Reue

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Einen wunderschönen guten Morgen ihr Lieben! Heute melde ich mich mal kurz VOR dem Kapitel, denn es gibt hierzu etwas zu sagen. Ich will keinen Spoilern, aber möchte eine kleine Triggerwarnung aussprechen, denn es wird in diesem Kapitel zu einer Situation kommen, die man als Übergriffig bezeichnen kann und in der es zu nicht ganz einvernehmlichen Handlungen kommt. Die Story nimmt langsam an Fahrt auf und ich bin gespannt, was ihr zu diesem Kapitel zu sagen habt. ;) Meldet euch gerne nach dem Lesen! Bis dahin, viel Spaß <3


Kapitel 16 - Reue

Reue

Substantiv, feminin [die]

Tiefes Bedauern über etwas, was nachträglich als Unrecht, als (moralisch) falsch empfunden wird.




„Hermine Granger, was für eine... nein, irgendwie ist es keine Überraschung."

Hermine erschrak fürchterlich, als die Türe sich öffnete und ein hochgewachsener, dunkelhaariger Kerl im Türrahmen auftauchte, der ganz offensichtlich nicht Malfoy war und den sie im Bruchteil einer Sekunde als Blaise Zabini identifizierte. Für einen kurzen Moment fehlten ihr die Worte und sie musste wohl ein bizarres Bild abgeben, wie sie ihn anstarrte, mit halb geöffnetem Mund und großen Augen, doch dann schaffte sie es, sich wieder zur Ordnung zu rufen und straffte die Schultern.

„Zabini?" Sie wusste nicht, wieso sie es als Frage formulierte und schon gar nicht wusste sie, wieso sie sonst kein adäquates Wort über die Lippen brachte. Sie war einfach nur zu überrumpelt von der Tatsache, jemanden anzutreffen, den sie kein bisschen erwartet hätte.

Der Slytherin grinste überheblich und sah sie einen Moment sehr abschätzend an, ehe er einen Ausfallschritt zur Seite machte und sie mit einer eindeutigen Geste seiner Hand ins Innere bat. „Wie er leibt und lebt. Komm doch rein, du kommst genau richtig zur Party."

Hermine stockte, jedoch war sie bereits an ihm vorbei gegangen und nun umzudrehen, wo er soeben die Tür hinter ihr schloss, wäre wohl auch irgendwie komisch gewesen. Eine Party? Hatte sie richtig gehört? Jetzt konnte sie auch Musik hören, die aus irgendeiner Richtung erklang, die sie selbst in Malfoy Manor noch nie eingeschlagen hatte. „Malfoy feiert eine... Party?" Irgendwie wollte diese Vorstellung kein so wirkliches Bild in ihrem Kopf annehmen.

Zabini lachte, während er die Richtung einschlug, aus der das Wummern des Basses kam. „Nein, ich feiere eine Party und habe beschlossen, ihm damit auf den Sack zu gehen und sie hier zu feiern. Draco will mich dafür am liebsten mit dem Crucio belegen und anschließend irgendwo in den Katakomben weg sperren."

Hermine konnte nichts gegen das Grinsen tun, dass sich bei seinen Worten in ihr Gesicht schlich. „Dann hätte ich da unten wenigstens Gesellschaft", murmelte sie, während sie immer noch an Ort und Stelle stand und sich nicht ganz sicher war, ob sie lieber wieder nach Hause gehen sollte.

Zabini schien ihre Antwort nicht gehört zu haben, denn er blieb lediglich stehen und fragte: ‚„Was?", woraufhin Hermine nur den Kopf schüttelte und abwinkte.

„Nicht so wichtig. Ich glaube ich komme ein Andermal wieder." Sie wollte gerade auf dem Absatz kehrt machen, als Blaise erneut das Wort ergriff.

„Granger, um was ich dich bitte, aber beweg deinen Arsch da rein. Ich ertrage Dracos Launen langsam nicht mehr und ich habe das Gefühl, dass du dazu beitragen kannst, ihm mal ein bisschen den Kopf zu waschen."

„Wie bitte?" Hermine erstarrte in der Bewegung und sie konnte im Moment nichts anderes tun, als den gut gebauten, jungen Mann vor ihr mit großen Augen anzublicken und sich zu fragen, ob der Abend eigentlich noch komischer werden konnte. Doch sie hatte keine Chance, auch nur den geringsten Widerstand zu leisten, denn Zabini war bereits wieder an sie heran getreten und schob sie bestimmt in Richtung der Musik und sie ergab sich ihrem Schicksal. Vorerst.

