Kapitel 24 Fuck

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Momente nach dem sich unsere Lippen trennten, saß Kyrin mit geschlossenen Augen da und ließ den Kuss nachwirken.

»Tut mir leid, ich hätte das nicht tun sollen«, stieß ich benommen hervor, als ich wieder zu mir kam und Kyrin öffnete betrübt die Augen.

»Weil du nicht über Shay hinweg bist«, mutmaßte sie und ich nickte bedacht.

Eine aufkommende Träne rann über Kyrins Wange und unter meinen Fingern brannte es, sie bei Seite zu wischen. Ich fühlte mich miserabel, doch schuldig war ich allein.

»Wir sollten schlafen«, meinte Kyrin mit belegter Stimme und rollte sich zur Seite. Meine Hand wanderte zu ihrer Schulter und blieb wenige Millimeter zuvor in der Luft schweben. Ich war so eine Idiotin. Der Moment hatte sich für mich gut angefühlt, warum zerstörte ich ihn dann?

»Kyrin?«, flüsterte ich, doch sie antwortete nicht. Nur das Zucken ihrer Schultern und die unterdrückten Schluchzer zeigten mir auf, wie sehr ich sie verletzte. Es zerriss mir das Herz sie weinen zu hören, darum legte ich meine Hand auf ihren Rücken und strich sanft auf und ab.

»Auch wenn du das jetzt nicht hören magst, aber es war seit langem der erste Kuss, der sich für mich richtig anfühlte.« Mit diesen Worten ließ ich von ihr ab und rollte mich zur anderen Seite des Bettes, um in einen ruhelosen Schlaf zu fallen.

Am nächsten Morgen weckte mich ein lautes Klopfen an der Tür.

»Ihr Schlafmützen, wacht auf!«, donnerte Susanoo und ich zog die Decke über mein Gesicht. Wie schaffte er es, am Tag zuvor so viel zu trinken und inzwischen wieder munter zu sein? Kyrin grummelte neben mir verschlafen und schlug ihre Seite der Decke zurück, um die Tür zu öffnen. Susanoo und Robin traten ein und umringten das Bett.

»Wir frühstücken in der Bar unten und ziehen dann weiter«, kündigte Robin an und spannte sich seinen Bogen, wie Gepäck auf den Rücken. Ich hievte mich, wie ein nasser Sack aus dem Bett und brummte ein zerstreutes »Guten Morgen«.

Der Frühstückstisch war reichlich gedeckt und ich nahm mir ein paar Scheiben Brot mit einem Aufschnitt aus roten Beeren, die nach den ersten Bissen sauer schmeckten, dann aber einen süßlichen Geschmack entfalteten. Susanoo dankte der Barfrau, welche sich zu uns an den Tisch setzte.

»Ich hoffe, ihr hattet eine angenehme Nacht und das Triton sich mittlerweile wieder beruhigt hat. Er ist gestern zu weit gegangen, aber er ist mein bester Kunde, wenn ihr versteht.« Ihr Blick ruhte auf mir, bevor sie seufzte.

»Tut mir leid Kleine, dass dein erstes Treffen mit deinem Vater so ausgefallen ist. Triton war schon immer unverantwortlich, was seine Kinder angeht.« Ich ließ mir die Worte durch den Kopf gehen und sah von meinem Teller auf.

»Ich habe weitere Geschwister, richtig?« Die Barfrau richtete ihr graues Kopftuch und wägte ab, wie viel sie mir zu sagen bereit war.

»Er hat sich lange Zeit rumgetrieben, bevor er zu uns in die Zeitstadt kam. Wenn man bedenkt, wie alt er ist, ist es nicht auszuschließen, dass du um die hunderte von Halbgeschwistern hast«, gab sie zu und ich schob meinen Teller ein Stück weit zur Seite um mich über den Tisch zu beugen.

»Ich wurde in diesem Leben von einer bezaubernden Familie aufgezogen. Zwar sind sie Menschen und können mit all dem hier nichts anfangen, aber sie haben mich immer unterstützt. Dann ist mein leiblicher Vater eben ein Arschloch, na und? Ich habe andere Sorgen, wie beispielsweise in meine Welt zurückzukehren«, gab ich trotzig von mir, obwohl mich das Aufeinandertreffen mit Triton wurmte.

Störrisch biss ich ins Brot und mein Blick kreuzte Kyrins, die mich wissend ansah. Wir hatten nach dem Aufstehen keine Zeit gefunden, über den Kuss von letzter Nacht zu sprechen, doch etwas in mir sagte, dass wir das klären sollten.

»Ich hoffe Triton verreckt im Schlaf«, knurrte Susanoo und griff zu dem Krug vor ihm. In diesem befand sich eine braune Flüssigkeit, welche wie Kaffee aussah, aber anders schmeckte. Ich hatte einen Schluck probiert, doch meins war es nicht.

Robin war im hohen Maße schweigsam heute und grübelte angestrengt vor sich hin, indem er nachdenklich ins Nichts starrte. Nur seine Denkfalten an der Stirn verrieten ihn.

Da Susanoo sich zu der Barfrau wendete, nutzte ich meine Chance und rutschte zu Kyrin.

»Können wir kurz reden?« Ich wollte auf keinen Fall, das die Sache von gestern zwischen uns stand.

»Ich denke, es ist alles gesagt«, flüsterte sie mir entgegen und versuchte, überall hinzusehen, außer in meine Richtung.

»Kyrin.« Ich legte die Hand auf ihren Arm und sie drehte sich ruckartig zu mir. Groll lag in ihren Augen, als Zeugnis ihrer Verletztheit.

»Es tut mir leid. Ich weiß ich kann das von gestern nicht ungeschehen machen und das, was mich selbst überrascht ist, ich möchte es auch gar nicht. Egal was das war in diesem Moment, es war echt, okay? Ich bin nur verwirrt, weil ich nicht damit gerechnet habe, dass...« Ich suchte nach den passenden Worten.

»Das ich mich erneut so wohl bei jemanden fühlen kann«, schob ich nach einem kurzen Zögern hinterher und Kyrins Mundwinkel hoben sich an.

»Ich weiß nur nicht, ob das jetzt der richtige Zeitpunkt ist, um herauszufinden, was das zwischen uns ist. Wenn ich wieder in meiner Welt bin, wirst du hierbleiben, verstehst du? Es war ja nur ein Kuss.«

»Richtig, es war nur ein Kuss, der erste den ich bekam, seit meine Erinnerungen wieder einsetzten«, zischte Kyrin leise und schob meine Hand zur Seite. Fassungslos sah ich sie an und schlug danach beschämt die Augen nieder.

»Fuck.«

Hateful and Loveable Creatures 2- Die Zeitstadt (girlxgirl) Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt