Überraschung - es geht heut schon weiter :) Und ganze zwanzig Kapitel mussten wir abwarten, bis wir auch endlich in Harrys Kopf schauen dürfen. Ich freue mich, dass wir ab sofort noch einen weiteren POV dazu bekommen. Wie findet ihr das so? Lasst doch gern eure Meinung nach dem Lesen da. Wünsche allen einen guten Start in die Woche :)
Kapitel 21 - Vereinigung
Ver·ei·ni·gung
Substantiv, feminin [die]
Zusammenschluss, auch lockere Verbindung von [gleich gesinnten] Personen zur Verfolgung eines gemeinsamen Zwecks
Harry hatte keine Superlative mehr dafür, wie unglaublich er es fand, dass er ausgerechnet, AUSGERECHNET einen Brief von Malfoy in seinen Händen hielt und er war wirklich geneigt, das Stück Pergament einfach in Flammen aufgehen zu lassen. Oder rüber zu Hermine zu gehen und ihr ins Gesicht zu schreien, wie unfassbar beschissen er immer noch alles fand. Er hatte, seit er von dieser Sache erfahren hatte, eine unstillbare Wut im Bauch die er weder Bündeln konnte, noch wollte sie sich kanalisieren lassen, was dazu führte, dass er ständig das Gefühl hatte, einfach jeden Moment zu explodieren.
Er fühlte sich verraten und hintergangen. Es schmerzte, dass seine einzige Freundin, auf die er noch hatte zählen können, ihm so in den Rücken gefallen war. Die Unfassbarkeit, dass ausgerechnet Hermine etwas mit Draco Malfoy am Laufen hatte, war da beinahe noch schlimmer, als die Tatsache, dass dieser Wichser wohl mit ‚Schuld' daran war, dass Hermine mit ihm geschlafen hatte. Wobei, wenn er genauer darüber nachdachte, (was er eigentlich unter allen Umständen vermeiden wollte), dann wusste er nicht genau, was schlimmer war. Er hatte jetzt einige Tage darüber nachgedacht, doch seine Gedanken drehten sich nach wie vor im Kreis und er kam auf kein wirkliches Ergebnis.
Fakt war, dass er keine Ahnung hatte, wie er sich Hermine gegenüber nun verhalten sollte. Sie war nun mal seine beste Freundin und Harry wusste, dass er ihr nicht für immer aus dem Weg würde gehen können. Bisher hatte er es erfolgreich geschafft, sie zu meiden und er war wirklich dankbar für seinen Tarnumhang, auch wenn er sich sicher war, dass Hermine wusste, wenn er im Haus unterwegs war. Dennoch, es zerrte an seinen Nerven. Das Zerwürfnis mit Hermine war etwas, was seine angeschlagene Psyche nicht leicht wegsteckte, das merkte er. Nicht das erste Mal verfluchte er sich in Gedanken selbst dafür, dass er sich zu Sex mit ihr hatte hinreißen lassen. Die Tatsache, dass dieser Sex fernab von jeglicher Vorstellung gewesen war und sein Weltbild bis in die Grundfeste erschüttert hatte, schob er jedoch für den Moment auf die Seite. Er konnte nicht mehr in dieser Art und Weise an Hermine denken. Immerhin war er lediglich ein Spielball gewesen in einem Spiel, das er ganz und gar nicht verstand oder nachvollziehen konnte.
Er hatte sich jetzt bereits mehrfach in den Hintern gebissen, dass er sich Hermines Erklärungen dazu nicht einfach angehört und erst danach angefangen hatte, sauer auf sie zu sein. Denn er WAR neugierig, das konnte Harry nicht abstreiten. Was bei Merlin war bitte geschehen, dass sie sich auf Malfoy eingelassen hatte? Wie hatte das passieren können? Das letzte Mal, als er den Mistkerl gesehen hatte, war gewesen, als dieser zum wiederholten Mal bei ihm zu Hause aufgetaucht war und er dachte immer noch mit einer großen Genugtuung daran, dass er ihm nicht nur einmal eine verpasst hatte. Aber was zur Hölle war danach passiert? Wie konnte es sein, dass er von all dem nichts mitbekommen hatte?
Das zerknitterte Pergament in seiner Hand schien ihn höhnisch auszulachen und er starrte es mit einem Hass im Blick nieder, in der Hoffnung, es würde vielleicht von selbst in Flammen aufgehen, doch den Gefallen tat ihm seine Zauberkraft nicht. Stablose, fortgeschrittene Magie war etwas, das er tatsächlich angefangen hatte zu beherrschen, doch seit Ginnys Tod schaffte er nicht mal mehr den kleinsten, stablosen Zauber. Auch sein neuer Zauberstab schien ihm nicht wirklich gut zu gehorchen, doch Harry war sich nicht ganz sicher, ob es am Stab lag, oder nicht eher doch an ihm selbst. Er hatte sich seither nicht einmal getraut, zu versuchen, einen gestaltlichen Patronus heraufzubeschwören. Er hatte schlicht und ergreifend Angst, zu versagen.
‚Potter, wir sollten reden. Bald. Beweg deinen Arsch hierher, wenn du fertig bist damit, rumzuheulen und dich selbst zu bemitleiden. Granger sollte es jedoch nicht unbedingt erfahren. D.M.'
Allein die Art und Weise, wie die Worte gewählt waren, ließ keinen Zweifel daran, dass der Brief tatsächlich von Malfoy kam und Harry hasste sich selbst dafür, dass er sich fragte, ob er wohl zu Malfoy gehen sollte. Nicht, weil er wirklich mit ihm reden wollte, aber er hätte nicht wenig Lust, diesem Bastard erneut eine zu verpassen. Oder auch fünf. Zumindest hätte er dann ein Ventil für seinen Zorn und es würde vermutlich keinen stören, wenn er den Slytherin zu Brei schlagen würde. Wobei - wahrscheinlich würde Hermine es, in Anbetracht seiner neusten Erkenntnisse, nicht ganz so gut aufnehmen, ging ihm durch den Kopf und Harry stöhnte frustriert, während er seinen schwarzen, strubbeligen Schopf in seine Hände fallen ließ und sich die Haare raufte.
Was hatte er eigentlich in seinem Leben verbrochen, dass er in Dauerschleife bestraft wurde? Zuerst mit den Dursleys, dann mit Voldemort und nun mit Malfoy, mit dem er sich, aus dem unfassbarsten Grund von allen, auseinandersetzen musste. Hätte ihm irgendwann einmal jemand gesagt, dass er und Malfoy mit der gleichen Frau schlafen würden und hätte dieser Jemand ihm dann noch gesagt, dass es Hermine sei, dann hätte er vermutlich laut gelacht und gewartet, dass irgendwer hinter einer Ecke hervorspringen und ‚April April' rufen würde, doch jetzt fand er die Tatsache überhaupt nicht mehr so sehr zum Lachen.
Harrys Magen rumorte und er stöhnte frustriert auf, als ihm klar wurde, dass er zu Malfoy gehen würde. Er war neugierig, was der Blonde mit ihm besprechen wollte und so seltsam es klingen mochte, aber im Moment konnte er sich eher mit der Vorstellung anfreunden, zu Malfoy zu gehen, als die Aussprache mit Hermine zu suchen.
Er musste irgendetwas tun. Harry merke selbst, dass es ihm überhaupt nicht guttat, den ganzen Tag nur in seinem Zimmer zu sitzen und wütend auf sein Leben zu sein. Er hatte keine Ahnung von Depressionen und all dem Zeug, aber er wusste, dass sein Zustand nicht normal war. Es war besser geworden, nachdem Hermine angefangen hatte ihn... abzulenken, doch jetzt schien er langsam wieder an dem Punkt von vor einigen Monaten anzukommen und es fühlte sich beinahe so an, als würden Dementoren all seine glücklichen Gedanken und Gefühle aus ihm heraussaugen. Oder den kümmerlichen Rest, was davon noch übrig war. Der Sog aus Schuldgefühlen und Selbsthass zog ihn immer tiefer und tiefer und Harry wusste nicht, ob er jemals wieder in der Lage sein würde, ohne diesen Druck auf seinem Brustkorb zu atmen. Es fühlte sich zeitweise so an, als würde er gleichzeitig ersticken und ertrinken.