***

Eigentlich war die Party, die er selbst überhaupt nicht gewollt hatte, gar nicht mal so übel, stellte Draco fest, während er sich in einen der dunklen Ledersessel fallen ließ und sich auf das Wummern des Basses konzentrierte, das aus den verzauberten Lautsprechern kam, von denen er nicht die geringste Ahnung hatte, woher sie kamen. Noch weniger wusste er, wo der ganze Alkohol herkam, oder kannte den Großteil der hier anwesenden Leute. Er war nicht mehr nüchtern genug um durchzuzählen, müsste er aber schätzen, würde er sagen, dass sich rund vierzig Menschen hier aufhielten. Vielleicht mehr. Vielleicht sah er auch doppelt. Er hatte Theodor Nott ausgemacht, der sich mit irgendwem unterhielt, den er nicht kannte. Ausserdem hatte er noch zwei oder drei weitere Slytherins ausmachen können, die ein oder zwei Jahre über ihm gewesen waren in Hogwarts. Aber sonst hatte er keinen blassen Schimmer, woher die Menschen kamen oder ob Blaise tatsächlich so viele Bekannte hatte. Er selbst konnte den Kreis seiner Bekannten vermutlich an zwei Händen abzählen und seine Freunde... nun ja, an einem Finger. Aber auch da war er sich noch nicht sicher, ob er Blaise diesen Titel nicht aberkennen würde, nach dem, was dieser sich hier heute leistete.
Er war ja nur dankbar darüber, dass er ihm nicht auch noch Parkinson angeschleppt hatte, denn wenn er irgendwas auf dieser Welt noch weniger brauchen konnte, als diese ganze verworrene Geschichte mit Granger, dann war das Pansy Parkinson, die seit Jahren versuchte, bei ihm zu landen und sich dabei fast ein Bein ausriss. Ob sie ihre Mission ‚ich werde die nächste Mrs. Malfoy' wohl zwischenzeitlich aufgegeben hatte? Er wusste es nicht und es war ihm auch reichlich egal.

Genervt setzte Draco die Flasche, die zwischenzeitlich schon bedenklich geleert war, an seine Lippen und hatte gerade einen großen Schluck daraus genommen, als er diesen umgehend prustend und röchelnd wieder ausspuckte. Zumindest die Hälfte, denn an der anderen Hälfte hatte er sich soeben erfolgreich verschluckt und er spürte, wie ihm die Tränen in die Augen schossen, als er für einen Moment nach Luft rang. Doch auch mit dem Tränenschleier vor seinen Augen, erkannte er noch ganz gut, mit wem Blaise hier gerade zur Türe herein spazierte.

„Blaise, ich bring dich um", knurrte er, als er wieder Luft bekam und schickte einen so wütenden Blick in die Richtung der Beiden, bei dem jeder Basilisk vor Neid erblasst wäre. Zabini fing seinen Blick auf und sah kurz verwundert drein, zuckte dann jedoch mit den Schultern und signalisierte Draco damit, dass er keine Ahnung hatte, warum Hermine Granger heute Abend hier war. Er stockte. Konnte es sein, dass sie von sich aus heute hier aufgetaucht war? Was bildete sich diese... besserwisserische, penetrante und gänzlich nervtötende Hexe eigentlich ein? Die unterschwellige Wut auf die Gryffindor begann wieder in ihm zu brodeln. Obwohl er eigentlich angenommen hatte, dass er mit dem Granger Thema größtenteils abgeschlossen hatte, war dem offensichtlich nicht so. Er war mehr als nur wütend, dass sie es schaffte, ihn zu verwirren. Dass sein Leben, seit sie diese seltsame Geschichte miteinander am Laufen hatten, spannender geworden war und er das Gefühl hatte, dass die Dunkelheit der letzten Monate ein klein wenig heller geworden war. Dass sie seine Briefe, mit der Bitte ihn aufzusuchen um ganz vielleicht über genau diese Dinge zu reden, einfach ignoriert hatte. Er hasste es, ignoriert zu werden und offensichtlich hasste er es noch mehr, von Granger ignoriert zu werden.

