Elli und ich durchschritten die Tür, welche sich hinter einer riesigen Glasfront verbarg, und schlüpften mit einigen geschäftlich gekleideten Menschen in das Terminal 1. Der Flughafen Berlin Brandenburg war um diese Uhrzeit nicht zu arg besucht, wodurch er um einiges größer wirkte, als man es von außen hin annahm. Rolltreppen führten zu unterschiedlichen Ebenen und der rote fliegender Teppich des Künstlers Pae White ragte imponierend von der hohen Decke. Rollkoffer jeglicher Art quietschten über den weißen Boden und meine beste Freundin griff aufgeregt nach meiner Hand, wobei sie mit der anderen wild gestikulierte. Aber selbst ohne ihre Verwandlung in eine Vampirin wäre sie heute um diese Uhrzeit wohl genauso aufgekratzt. Das lag nicht daran, dass sie wieder zu Drogen griff, nein. Wir holten Bruce ab, was bei ihr einen ähnlichen Zustand hervorrief. Sein Flieger würde in einer halben Stunde landen und Elli wollte nicht alleine hier aufkreuzen. Es war schon abends und unser gemeinsames Vertrauen in andere war milde ausgedrückt, subtil. Das wäre in der Regel kein Problem, da sie Kräfte besaß, die ihr niemand zutraute, doch dann würde die Welt von Vampiren erfahren, was nicht so cool wäre. Strenggenommen war ich dabei, damit sie nichts anstellte, was die freundschaftliche Beziehung der beiden zerstörte. Warum zur Hölle hatten sie sich nur getrennt, wenn sie jedes Mal beim Anblick des jeweils anderen zerflossen? Hin und wieder verstand ich die masochistische Ader meiner Freundin nicht. Trotzdem hörte ich ihr aufgeregtes Geplapper zu und nahm einen großen Schluck aus meinem Kaffeebecher, ein Fehler, den ich jedes Mal auf Neue beging. Ich sollte abends keinen Kaffee trinken.
Während Elli und ich umherliefen, mussten wir für Ausstehende wie zwei gelangweilte Frauen Anfang zwanzig wirken, die gerne nachts Flughäfen besuchten, denn indessen alle so wirkten, als hätten sie einen Plan, liefen wir bloß ziellos umher. Ein paar Menschen, unterschiedlicher Herkunft standen vor der riesigen blauen Anzeigetafel und warteten. Einige geduldig, andere ungeduldig, mit verschränkten Arme und genervten Blicken. Als Bruce Flieger aufgerufen wurde, hüpfte Elli neben mir begeistert auf und ab und steckte mich um ein Haar mit ihrer guten Laune an. Nur wenige Minuten trennten die beiden von einem Wiedersehen. Als die ersten Menschen das Gate verließen, und sich in den großen Komplex einfanden, schien Elli sich jedoch zu fangen. Ein Blick zu ihr und ich erkannte die Blässe, die ihre Nasenspitze umspielte.
»Ist alles okay?«, flüsterte ich leise und sah sie besorgt an. Von jetzt auf gleich schwand ihre Euphorie und Elli schluckte hart. Dann folgte ich ihrem Blick zu dem jungen Mann in einer schwarzen Lederjacke und den an der Seite und Nacken kurzrasierten braunen Haaren. French Crop nannte man die Frisur, die seit dieses Jahr die Welt eroberte. Bruce Lächeln breitete sich auf seinen Lippen aus und für einen Moment blieb er mitten am Fleck stehen und rührte sich nicht.
Erst ein: »Jetzt lauf endlich weiter!«, unterband den Blickkontakt, der zwischen ihm und meiner besten Freundin wie ein stilles Versprechen umher huschte und er setzte sich wieder in Bewegung. Alles, was er bei sich trug, war eine schwarze Reisetasche und ein Buch, welches er umständlich unter dem Arm klemmte, als wollte er es verstecken. Doch ich erkannte den Titel Verstand und Gefühl. Ich hätte vor Jahren nie zu denken gewagt, dass sich hinter Apollon ein kleiner Romantiker verbarg und das dieser ein Roman von Jane Austen im Flieger las. Elli schien der Titel des Buches nicht aufgefallen zu sein, denn sie konnte ihren Blick nicht von seinen Augen lösen.
»Soll ich euch kurz alleine lassen?«, erkundigte ich mich, weil ich mir völlig fehl am Platz vorkam. Ich hatte das Gefühl einen Moment zu zerstören, der nur Elli und Bruce gehörte.
»Bitte bleib.« Meine beste Freundin erwachte, aus der Starre und ein Ruck ging durch ihren Körper. Dann endlich lief sie auf ihren Ex Freund, der ihre große Liebe war zu und schloss ihn in eine Umarmung, die zärtlicher war als jeder Kuss dieser Welt.
DU LIEST GERADE
Hateful and Loveable Creatures 2- Die Zeitstadt (girlxgirl)
ParanormalIn was zum Henker war ich da nur hineingestolpert? Da traf man auf einen Seelendieb, der einem zum Abendessen vernaschen wollte und halt Stopp, die Geschichte kennt ihr ja bereits. Diese hier ist eine andere. Seit dem großen Kampf sind nun bereits e...