Nein, er musste etwas unternehmen. Er musste irgendwie wieder zu sich selbst finden und vor allem musste er mit Hermine ins Reine kommen. Und wenn Draco Malfoy der Schlüssel dazu sein sollte, dann war es halt so. Was konnte schon passieren, außer dass sie sich gegenseitig um die Ecke brachten? Der Gedanke ließ ihn beinahe schon wieder grinsen und kopfschüttelnd ergab Harry sich seinem Schicksal und beschloss, es einfach hinter sich zu bringen.
***
Draco sah es, doch so richtig realisieren konnte er noch nicht, dass Potter wahrhaftig vor seiner Türe stand. Er hatte zwar gehofft, dass er das Narbengesicht herlocken könnte, ohne, dass er ähnlich kreativ werden musste wie bei Granger und dem Portschlüssel, doch dass Potter noch am selben Tag auftauchte, wunderte ihn nun doch ein wenig.
Es war bereits dunkel und zwischenzeitlich hatte es wohl auch angefangen zu schneien, denn sowohl in den Haaren des Gryffindors, als auch auf seinen Schultern konnte man die Überreste einiger großer Flocken erkennen.
„Früher, als ich mit dir gerechnet habe, Potter", begrüßte er seinen Gast kühl und trat ein Stück zur Seite, um ihn einzulassen. Auch, wenn er sich seelisch und moralisch darauf vorbereitet hatte - dass der andere nun hier war, ließ ein seltsames Gefühl in Draco aufsteigen. Er hatte es für notwendig erachtet, die Sache so weit wie möglich zu klären, damit Granger nicht vor Trauer noch einging. Doch so hundertprozentig sicher, ob das eine gute Idee war, konnte er sich auch nicht sein.
Potter sagte keinen Ton, als er seine Eingangshalle betrat und schwieg ebenso, als er seinen Mantel auszog und sich diesen über den Arm legte. Zumindest schien der Weltenretter sich im Griff zu haben, ging es Draco kurz durch den Kopf, denn er hatte noch allzu gut in Erinnerung, wie sie bei ihrem letzten Aufeinandertreffen schlussendlich auseinander gegangen waren.
Da sein Besucher sich weiter ausschwieg, beschloss Draco, ihm mit einem Nicken seines Kopfes zu deuten, dass er ihm folgen sollte. Schon einen Moment später fand er sich auf dem Weg in das Büro seines alten Herren wieder, denn dieser Raum hatte sich schon in der Vergangenheit bewährt, wenn es darum ging, komplexe Gespräche zu führen und er war sich sicher, dass die Unterhaltung mit Potter, sofern dann mal eine zu Stande käme, wohl an Komplexität nicht zu überbieten sein würde.
„Drink?", wollte er wissen, während der andere die Tür hinter sich schloss, nachdem sie das kleine Arbeitszimmer betreten hatten.
„Gute Idee."
Da sieh an, Potter konnte scheinbar doch sprechen. Anders als Granger, musste er dem Gryffindor jedoch nicht anbieten sich zu setzen, denn bereits als er routiniert zwei Tumbler mit Whisky gefüllt und die Flasche vorsorglich nicht wieder weggestellt hatte, saß der dieser bereits auf dem Sofa und er selbst ließ sich ihm gegenüber im Sessel nieder, nachdem er ihm das Glas vor die Nase gestellt hatte. Die nächsten Minuten vergingen recht schweigsam, ehe es Draco zu bunt wurde.
„Frag schon", forderte er sein Gegenüber auf und erntete einen schiefen Blick.
„Was fragen, Malfoy?" Er schien verwirrt und Draco konnte es ihm nicht mal so recht verdenken. Er selbst wäre vermutlich weitaus weniger gelassen, wenn er in Potters Haut stecken würde. Allerdings war es ihm etwas suspekt, dass gerade Potter, der sonst so hitzköpfig war, nun so ganz und gar nicht auf eine Konfrontation aus war. Draco hatte eigentlich zumindest damit gerechnet, dass er ihn entwaffnen müsste, doch der Abend war schließlich noch jung.