Ihm wurde ein wenig schwindelig, als er aufstand, doch wahrscheinlich war dies nur der Geschwindigkeit geschuldet, mit der er sich erhob, denn das Gefühl ging genauso schnell wieder, wie es gekommen war. Er zwang sich dazu, langsam zu gehen. Ihm war jedoch überhaupt nicht danach, langsam zu gehen. Viel lieber wollte er auf sie zustürmen, sie an den Schultern packen und schütteln, dafür, dass sie es schaffte, sein Gefühlsleben so sehr durcheinander zu bringen. Er wollte sie anschreien und ihr sagen, dass er verdammt nochmal keine Lust darauf hatte, sich mit diesem zwischenmenschlichen Bullshit auseinander zu setzen, den sie in sein Leben gebracht hatte. Er wollte sie am Arm packen und rauswerfen, sie zurück zu Potter schicken, wo sie ganz offensichtlich hin gehörte. Und er wollte sie gleichzeitig unter sich. Stöhnend, bettelnd und wunderschön wie sie nun mal war, das ließ sich leider auch nicht leugnen.
Dennoch rief er sich selbst zur Ordnung und setzte bedacht einen Schritt vor den anderen, während er sie mit zusammengekniffenen Augen taxierte, was mit Sicherheit einen dramatischen Nebeneffekt hatte, jedoch hauptsächlich der Tatsache geschuldet war, dass er sonst Angst hatte, sie zweimal zu sehen. Bei Merlins Krückstock, was zur Hölle hatte er da getrunken?

Grangers Augen weiteten sich mit jedem Schritt, den er gefühlt in Zeitlupentempo auf sie zukam und in seinen Lenden zuckte es, als er dann schlußendlich vor ihr stand und sie nervös anfing, auf ihrer Lippe zu kauen. Er bekam nur am Rande mit, dass Blaise immer noch neben ihr stand und dazu übergegangen war, von Granger zu ihm und wieder zurück zu schauen.

„Hey...", sagte sie leise und er stöhnte innerlich auf, weil sie in diesem Moment so verunsichert und hilflos aussah, dass es ihm beinahe die Sprache verschlug. Aber nur beinahe.

„Was hast du hier zu suchen, Granger?", fragte er eine Spur unfreundlicher als vermutlich nötig gewesen wäre. Er sollte wirklich zusehen, dass sie das Manor schnellstmöglich wieder verließ. Wenn es einen Ort gab, an dem sie heute ganz und gar nicht sein sollte, dann war das in seiner Gegenwart. Er war frustriert, betrunken und wütend. Das war nicht gut. Das war ganz und gar nicht gut.

Sie sackte auf seine frostige Begrüßung hin ein kleines bisschen in sich zusammen, was ihm nicht verborgen blieb und wofür er sie am liebsten anschreien würde, dass sie den Scheiss lassen sollte, wenn sie nicht lebensmüde war. Er spürte deutlich, dass sich nichts am Status Quo geändert hatte. Er wollte sie nach wie vor. Mit Haut und Haar.

„Ich... keine Ahnung, ich wollte mit dir reden. Ich werde ein anderes Mal wieder kommen, Malfoy. Ganz offensichtlich ist es kein guter Zeitpunkt."

Draco spürte, wie sich seine Hand um ihr zierliches Handgelenk schloss, noch ehe sie es geschafft hatte, sich auch nur zur Hälfte umzudrehen.
„Wir reden", beschloss er dann kurzerhand. „Aber nicht hier." Noch ehe Zabini den Mund öffnen konnte, um irgendetwas oberdämliches zum Thema beizutragen, schickte er einen auffordernden Blick in dessen Richtung. „Blaise, wenn mein Wohnzimmer oder auch sonst irgendetwas morgen nicht wieder so aussieht, wie ich es gewohnt bin, dann trete ich dir in den Arsch. Komm mit Granger."
Und mit diesen Worten ließ er einen schmunzelnden Zabini hinter sich, während er Hermine bestimmt mit sich mit zog.

„Ernsthaft, Malfoy. Ich halte das für keine gute Idee. Ich glaube..."

„Es ist mir egal ob du das für eine gute Idee hältst oder nicht", fuhr er sie ruppig an, während er nicht im Traum daran dachte, sie loszulassen, während er zielstrebig seine Räumlichkeiten ansteuerte.

Irgendwo im ersten Stock fing sie dann an, sich gegen seinen schraubstockartigen Griff um ihr Handgelenk zu wehren. Erfolglos. „Malfoy, warte. Lass mich los."

