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Ich komme gerade vom Strand zurück, als ich sehe, dass ein großer Koffer im lichtdurchfluteten Wohnzimmer steht. Irritiert gehe ich durch den Flur in Richtung der Schlafzimmer, weil ich weder in der Küche noch im Eingangsbereich jemanden antreffe. Doch dann erregt das Plätschern von Wasser aus dem Badezimmer meine Aufmerksamkeit.

Zögerlich gehe ich in das große Schlafzimmer, um den Geräuschen zu folgen. Corey sollte eigentlich erst in zwei Tagen ankommen und Theresa ist gestern am Vormittag schon wieder abgereist. Ein wenig verängstigt greife ich nach der Vase, die auf der weißen Kommodeneben der Tür steht. Sicher ist sicher! Auch wenn mir klar ist, dass ein Einbrecher vermutlich keinen Koffer mitbringen und erst recht nicht unter der Dusche stehen würde.

Mit dem Rücken zur Wand schiebe ich mich dem Durchgang zum Badezimmer Schritt für Schritt näher und will gerade um die Ecke spähen, als das Wasser abgestellt wird und ich nasse Füße auf dem beigen Fliesenboden hören kann. Also harre ich für einen Moment aus und hebe den rechten Arm, in dem ich meine potentielle Waffe halte, nach oben, um sofort zuschlagen zu können, wenn es notwendig wäre.

Langsam recke ich den Kopf in Richtung Tür, um einen Blick auf den Eindringling zu werfen. Doch als ich mich gerade weit genug nach vorne gebeugt habe tritt derjenige aus dem Raum und schreit erschrocken auf, als er mich sieht. Vor Schreck lasse ich den porzellanenen Gegenstand zu Boden fallen, wo er in tausend Scherben zerspringt.

Meine Hände greifen unwillkürlich nach Corey, der vollkommen verdattert vor mir steht. Mit weit aufgerissenen Augen starrt er mich an und als er erkennt, dass ich es bin und wie sehr ich mich erschrocken habe fängt er an zu lachen. „Wolltest du mich gerade ernsthaft mit einer Vase erschlagen?" kommt es jauchzend von ihm und meine Wangen färben sich in einem zarten Rot bevor ich mit einstimme und wir uns fast auf dem Boden kugeln.

„Es tut mir leid, aber ich hatte noch nicht mit dir gerechnet und dieses Haus ist so weit abseits, dass ich Angst hatte, dass sich hier jemand einnisten wollte. Und bevor ich unbewaffnet auf einen Angreifer treffe..." Sowie die Worte meinen Mund verlassen merke ich, wie dumm sie sich anhören.

Ein paar Tage später sitzen wir gerade beim Abendessen, als ich bemerke, dass er immer wieder auf sein Handy schaut und sich ein verärgerter Ausdruck auf seinem Gesicht breit macht. Ich weiß was das zu bedeuten hat. Es ist in den letzten vier Wochen schon zu oft vorgekommen.

Ben scheint es sich zur Aufgabe gemacht zu haben Corey so oft wie möglich in seiner Pause zurückzubeordern, um irgendwelche Termine wahrzunehmen, die man mit Sicherheit nicht unbedingt gebraucht hätte. Drei Mal kam es schon vor, dass er auf meinem Handy angerufen hat, wenn Corey seines auf Stumm geschalten hat, damit wir nicht gestört werden. Und jedes Mal hatte er schon einen Flug angesetzt und ihm erklärt, dass der Termin nicht ohne ihn stattfinden kann.

Und so sehr ich auch interveniert habe... Corey ist jedes einzelne Mal ohne auch nur den Ansatz einer Diskussion auf direktem Weg zum Flughafen und zu den Terminen geflogen.

Ich kann schon gar nicht mehr zählen, wie oft ich ihn darum gebeten habe nicht schon wieder zu verschwinden. Und wie oft er mich vertröstet hat, dass er ja schnell wieder da sein würde. Die letzten beiden Male hat er mir sogar versprochen, dass er nicht fliegen wird, aber trotzdem stand er zwei Stunden später mit seinem Koffer an der Tür und ich habe mich von ihm verabschiedet.

Jetzt sitze ich schon wieder mit ihm am Tisch und weiß, dass er sich heute noch in ein Flugzeug setzen wird, wenn ich ihm nicht endlich ganz deutlich sage, was auf dem Spiel steht.

Mir ist klar, dass er nur den Anweisungen seines Managers folgt, aber es ist auch kein kleiner Junge mehr, der allem und jedem blind folge leistet. Deshalb ärgert es mich auch so sehr, dass er mich und meine Gefühle hintenanstellt, obwohl er es war, der mir diese Auszeit versprochen hat und mich angebettelt hat bei ihm zu bleiben. Im Grunde fühlt es sich an, als wären das nur leere Versprechungen gewesen, um sein Gewissen zu beruhigen und zu bekommen was er will.

SheWo Geschichten leben. Entdecke jetzt