„Was auch immer du wissen willst. Ich werde dir ehrliche Antworten geben und dann erklären, weshalb ich dich hierher eingeladen habe."
Harry schnaubte und verdrehte die Augen. „Eingeladen. So kann man es auch nennen...", murmelte er, doch Draco überging seinen Einwurf und wartete still ab, bis der Junge der lebte anfangen würde.
„Wie lange geht das mit dir und Hermine schon?", kam es dann nach einer Weile schlussendlich und Draco seufzte innerlich auf. Zu dumm, dass Granger ihm zwischenzeitlich nicht mehr egal war, denn auf diese Unterhaltung mit dem Goldjungen hatte er so viel Lust, wie auf eine Runde Kuscheln mit Seidenschnabel, doch es war ein notwendiges Übel. Daher lehnte er sich in seinem Sitz zurück und antwortete ihm.
„Kurz nachdem ich das zweite Mal bei dir zu Hause war. Und ehe du fragst - Granger ist zu mir gekommen, nicht umgekehrt. Ich habe sie weder verhext noch bedroht noch sonst was." Er hatte keine Ahnung, wieso er das noch hatte anfügen wollen, doch eventuell war es sinnvoll, Potter schon von vorneherein den Wind aus den Segeln zu nehmen.
Dieser schnaubte und nahm einen Schluck seines Feuerwhiskys. „Es ist wirklich schwer für mich, das Ganze nachzuvollziehen, Malfoy. Ich meine... du und sie..." er stocke und Draco lachte trocken auf.
„Ja da gebe ich dir recht. Aber wie du selbst am besten wissen solltest, ist Granger außergewöhnlich. In allen Belangen. Sie hat es mir nicht sonderlich schwer gemacht, mich weitaus mehr auf sie einzulassen, als ich vorgehabt hatte."
„Und was genau ist das zwischen euch?"
Die Frage hatte er erwartet und trotzdem hatte er keine wirkliche Antwort darauf. „Granger weiß, dass ich nicht der Typ für Beziehungen im romantischen Sinn bin. Ich glaube zu Anfang war es hauptsächlich der Nervenkitzel für sie. Zerstreuung. Ablenkung. Das Unbekannte... gib dem Kind irgendeinen Namen, er wird ziemlich sicher passen. Schlussendlich war es vermutlich eine Kombination aus alledem. Mittlerweile..." Er zuckte mit den Schultern. „...ist sie mir nicht mehr ganz unwichtig, weshalb du nun auch hier bist und wir darüber reden."
„Pfff", machte Harry genervt. „Was interessiert es dich, was ich tue und ob ich Streit mit Hermine habe? Oder ärgert es dich, dass ihr euer abartiges Spiel nicht weiterspielen könnt, weil ich ausgestiegen bin?", wollte der Gryffindor verbittert wissen und sein Ton wurde schneidend.
„Bist du das?" Draco grinste. Nun würde es interessant werden.
„Wie bitte?", entrüstete sich sein Gegenüber und Draco fuhr selbstgefällig fort.
„Komm schon Potter, spiel nicht das Opfer. Als ob es dich gestört hat, mit Granger zu vögeln." Mit Großer Genugtuung beobachtete er, wie der Schwarzhaarige empört nach Luft schnappte und schon kurz darauf zornesrot anlief.
„DU BIST VOLLKOMMEN GESTÖRT! EURE AKTION WAR ABSOLUT GEISTESKRANK!" Harry war aufgesprungen und wüsste Draco es nicht besser, würde er ihm seinen Ausbruch auch abnehmen. Stattdessen lehnte er sich noch tiefer in seinen Sessel zurück und verschränkte die Arme vor der Brust.
***
Harry war außer sich vor Wut. Wie konnte ein einzelner Mensch nur so verdorben und hinterhältig und...
„Granger hat das nicht getan, weil ich es ihr gesagt habe, Potter. Reg dich wieder ab und hör mir zu." Malfoy's Worte rissen ihn aus seinen wütenden Gedanken und schnaubend sah er auf den Slytherin hinab, der seelenruhig in seinem beschissenen Sessel saß und ihn belustigt ansah. Zugegeben, die ganze Sache hatte etwas von Situationskomik, das konnte Harry nicht leugnen.