Er dachte überhaupt nicht daran. Zog es nicht mal in Erwägung. Vermutlich war es tatsächlich keine gute Idee, nun ein Gespräch führen zu wollen. Wenn Draco jedoch ehrlich zu sich selbst war, hatte er auch nicht vor, mit ihr zu reden. Es war schließlich auch keine gute Idee von ihr gewesen, heute hier aufzutauchen. Oder überhaupt wieder aufzutauchen. Ohne weitere Worte zu verschwenden, zerrte er sie einfach weiter durch die dunklen Gänge des Manors, die nur spärlich durch vereinzelte Fackeln an den Wänden beleuchtet wurden und war froh, als sie endlich in seinem Schlafzimmer stand. Sie hatte sich, kaum dass sie hier angekommen waren, aus seinem Griff befreit und stand nun mit verschränkten Armen vor ihm und funkelte ihn wütend an. Das Flackern der Kerzen, die sich bei seinen Eintreten wieder selbst entzündet hatten, verlieh ihr etwas Dunkles. Etwas Gefährliches, so fand er. Vielleicht war es auch einfach die Tatsache, dass er nicht mehr zurechnungsfähig war und sie offensichtlich wirklich wütend.

„Bist du von allen guten Geistern verlassen?", wetterte sie auch sofort drauf los und Draco musste sich zusammenreißen, um sie nicht einfach zu packen, ihr sämtliche Klamotten vom Leib zu zerren und sie auf sein Bett zu werfen. Vorsichtshalber ging er einen Schritt rückwärts, während er versuchte, seine Gedanken unter Kontrolle zu bringen. Zumindest versuchen konnte er es, auch, wenn er sich sicher war, dass er kläglich scheitern würde.

„Vermutlich", antwortete er dann knapp und verschränkte seine Arme vor der Brust, während er sich mit dem Rücken an die geschlossene Zimmertür lehnte. Teils, weil er spürte, dass er leicht am Schwanken war und teils, um sie daran zu hindern, einfach abzuhauen. Was womöglich so oder so Blödsinn war, hatte er ihr schließlich jegliche Rechte eingeräumt, in seinem Anwesen zu apparieren und dissapparieren, aber damit konnte sein betrunkenes Ich sich nicht auch noch zusätzlich befassen.

„Du bist betrunken, Malfoy. Ich sollte gehen", beschloss sie resolut und sah ihn auffordernd an.

„Warum bist du hier?" Seine Frage ließ sie stocken und ihr Blick, der seinem Auswich, ließ ihn schmunzeln.

„Das hatte ich dir gesagt, ich wollte mit dir reden, aber..."

„Worüber, Granger? Worüber wolltest du reden?", unterbrach er sie und stieß sich nun von der Tür ab, um langsam auf sie zu zu gehen.

Sie schluckte und er konnte sehen, wie ihre Augen sich ein Stück weiteten, doch sie blieb stoisch an Ort und Stelle stehen und er verfluchte ihren scheiss Gryffindormut. „Über das, was letztes Mal war."

Er stand nun dicht vor ihr und sie musste zu ihm aufsehen, was ihn wahnsinnig machte. Alkohol war zugegebener Maßen noch nie gut für ihn gewesen, denn er war erstens viel zu anfällig dafür und zweitens, war ihm durchaus bewusst, dass seine Zurechnungsfähigkeit darunter litt. Wahrscheinlich hätte er niemals so viel getrunken, wenn er gewusst hätte, dass Granger bei ihm auftauchen würde.

„Was war denn letztes Mal?", wollte er leise wissen und kam ihr noch näher, sofern dies überhaupt noch möglich war und schließlich gab sie auf und wich einen Schritt nach hinten. Und noch einen.

„Ich glaube es hat keinen Sinn, heute darüber zu sprechen", versuchte Granger es immer noch diplomatisch und er lachte leise auf, während er spürte, wie das Verlangen, sie unter sich zu begraben, beinahe übermächtig wurde. Mit einer schnelleren Reaktion als er sich selbst in seinem derzeitigen Zustand zugetraut hätte, schlang er seinen linken Arm um ihre Hüfte und zog sie bestimmt zu sich, so dass ihr zierlicher Körper gegen seinen eigenen taumelte und Granger stieß einen überraschten Schrei aus.

