ich sehe, wie er ein kurzes Telefonat führt und kurze Zeit später öffnet sich das Tor für uns.

Das Taxi hält etwas später auf der Einfahrt zu einem riesigen Anwesen. Der Hof ist voller Palmen und auch sonst sind hier viele Pflanzen, die die Eingangstür einrahmen. Hier stehen ganz schön viele Autos herum und ich frage mich unwillkürlich wie reich dieser Ben sein muss, um sich das alles leisten zu können. Hätte ich womöglich viel mehr verlangen können?

Lange kann ich jedoch nicht darüber nachdenken, da sich die Tür öffnet und Ben in Begleitung eines Mannes auf mich zukommt. „Oh Hallo Clara. Ich hatte viel früher mit dir gerechnet und dich mehrfach versucht zu erreichen." Schnell schildere ich ihm meine Odyssee des vergangenen Tags und schnaube zum Schluss genervt, was ihn zum Lachen bringt. „Okay, dann komm mal rein. Gerade sind zwar ein paar Freunden da und wir feiern eine Party, aber du darfst dich gern anschließen, wenn du Lust hast. Hast du denn deine Kamera dabei? Ich könnte ein paar Fotos vom Anwesen gebrauchen und solange die Bilder nachher nicht in die falschen Hände kommen haben meine Gäste sicher nichts dagegen. Kurt soll dein Gepäck einfach solange in eins der Gästezimmer bringen und die Fotografien können wir drinnen direkt auspacken."

Eigentlich bin ich ziemlich geschafft von der langen Anreise, aber irgendwas sagt mir, dass ich diese Chance nicht ablehnen sollte. Vor Allem, nach all dem, was Ben mir ermöglicht hat. Meine letzte Reise in die Staaten war schon vor ein paar Jahren und dass ich hier sein kann und das sogar komplett umsonst ist einfach unglaublich und ich bin ihm unfassbar dankbar. Also stimme ich zu.

Im Haus, oder soll ich besser Villa sagen, legt mir Ben plötzlich ein paar Seiten Papier hin und klärt mich darüber auf, dass ich zu Verschwiegenheit verpflichtet bin, da ein paar Promis unter den Gästen seien. Die zweite Hälfte ist eine Quittung, dass ich Alles sicher bei ihm abgeliefert habe.

Nachdem meine Unterschrift unter die Seiten gesetzt habe führt er mich hinaus in den Garten und was mich dort erwartet übertrifft einfach all meine Erwartungen. Ein langgezogener Pool, der freie Blick auf den Ozean, der Garten mit wunderschönen Pflanzen und einem angrenzenden Strand, eine riesige, überdachte Terrasse. Im hinteren Teil des Gartens war sogar noch eine Feuerstelle, um die einige Personen saßen.

Man konnte erahnen, dass es recht noch weiter ging, aber da die Sonne mittlerweile im Meer versunken war, konnte man das in der Dunkelheit nicht mehr erkennen.

Ben stellt mir immer wieder ein paar Personen vor, und schwärmt in den höchsten Tönen von der tollen 'Künstlerin', die er in Deutschland entdeckt hat. Das alles fühlt sich so surreal an. Und ich werde regelmäßig rot, weil ich so viel Aufmerksamkeit nicht gewöhnt bin.

Irgendwann bin ich dann alleine auf dem Grundstück unterwegs und habe inzwischen auch ständig meine Kamera vor der Nase. So viel Eindrücke und durch die stimmungsvolle, indirekte Beleuchtung kann ich einige wirklich gute Schnappschüsse machen.

Die Menschen lachen ausgelassen, trinken, feiern und tanzen. Ich war bisher noch nie auf einer solchen Party, die denen aus den Filmen, die ich immer mit meiner besten Freundin anschaue.

Ich halte gerade meine Linse in eine Gruppe junger Männer, als einer direkt zu mir herschaut und selbst in der Dunkelheit kann ich das außergewöhnliche Grün seiner Augen erkennen. Sie ziehen mich sofort in ihren Bann! Langsam lasse ich die Kamera sinken und versuche wieder zurück in die Realität zu kommen.

Das gelingt mit jedoch erst, als Ben neben mich tritt und etwas sagt. „Was hast du gesagt?" hake ich noch einmal nach, weil ich es beim besten Willen nicht gehört habe.

„Er ist schon eine Erscheinung, stimmts?" Ich komme noch immer nicht ganz mit und sehe fragend zu ihm auf. „Wen meinst du?" stelle ich mich dumm. „Corey Miles!" kommt es so von ihm, als gäbe es darauf keine andere Antwort. Natürlich wusste ich sofort, wen er meint, wollte mir das aber keinesfalls anmerken lassen.

Keine Minute später steht besagter Mega-Star vor mir und streckt mir seine Hand entgegen.

„Du musst das german Wunderkind sein, von dem Ben mir erzählt hat." War da eine Spur von Arroganz in seiner Aussage? Ich zog die Nase kraus und schaute ihn herausfordernd an. „Ja, und wer bist du nochmal?"

Amüsiert lächelt er mich an und reckt genauso angriffslustig das Kinn wie ich eben noch.

Das kann ja heiter werden... Lege ich mich hier gerade mit Everybodys Darling an?

„Corey Miles. Freut mich dich kennenzulernen." Sagt er süffisant mit einem leichten britischen Akzent.

„Ihr scheint ja auch gut ohne mich auszukommen." Höre ich Ben neben mir sagen und ich will gerade Intervenieren, da ist er auch schon auf dem Weg zu einer Gruppe Leuten, die etwas entfernt am Feuer sitzen und lässt mich mit diesem Typen allein.

Schöne Augen hin oder her... Ich kann ihn jetzt schon nicht leiden.

SheWo Geschichten leben. Entdecke jetzt