Zu gerne wäre er stark genug gewesen, einfach zu verschwinden und Malfoy Manor mitsamt seinem Bewohner ganz weit hinter sich zu lassen, und zwar so schnell wie möglich. Doch er war nicht stark genug im Moment, denn dieser klitzekleine Teil in ihm, der an seinem Verstand zerrte und ständig dazwischenfunkte, schrie ihm zu, sich wieder hinzusetzen und sich alles anzuhören. Er musste masochistisch veranlagt sein, anders konnte er es sich nicht erklären, wieso er die Selbstzerstörung wählte und sich erschlagen wieder auf die Couch fallen ließ.
„Ich brauch mehr Alkohol", murmelte er, ehe er sein Glas in einem großen Zug austrank und es daraufhin geräuschvoll auf den kleinen Tisch zurückstellte. Draco erhob sich, um die Flasche vom Schreibtisch zu holen und ihm kommentarlos nachzuschenken.
„Es wird dich vielleicht überraschen, Potter, aber tatsächlich habe ich Granger nur dazu gebracht, den Mut aufzubringen für etwas, was sie sowieso tun wollte. Sie ist nicht mit dir im Bett gelandet, weil ich es ihr befohlen habe. Ja, meinetwegen, ich fand es durchaus ein wenig spaßig, sie so zu verwirren und sie in die Richtung zu schubsen, aber schon, als sie mir erzählt hatte, dass du sie beinahe geküsst hättest, war mir klar, dass es etwas war, was sie wollte. Also falls du dich in deiner Ehre oder sonst irgendwie gekränkt fühlst - da gibt es keinen Grund, glaub mir." Zwischenzeitlich hatte Draco sich wieder gesetzt und Harry konnte kaum glauben, was er da hörte.
„Sie hat mit dir darüber geredet?", war er verwirrt, woraufhin sein Gegenüber lediglich mit den Schultern zuckte.
„Ja. Um genau zu sein, saß sie genau da, wo du jetzt sitzt. Vielleicht sollte ich Geld von euch verlangen, wenn ich den Psychiater spiele und euch auf meiner Couch habe", scherzte er, doch Harry war nicht wirklich zu Späßen aufgelegt.
„Malfoy, ich habe keine Ahnung, was ich denken soll. Ich meine... was soll das alles? Warum wolltest du mit mir sprechen und wieso sitze ich jetzt hier und hör mir den Mist an?"
„Weil...", begann der Blonde und sah ihn nun eindringlich an, was Harry leicht schaudern ließ. Er hatte noch nie, seit er denken konnte, ein normales Gespräch mit Malfoy geführt und war offensichtlich noch weniger jemals in den Genuss von einem Draco Malfoy gekommen, der ihn mit seinem Blick zu durchbohren schien, während ein verschlagenes Grinsen in seinem Gesicht lag. „... ich Granger letzte Woche völlig apathisch aus ihrem Bett gezerrt und wieder aufgepäppelt habe, nachdem sie sich offenbar drei Tage lang die Augen ausgeheult hatte und sie der festen Überzeugung ist, dass sie dich für immer verloren hat. Darum bist du hier, Idiot!"
„Keiner hat dir gesagt, dass du dich in unseren Streit einmischen sollst. Kümmere dich um deine eigenen Angelegenheiten!" Die Worte kamen beinahe geknurrt über Harrys Lippen und Draco reagierte daraufhin mit einer angehobenen Augenbraue.
„Falls du es immer noch nicht kapiert hast, Granger und damit auch du, ihr seid meine Angelegenheit. Und da ich nicht vorhabe, die Sache mit ihr so schnell zu beenden und sie wiederum nicht vorhat, die Sache mit mir oder dir zu beenden, sollten wir vermutlich mal Klartext reden, wie wir beide nun zueinanderstehen und uns arrangieren können, meinst du nicht?"