„Da sind wir uns ausnahmsweise mal einig", knurrte er und schon im nächsten Moment hatte er ihren Mund mit seinem verschlossen und ihren aufkeimenden Protest direkt erstickt. Er hatte keine Zeit, freundlich oder gar einfühlsam zu sein. Faktisch gesehen war er immer noch verdammt wütend und das bekam sie nun zu spüren, denn er hatte sie ohne große Umschweife gepackt und sie auf sein Bett bugsiert. Keine Sekunde später kniete er über ihr und fixierte sie mit seinen Händen, damit sie ihm nicht aus versehen die Augen auskratzen würde, denn so, wie Granger ihn gerade ansah, war er sich nicht ganz sicher, ob es sicher für ihn war, ihre Hände frei zu geben.

„Geh von mir runter, Malfoy", zischte sie ihn an.

„Was willst du von mir, Hermine?"

***

Sie stockte. Das war vermutlich das erste Mal in ihrem Leben, dass Draco Malfoy sie bei ihrem Vornamen genannt hatte und diese Tatsache ließ Hermine kurz verwirrt ihren Kopf schütteln, ehe sie sich besann. „Ich weiß nicht genau", keuchte sie, während sie probehalber versuchte, ihre Arme frei zu bekommen, was natürlich nicht von Erfolg gekrönt war, denn trotz seinem eindeutig betrunkenen Zustand, war er sehr kräftig.

„WAS ZUR HÖLLE WILLST DU?"

Ihre Augen wurden groß, während er ihr die Frage geradezu entgegen schrie und sie sah den gehetzten Ausdruck in seinen Augen. Zum bereits zweiten Mal hatte sie das Gefühl, den wahren Draco Malfoy hinter seiner Fassade zu sehen. Oder zumindest einen kleinen Teil davon. War er sonst so beherrscht und kühl, so bröckelte seine Mauer jetzt gerade ein kleines Bisschen.

„Ich will mit dir reden, aber nicht... so." Sie wandte sich unter ihm und in seinem Griff, versuchte nun nachdrücklicher, ihn zumindest mal ein Stück von sich weg zu drücken. Erfolglos. Sie hatte das Gefühl, als sei genau dies auch die falsche Taktik, denn je mehr sie versuchte, sich gegen ihn zu wehren, umso fester wurde sein Griff um ihre Handgelenke. Er schien auch nicht mehr daran interessiert zu sein, überhaupt noch irgendeine Art Konversation mit ihr zu betreiben, denn plötzlich hatte er seine Lippen wieder auf ihre gepresst und erstickte ihr überraschtes Keuchen direkt im Keim. Sie hatte kaum Zeit darüber nachzudenken, was hier gerade vor sich ging, da spürte sie, wie er eines ihrer Handgelenke frei gab, um mit seiner Hand ohne Umschweife unter ihren Pullover zu fahren und Hermine entfuhr ein kleiner überraschter Schrei, als er im nächsten Moment ihre Brust umfasste und fest zupackte. Malfoy dachte aber überhaupt nicht daran, auch nur im Geringsten von ihr abzulassen, als sie mit ihrer freien Hand nun versuchte, seinen Kopf ein wenig von sich weg zu dirigieren. Es kam ihr vor, als wäre das genau das Falsche, denn es schien ihn nur noch mehr anzustacheln. Beinahe brutal drängte er seine Zunge in ihren Mund, nahm ihr somit jegliche Möglichkeit zu protestieren und sein Griff um ihr Gelenk verstärkte sich noch.
Ein kleiner Anflug von Panik beschlich Hermine, denn sie fühlte, dass etwas anders war. Ob das nun am Alkohol lag oder ob Draco Malfoy einfach generell ein Psychopath war, das ließ sich jetzt schwer beantworten in diesem Moment, doch als er anfing, ihr das Oberteil vom Körper ziehen zu wollen, bäumte sie sich auf und schaffte es, ihn zumindest für ein paar Sekunden aus dem Konzept zu bringen, während sie ihn, mit all der Kraft die sie aufbringen konnte, von sich schob.
Draco kniete nun vor ihr, während sie sich aufsetzte und ihm ihre gefangen genommene Hand entriss. Sie atmete schwer und sie musste schlucken, als sie den dunklen Glanz in seinen sonst so hellen Augen sah. Nein, er war ganz und gar nicht mehr zurechnungsfähig und sie stieß sich langsam ab um ein Stück von ihm weg zu rutschen, doch schneller als sie sich versehen konnte, hatte er sich erneut auf sie gestürzt, sie an der Hüfte gepackt und, als wäre sie ein Leichtgewicht, sie herumgedreht, so dass sie nun recht unbeholfen mit ihrem Gesicht voraus auf der seidenen Bettdecke landete.

