Kapitel 12 - Zerstreuung
Zer·streu·ungSubstantiv, feminin [die]
(Zeitvertreib), einen ablenkenden, entlastenden ZeitvertreibHandlung, sich seelisch abzulenken / zu entlasten
Hermine hatte es zwei weitere Tage geschafft, nicht auf Malfoys Brief zu reagieren. Weder hatte sie dem Drang nachgegeben, ihm ihrerseits zu schreiben und ihn zu fragen, ob er noch ganz klar im Kopf war, oder war zum Manor appariert, um vor seiner Tür auf ihn zu warten und ihm, sobald er auftauchte, ins Gesicht zu schlagen, noch hatte sie sich mit den seltsamen Gedanken auseinandergesetzt, die sie seit neustem in Harrys Nähe hatte. Sie könnte den Malfoyspross dafür lünchen, dass er mit diesem Mist angefangen hatte.
Nun, da endlich alles wieder einigermaßen normal zwischen ihr und Harry lief, hätte doch alles so gut sein können, wäre da nicht dieses Gefühl in ihrem Inneren, sobald sie sich in Harrys Gegenwart aufhielt. Diese stete Unruhe, die sie ganz rastlos werden ließ, wenn er auch nur den Raum betrat. Hermine konnte sich keinen wirklichen Reim darauf machen. Sie konnte unmöglich diese Art Interesse an Harry entwickelt haben, nur weil ein dahergelaufener, dummer, arroganter Slytherin meinte, ihr diesen Floh ins Ohr setzen zu müssen. Sie hatte sich sogar schon überlegt, ob Malfoy sie eventuell mit einem schwarzmagischen Fluch belegt haben könnte. Ganz abwegig war dieser Gedanke nicht, aber so so recht überzeugend war diese Idee natürlich auch nicht. Sie verfluchte die Tatsache, dass der Idiot ganz eindeutig etwas in ihr zum Leben erweckt hatte, was sie bisher selbst nicht von sich kannte. War es Verlangen, oder Begierde? Neugierde? Frustration? Irgendwas dazwischen vermutlich.Sie saß gerade im Wohnzimmer und versuchte sich abermals verzweifelt auf den Wälzer in ihrem Schoss zu konzentrieren, als plötzlich Harry zur Türe rein kam und sie aus ihren rotierenden Gedanken riss. Sie sah auf und runzelte die Stirn, als er sich ihr gegenüber in den freien Sessel setzte.
„Hey", sagte sie und legte ihr Buch zur Seite.
„Ich habe mich gefragt", fing Harry ohne umschweife an und Hermine war gespannt, was er wohl wollte. Sie waren die letzten Tage wirklich außerordentlich gut miteinander ausgekommen. Es war beinahe schon nicht mehr komisch, wenn sie gemeinsam im selben Raum waren. Zwar hatte Hermine davon abgesehen, sich wie früher zu ihm zu legen, wenn er mal wieder einen Alptraum hatte, doch tatsächlich schienen auch die Nächte von Harry besser zu werden. Sie hörte ihn nur noch ganz selten. „...ob wir nicht irgendwas unternehmen wollen, heute Abend."
Dieser Vorschlag von Harry überraschte sie außerordentlich, denn es grenzte schon beinahe an ein Wunder, dass er den Grimmauldplatz verlassen wollte. Das war bisher so gut wie nie vorgekommen in den letzten Monaten und sie konnte es wohl an einer Hand abzählen, als sie ihn mal aus dem Haus bekommen hatte. Vermutlich waren selbst fünf Finger noch zu viel dafür.
„An was hattest du gedacht?", wollte sie wissen und zog ihre Beine in den Schneidersitz unter sich.
Harry räusperte sich. „Weiß nicht genau. Wir könnten ins Kino oder einfach nur etwas essen gehen. Oder spazieren. Oder wir betrinken uns sinnlos in der nächstbesten Bar und tun so, als interessieren wir uns für Muggelsport. Eigentlich egal, ich wollte einfach nur ein wenig raus, denke ich." Er klang niedergeschlagen, wie so oft. Hermine konnte es ihm nicht verdenken. Er saß eindeutig mehr in diesen erdrückenden Wänden des Grimmauldplatzes herum als sie, da würde jeder über kurz oder lang durchdrehen. Immerhin war sie selbst kurz davor gewesen, ehe sie beschlossen hatte, dass es so nicht mehr weitergehen konnte.
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Seelenheil
AléatoireDer Krieg ist vorbei, Voldemort besiegt und Harry gefangen in seiner Trauer und den Depressionen, die ihn seit all dem heimsuchen. Hermine sucht Hilfe bei einem ganz bestimmten Slytherin, um Harry wieder vom Leben zu überzeugen, doch was sie stattde...