Wäre er sich nicht absolut sicher gewesen, dass es Malfoy war, der hier vor ihm saß, er hätte es nicht geglaubt. Diese Informationen, die der Slytherin ihm hier gerade vor die Füße spuckte, waren beinahe zu viel für ihn und er musste aufpassen, dass er keine Kopfschmerzen davon bekam. Harry wusste nicht, welche Frage er als erstes stellen sollte und völlig überfordert entkam ihn nur ein ungläubiges „Was?"
„Gehts noch ein wenig ungenauer vielleicht?", stichelte Draco und Harry atmete einmal tief durch.
„Hast du gerade gesagt, dass Hermine mit dir und... mir...", fehlten ihm eindeutig die Worte, woraufhin er ein Schnauben von Malfoy kassierte.
„Bei Salazar, Potter! Also gut, nochmal für dich zum Mitschreiben. Granger hat die Absicht, sich weiterhin von uns beiden flachlegen zu lassen. Ich persönlich hab damit jetzt keinen großen Schmerz, aber wenn du damit nicht klarkommst, solltest du das vielleicht mal bei ihr anklingen lassen."
***
Potter starrte ihn an, als hätte er ihm soeben eröffnet, dass der Dunkle Lord nachher noch auf eine Runde Scharade vorbeikommen würde. Dabei hatte Draco lediglich die Fakten auf den Tisch gelegt, doch der Goldjunge sah nicht so aus, als könnte er das Gehörte sonderlich gut verarbeiten.
„Hat... hat sie dir das gesagt?"
Draco lachte leise auf. „Ja, ich habe sie gestern gefragt, ob sie das mit euch weiterführen möchte, und das hat sie mir bejaht. Darüber hinaus gehe ich schwer davon aus, dass sie auch mich weiterhin sehen möchte. Also müssten wir nur noch rausfinden, was es ist, was du willst, Potter!"
„Das ist vollkommen krank", wehrte sich Harry nun lautstark und brachte Draco dazu, mit den Augen zu rollen.
„Dass ihr Gryffindors immer so ekelhaft rechtschaffen sein müsst...", bemängelte Draco, ehe er selbst einen Schluck aus seinem Glas nahm. „Jetzt mal im Ernst Potter, findest du es tatsächlich so krank und abwegig, oder nur, weil die Gesellschaft es einem ständig suggeriert? Ich persönlich sehe da jetzt weniger ein Problem. Und darüber hinaus... was hast du groß zu verlieren?"
Er sah es in Potters Blick. Konnte genau den Moment ausfindig machen, in dem der Goldjunge verstand, dass es keinen Unterschied machte, ob er nun rechtschaffen oder egoistisch oder völlig irrational handeln würde. Es interessierte schlicht und ergreifend niemanden. Keiner war mehr da, der ihnen vorschreiben könnte, wie sie ihr Leben zu leben hatten. Weder Potter noch er hatten noch ihre Eltern und auch Granger schien in die Richtung ebenfalls unabhängig zu sein. Keiner interessierte sich dafür, was sie taten oder nicht taten. Niemand würde mit dem Finger auf sie zeigen und man musste auch ganz ehrlich dazu sagen, dass es für einen Rückzieher zu spät war. Sie hingen beide zu tief mit drin, um auszusteigen. Irgendwie.
„Wie... aber..." Es schien ihm, als sei Dumbledores Augapfel heute nicht besonders wortgewandt, was ihn wunderte, denn normal hatte Potter eine recht große Klappe und keine Probleme, sich zu artikulieren. Draco seufzte.
„Jetzt stell dich nicht an wie ein Mädchen! Selbst Granger war da unbeirrbarer als du bei diesen Themen. Kannst du vielleicht wenigstens versuchen, nicht so ein Waschlappen zu sein?" Ja, es war fies und ja, Draco wusste ganz genau, dass er Potter damit reizte und eventuell auch das Echo würde einstecken müssen, aber er wusste genug über das Narbengesicht, um sich sicher zu sein, dass man ihn so aus der Reserve gelockt bekam. Und er sollte Recht behalten.