„Was..." Sie wollte ihn fragen, was das sollte. Sie wollte sich aufrichten, doch stattdessen entwich ihr nur Sekunden später mit einem dumpfen Keuchen die Luft aus den Lungen, als er sich mit seinem kompletten Gewicht auf sie stützte. Sie konnte ihren Kopf nicht weit genug drehen, um ihn anzusehen, doch sie merkte sehr wohl, dass er eine Hand in ihren Haaren vergraben hatte und schon kurz darauf verließ ein erneuter Schrei ihren Mund, denn genau diese Hand zog unsanft an ihrem Schopf und brachte sie nun dazu, ihren Kopf in den Nacken zu werfen. Seine Lippen lagen plötzlich auf ihrem Hals. Ihr Blick fiel auf seinen Arm den er neben ihrem Kopf abgestützt hatte und das dunkle Mal, welches sie sonst zwar wahrnahm, dem sie aber bisher keine allzu große Beachtung geschenkt oder gar Bedeutung beigemessen hatte, es auch eventuell stoisch ignorierte, sprang ihr geradezu ins Gesicht und Hermine hätte nicht sagen können wieso dem so war, aber hier in dieser Situation war dieser Anblick mehr als nur zum Fürchten.
Sie war komplett bewegungsunfähig. Jeder Versuch ihn abzuschütteln schien ihn nur noch mehr anzustacheln und sie schnappte erschrocken nach Luft, als sie seine andere Hand spürte, die sich unter sie schob und sich am Knopf ihrer Hose zu schaffen machte. Genug war genug, beschloss sie. „Malfoy, hör sofort auf."

Er dachte überhaupt nicht daran. Es dauerte zwar einen kurzen Moment, doch er hatte den Knopf an ihrer Hose aufbekommen und auch, als sie anfing zu bocken, um ihn mitsamt seines kompletten Körpergewichts abzuschütteln, beeindruckte ihn das offensichtlich überhaupt nicht. Er besaß sogar noch die Dreistigkeit, ihr in den Hals zu beißen und das nicht besonders zärtlich oder liebevoll. „Malfoy! Grün!", stieß sie zittrig hervor, denn das hier ging zu weit. Er hatte keine Kontrolle mehr über sich und sie schien das hier ebenfalls nicht kontrollieren zu können. Niemals hätte sie gedacht, dass sie sich einmal in solch einer Situation wiederfinden würde. Doch entweder, er hatte sie in seinem Rausch nicht gehört, oder es war ihm schlichtweg egal. Sie hoffte auf ersteres, war sich aber beinahe sicher, dass sie falsch lag. Seine Hand glitt in ihre Hose, während er sein Becken gleichzeitig an ihre Kehrseite presste und Hermine begann zu zittern. Nicht aus Lust, sondern aus Angst. Seine Hand, die gerade noch an ihren Haaren gezogen hatte, drängte sie nun in die andere Richtung und fixierte ihren Kopf nun bestimmt auf der Bettdecke. Hermine versuchte sich aufzubäumen, doch alles, was sie damit erreichte, war, dass sie seiner Hand in ihrer Jeans noch mehr Spielraum verschaffte.
„LASS MICH LOS!", brüllte sie nun, jedoch wurde ein Teil ihrer Worte zur Hälfte von der weichen Unterlage verschluckt, auf die sie nach wie vor gedrückt wurde. Panik wallte in ihr auf. Das hier war keins seiner Spielchen, er hatte schlicht und ergreifend den Verstand verloren. „GRÜN! DRACO... BITTE!", schluchzte sie nun in ihrer Verzweiflung auf, doch beinahe war sie sich sicher, dass es keinen Wert hatte.

Er überraschte sie. Sein Gewicht war auf einmal verschwunden und sie schaffte es, einen tiefen Luftzug in ihre Lungen aufzunehmen. Ebenso zog er seine Hände zurück und Hermine hörte, wie er sich schwer atmend vom Bett erhob. Sie selbst brauchte hierfür noch einige Sekunden. Ihr Geist musste erst einmal verarbeiten, was hier soeben passiert war und ihr Körper konnte die Verschnaufpause ebenso vertragen. Sie versuchte schnellstmöglich ihre Atmung unter Kontrolle zu bekommen, was ihr, in Anbetracht der Tatsache, erstaunlich gut gelang.

Hermine rappelte sich, so würdevoll wie sie das in dieser Situation eben schaffte, auf und wandte sich bedacht langsam um. Ihr Herz klopfte ihr immer noch bis zum Hals und es sackte eine Etage tiefer, als ihr Blick dem seinen begegnete. Sie kannte viele Gesichtsausdrücke des Blonden, doch den hier, den hatte sie noch nie gesehen. Sie konnte nicht mal zuordnen, wie genau er sie ansah, doch sein Blick ging ihr durch Mark und Bein und verursachte bei ihr eine Gänsehaut der unangenehmen Sorte.
Doch dieser Zustand war nicht von langer Dauer, denn schon einen Augenblick später meinte sie, einen Anflug von Fassungslosigkeit darin zu erkennen. Malfoy stolperte geradezu einen Meter von ihr weg und fuhr sich erschlagen mit seiner flachen Hand über sein Gesicht.

„Verschwinde von hier, Granger. Verschwinde und komm einfach nicht wieder." Sein verbitterter Tonfall ließ sie jedoch aufhorchen und noch verharrte sie an Ort und stelle bis: „RAUS!"

Das wiederum ließ sie sich nicht zweimal sagen. Schnellen Schrittes ging sie an ihm vorbei und flüchtete nun aus seinem Zimmer. Ihre Schritte beschleunigten sich, als sie die düsteren Gänge passierte und die Treppen ins Erdgeschoss flog sie beinahe schon hinunter. Sie bemühte sich die Tränen zurück zu halten, so lange sie noch im Manor war. Dass sie nicht einfach vom Fleck weg apparierte, war nur dem Umstand geschuldet, dass sie ihre Jacke, in der sich auch ihr Zauberstab befand, in der Eingangshalle abgelegt hatte. Beinahe hatte sie es geschafft und die Garderobe erreicht, als sie ihren Namen hörte.

„Granger? Warte."

„Drachenmist", fluchte sie leise, als sie sich umdrehte und in Zabinis fragendes Gesicht blickte, der soeben in großen Schritten auf sie zukam. Sie versuchte, sich das verräterische Glitzern mit dem Ärmel ihres Pullovers aus ihren Augenwinkeln zu wischen, doch natürlich war es Malfoys Kumpel nicht entgangen.

„Was hat der Holzkopf angestellt?" Diese Frage warf sie für den Moment vollkommen aus der Bahn, denn sie hätte erstens niemals gedacht, dass Blaise Zabini einmal von ihr wissen wollen würde, warum sie weinte, noch hätte sie angenommen, dass er Malfoy einmal Holzkopf nennen würde. Sie seufzte. Es war sowieso schon alles den Bach runter gegangen, da konnte es eine Unterhaltung mit Zabini auch nicht mehr schlimmer machen, so fand sie.

„Malfoy ist ein Arschloch."

Nicht gerechnet hatte sie allerdings mit seiner Reaktion auf ihre Aussage hin.

„Erzähl mir was Neues. Komm mit, wir trinken einen und ich erkläre dir ausführlich, warum Draco es immer wieder schafft, diejenigen, an denen ihm ausnahmsweise mal etwas liegt, aus seinem Leben zu ekeln und warum ich trotz dieser Tatsache immer noch hier bin." Er grinste und dirigierte die überraschte Hermine bestimmt aber nachdrücklich in Richtung der provisorischen Bar. Zabini hatte mit dieser Aussage ihre Neugier geweckt und darum ließ sie es geschehen.

***

Er hatte sich vermutlich nie so sehr gehasst, wie im Moment. Er konnte sich nicht mal daran erinnern, dass sein Selbsthass so stark gewesen war, als er die Todesser in die Schule geschleust hatte und für Dumbledores Tod verantwortlich gewesen war. Wobei, das war schätzungsweise vergleichbar verachtenswert gewesen. Vielleicht war er auch einfach nur dramatisch, weil er zu allem Überfluss auch wirklich betrunken war, doch es änderte nichts, aber auch gar nichts an der Tatsache, wie sehr er sich selbst im Moment verabscheute. Die Wut, die er eigentlich seit geraumer Zeit auf sie gehabt hatte, kanalisierte sich jetzt komplett auf ihn selbst.

Er wusste, dass Alkohol im Allgemeinen nicht sein bester Freund war. Alkohol in rauen Mengen war hingegen sein Endgegner und das nicht nur, weil er ganz offensichtlich die Kontrolle über sein Tun und über sein Handeln verlor, sondern weil er solche Situationen geradezu herausforderte. Schon damals, als er angetrunken bei ihr und Potter aufgetaucht war mit seinem ach so tollen Plan, sie zu ängstigen bis sie nach ihrem Freund rief. Zugegeben, das war nicht halb so eine beschissene Aktion gewesen, wie die, die er sich gerade geleistet hatte.