„Halt's Maul, Malfoy! Nur weil du pervers und abartig bist, heißt das noch lange nicht, dass alle so sein müssen. Gib mir wenigstens mal kurz die Zeit, das alles zu verdauen und darüber nachzudenken!" Außerdem finde ich es recht grenzwertig, das alles zu besprechen, ohne dass Hermine sich dazu äußern kann."
„Meinst du es wäre entspannter, wenn wir Granger jetzt hier dazu holen würden?", machte Draco sich lustig und Harry schüttelte daraufhin den Kopf.
„Das habe ich nicht gesagt. Es ist nur... bei Merlin, das alles ist doch verrückt!"
„Immerhin sind wir zwischenzeitlich von ‚vollkommen geisteskrank' bei ‚verrückt'. Wenn wir noch eine Weile weiter darüber diskutieren, findest du es vielleicht sogar noch gut." Draco hatte keine Ahnung, wo sein Amüsement herkam und wieso er es irgendwie lustig fand, diese Unterhaltung zu führen. Eigentlich hatte er angenommen, dass dieser Weltenretter hier vor ihm, sich komplett quer stellen würde, ihn vielleicht sogar angreifen oder verhexen, doch Potter überraschte ihn. Womöglich war der Goldjunge doch nicht ganz so abgeneigt von alledem, wie er tat.
Die Tatsache war, Draco war bewusst, auf was das hier hinauslaufen würde. Er musste sich mit Potter arrangieren und sie mussten das Kriegsbeil begraben. Nichts, was er jemals in Erwägung gezogen hätte, doch er hatte nicht gelogen. Granger war ihm nicht egal. Er wollte nicht, dass sie traurig war und er hatte schon dreimal nicht den Nerv dazu, sie andauernd wegen ihrem Kumpel hier heulend oder frustriert oder verwirrt vor sich sitzen zu haben. Das war in den letzten Monaten schon zu oft vorgekommen, für seinen Geschmack. Ihm gefiel die spaßige und unbeschwerte Granger um einiges besser. Und würde Potter endlich einsehen, dass er ebenso zu einem positiven Denken bei ihr beitragen konnte, wäre dieses Problem schon mal aus der Welt geschaffen.
„Ich werde das niemals gut finden, Malfoy", riss Harry ihn aus seinen Gedanken und er beschloss, jetzt ein wenig nachdrücklicher zu werden.
„Potter", räusperte er sich und straffte seine Schultern ein wenig. „Pass auf. Du hast folgende Möglichkeiten. Entweder, du siehst ein, dass du weiterhin der beste Freund mit gewissen Vorzügen sein willst und ziehst das einfach durch, was bedeutet, wir beide raufen uns wohl oder übel zusammen, oder du findest das alles viel zu unmoralisch und nimmst dich aus dem Rennen, was Granger vermutlich schade fände, aber sie wäre dennoch froh, dich als ihren besten Freund zu behalten. Wobei wir beim nächsten Thema wären. Es ist keine Option, weiterhin wütend auf sie zu sein. Also unabhängig davon, was du willst - ihr werdet euch wieder vertragen, denn ich hör mir das Geheule nicht länger an." Eigentlich hätte er gedacht, dass Potter ihm daraufhin den Vogel zeigen würde, denn er kannte ihn. Er hatte schon immer ein Problem mit irgendwelchen autoritären Ansagen gehabt, doch zu seiner immensen Verwunderung sagte er daraufhin gar nichts, sondern schien über das soeben Gehörte nachzudenken. Nach einer langen Weile wurde es ihm allerdings zu blöd. „Also? Wir werden hier nicht jünger", schnarrte er.
***
„Was, wenn sich irgendjemand verliebt?"
Harry hatte während seiner Denkpause die verschiedensten Szenarien durchgespielt. Manche waren vollkommen abwegig und absurd, andere, so musste er zugeben, nicht ganz so abwegig. Aber diese Frage stand natürlich im Raum und er war schon lange Realist. Diese Dreiecksgeschichte, oder was auch immer es war, auf was das hier hinauslief, würde nicht funktionieren, wenn irgendwer Gefühle für irgendwen entwickelte.
Malfoy sah ihn daraufhin belustigt an und Harry konnte sich irgendwie nicht so recht erklären, was daran jetzt erheiternd gewesen war.