Erschlagen ließ Draco sich auf die Kante seines Bettes sinken und legte seinen Kopf, der ihm eindeutig zu schwer wurde, in seine Hände. Ein tiefes Seufzen kam nun aus seinem Mund. Zumindest konnte er sich jetzt sicher sein, dass sich das ‚Granger-Problem' erledigt hatte. Er hatte es geschafft, sie von sich zu stoßen und sie für immer aus seinem Haus und damit auch aus seinem Leben zu jagen.

Vielleicht war es besser so. Er konnte es sich nicht leisten, Sympathien für Granger zu haben. Und dass da welche da waren, konnte er zwischenzeitlich nicht mehr abstreiten. Seine Laune über die letzten zwei Monate war mit ihrer An- oder Abwesenheit gestiegen oder gefallen. Sie hatte die Dunkelheit immer wieder für einige Stunden vertrieben. Auch wenn er sich lange Zeit einreden hatte können, dass es lediglich am sexuellen Aspekt lag - irgendwann hatte diese Ausrede ihn selbst nicht mehr überzeugt. Er konnte auch nicht sagen, wann er angefangen hatte, sie zu mögen. Vielleicht mochte er sie auch überhaupt nicht und es war nur sein verkorkstes Hirn, das ihm einen Streich spielte? Aber es spielte auch keine Rolle mehr, denn schließlich war sie fort.

„Scheisse...", fluchte er leise, während der Nebel in seinem Kopf sich ein wenig lichtete und er sich von Minute zu Minute miserabler fühlte. Vielleicht sollte er wieder runter zur Party gehen und den Rest seiner Flasche leeren. Vielleicht sollte er sich einfach in seiner Badewanne ertränken. Alles war besser, als dem Verlangen nachzugeben, ihr hinterher zu apparieren. Erstens war er nicht mehr im Stande überhaupt einen Zauber auszuführen und schon gar nicht den fürs Apparieren und zweitens wusste er genau, was passieren würde. Granger würde ihm womöglich alle Zauber auf den Hals hetzen, die sie kannte und das waren mit Sicherheit mehr, als er zählen konnte. Nein, er würde nichts von alledem tun. Er würde, sobald er sich körperlich dazu in der Lage fühlte, ins Bett gehen und hoffen, dass der Schlaf ihn schnell erlösen würde. Wie lange saß er überhaupt schon hier? Lang genug auf jeden Fall, dass er einmal sein komplettes verkorkstes Leben vor seinem inneren Auge abgespult hatte. Dieses Gedankenkarussell hielt er bei Merlin nicht mehr aus. Außerdem war er sich nicht sicher, ob er dem verräterischen Brennen hinter seinen Lidern noch lange standhalten konnte und wenn er irgendetwas nicht tun würde, dann wäre das, wegen seinem beschissenen Leben, das er sich selbst verbockt hatte, zu heulen.

Er wurde jäh von dem Knarzen der Tür in seinen trüben Gedanken unterbrochen, doch er hatte nicht einmal mehr die Kraft, aufzusehen. Aber es konnte sowieso nur einer sein, der hier ohne anzuklopfen in sein Schlafzimmer kam.

„Blaise, verschwinde, ich will alleine sein." Er hatte versucht bestimmt und vor allem verstimmt zu klingen, doch alles was er hervorbrachte, war ein leises Krächzen, das irgendwo aus der letzten Ecke seiner Kehle zu dringen schien. Er konnte sich unter gar keinen Umständen jetzt mit seinem besten Kumpel befassen. Und noch weniger wollte er sich dazu überreden lassen, wieder mit auf die Party zu kommen oder auch sonst irgendetwas zu tun. Alles was er wollte, war sich selbst weiterhin in Selbstmitleid zu baden. Er vernahm die leisen Schritte auf seinem Teppichboden und wunderte sich, dass Blaise keinen Ton sagte, während er auf ihn zukam. „Ich mein's ernst, Zabini."

Plötzlich wurden seine Hände aus seinem Gesicht gezogen. Überrascht hob er seinen Blick und für einen Moment schien die Zeit still zu stehen, als er in warme, braune Augen blickte, von denen er überzeugt gewesen war, sie nie wieder im Leben zu sehen.

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