„Granger liebt dich bereits, Potter. Mehr als irgendeinen anderen Menschen auf der Welt. Glaubst du allen Ernstes, romantische Gefühle könnten das irgendwie noch toppen? Und ich bin mir ziemlich sicher, dass das bei euch auf Gegenseitigkeit beruht. Also wenn du mich fragst, wirst du es nicht mal merken, wenn sich einer von euch in den anderen verliebt, immerhin seid ihr bereits ein Herz und eine Seele. Wenn du meine ehrliche Meinung hören willst, war es bei euch lediglich eine Frage der Zeit, bis sich daraus etwas körperliches entwickelt."
Es war immer wieder erstaunlich, wie leicht Potter aus der Fassung zu bringen war, auch, wenn er wieder einmal nur das Offensichtliche dargelegt hatte, denn sein Gast sah ihn mit großen, grünen Augen an und brauchte wieder einmal einen Moment um Draco's Worte sacken zu lassen. Plötzlich legte er dann aber den Kopf schief und taxierte ihn eindringlich.
„Was ist, wenn du dich verliebst? Oder sie sich in dich?"
„Was soll dann sein? Ich bezweifle, dass das in irgendeiner Art und Weise ein Problem darstellen würde. Das Einzige was vermutlich seltsam wäre, wenn du dich in mich verknallst, dann müsste ich dir eine reinhauen." Es war als Scherz gedacht, doch vermutlich konnte Potter nicht mehr richtig unterscheiden, was Draco nun ernst meinte und was nicht, denn er starrte ihn nun an, als hätte ihn soeben ein Blitz getroffen und eigentlich konnte man es ihm nicht mal verübeln. Es waren einige Informationen, die der Goldjunge da in den letzten Tagen hatte verarbeiten müssen, das gestand Draco ihm schon zu. „Das war ein Witz, Potter."
„Weißt du Malfoy, wir kennen uns jetzt über sieben Jahre und du warst schon immer ein arroganter, eingebildeter Scheißkerl. Aber das, was ich heute erfahren habe, das muss ich erst mal verarbeiten, denn aktuell ist mir danach, mir das Gedächtnis löschen zu lassen."
Draco lachte.
„Geh nach Hause Potter und klär die Fronten mit Granger. Sie ist die Letzte, die dich hintergehen oder verletzten wollte, also komm drüber weg und vertrag dich wieder mit ihr. Für alles andere ist genug Zeit, um darüber nachzudenken, wobei ich mir sicher bin, dass ich weiß, was du willst. Und hör auf dir selbst im Weg zu stehen. Da kann man ja kaum glauben, dass du es geschafft hast, Voldemort um die Ecke zu bringen, wenn du nicht mal genug Eier in der Hose hast, um dir das zu nehmen, was du willst."
Mit diesen Worten räumte er die beiden Gläser vom Tisch und deutete Harry mit einem Kopfnicken zur Tür. Er hatte zwar nicht vor, ihn rauszuwerfen, aber es war für den Moment alles gesagt. Jetzt hieß es einfach abzuwarten und Draco war gespannt, was hier weiter passieren würde.
Potter zeigte ihm auf seine Worte hin galant den Mittelfinger, doch Draco sah genau, wie sein Mundwinkel dabei verdächtig zuckte und auch er selbst musste sich ein kleines Grinsen verkneifen. Harry nickte knapp und sah es nicht für nötig, sich groß zu verabschieden, denn genauso wortkarg wie er vor noch einer guten Stunde gekommen war, verschwand er durch die Tür und Draco befand, dass dieses Gespräch überraschend friedlich von Statten gegangen war. Die Welt war eindeutig ein Stück weit aus den Fugen geraten, das konnte selbst er nicht ignorieren.

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Seelenheil
AléatoireDer Krieg ist vorbei, Voldemort besiegt und Harry gefangen in seiner Trauer und den Depressionen, die ihn seit all dem heimsuchen. Hermine sucht Hilfe bei einem ganz bestimmten Slytherin, um Harry wieder vom Leben zu überzeugen, doch was sie stattde...