Pov: du schreibst eine Matheklausur

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Mit rauchendem Kopf sitze ich vor meinem Laptop.
Videos, wie man mit der p-q Formel rechnet laufen, während ich meinen Stift in der Hand drehe. Meine Hände sind schwitzig, ich bin unter Druck, weil mir klar ist, dass ich es niemals auch nur auf eine vier schaffe. Ich werde wieder versagen und alle, mich selbst am meisten, enttäuschen.
Bei dem Gedanken und der Müdigkeit die mir nach drei Stunden des ineffektiven Lernens in allen Knochen sitzt, steigen mir Tränen in die Augen. Kurz sehe ich all die Zahlen auf dem Bildschirm verschwommen, aber ich schlucke und reiße mich zusammen.
Morgen ist die Arbeit und ich kann überhaupt nichts, ich spüre wie ich erst das unangenehme Gefühl von Angst spüre, dann verwandelt es ich in ansteigende Panik.
Als wäre nicht schon alles zu viel klopft es auch noch, jemand macht die Tür auf und ich zucke zusammen.
„Nein, jetzt nicht!", sage ich gestresst ohne mich umzudrehen, doch als die Person die Tür hinter sich schließt und näher kommt möchte ich doch wissen, wer mich stört.
Ich spüre die Wut in meiner Brust brennen, die jedoch sofort wieder erlöscht als ich sie sehe.
„Jenna? Was machst du hier? Ich hab doch gesagt, dass ....dass ich noch lernen muss." Ich knirsche mit den Zähnen um mich von dem Kloß in meinem Hals abzulenken und senke den Blick, dass sie meine roten Augen nicht sehen kann.
Doch da habe ich die Rechnung ohne sie gemacht, die sich vor mir hinkniet und mit ihren dunklen Rehaugen zu mir aufsieht.
„Vielleicht solltest du eine Pause machen.", ihre Stimme ist leise und so ruhig wie das stille Meer bei Nacht.
Alles in mir will auf sie hören, aber dieser eine Aspekt, dieses kleine Gefühl hält mich mit ungeheurer Kraft davon ab: Ich darf niemanden enttäuschen.
Das ist etwas, was Jenna nicht verstehen kann, sie kommt aus einer Familie in der man nach einer Sechs eine Tafel Schokolade anstatt gekränkte Blicke bekommt.
„Nein.", sage ich entschieden zu meiner Freundin. Ihr Blick bleibt so weich und verständnisvoll wie noch im letzten Augenblick.
„Y/n...", haucht sie leise und ich kann nun die Tränen nicht mehr verbergen, der fette Klumpen in meinem Hals drückt so fest, dass ich das Schluchzen, das in meiner Kehle gefangen war loslassen muss. Eine Träne fällt auf Jennas Hand die auf meinem Knie ruht.
Sie steht auf und zieht mich fest in ihre Arme, ich kralle mich an ihrem Oberarm fest und fühle mich geborgen und doch zieht mein schweres Herz mich immer tiefer herab.
Sie zieht mich auf die Beine und führt mich ohne etwas zu sagen zum Bett. Ich lege mich erschöpft hin während weitere Tränen meine Augen verlassen, sie zieht die Decke über uns und legt ihren Arm um meine Taille.
Ich schluchze leise in ihr Dekolleté und lasse mich wärmen, sowohl meinen ausgemergelten Körper als auch mein kaltes Herz um das ich mich so lang nicht mehr gekümmert habe. Nun tut es Jenna an meiner Stelle und je mehr ich weine, je mehr Schmerz ich loslasse, desto wärmer wird es.

Minute für Minute verstreicht in der ich und Jenna Arm in Arm auf dem Bett liegen.
Ich habe mich etwas beruhigt und sehe sie an, die mir sanft eine Strähne aus dem Gesicht streicht.
„Du musst das nicht tun, y/n. Es ist okay, mal nicht so gut in der Schule zu sein.", flüstert Jenna ruhig.
Die Emotionen quellen erneut über.
„Nein, ist es nicht. Ich will nicht, dass mich jeder so ansieht...", sage ich mit zittriger Stimme. Ich meine damit wirklich jeden, meine Eltern, meine Großeltern, die Lehrer, meine Freunde. Fast jeder. Nur sie nicht.
„Du musst die Erwartungen der anderen nicht erfüllen. Damit machst du dich auf Dauer kaputt. Alles was zählt, ist, dass es deiner Seele gut geht und du Frieden finden kannst. Bitte sei nicht so streng mit dir. Lass lieber los und atme einmal tief durch.", ich höre auf sie, auch, wenn mich ihre Worte im Herzen berührt haben und atme durch. Und nochmal. Und nochmal.
Und irgendwo weiß ich, dass sie recht hat.
Doch da ist auch die Angst vor der Zukunft.
„Und was, wenn ich den Abschluss nicht schaffe?", ich versuche es nicht einmal, die Furcht zu verbergen.
Jenna lächelt mich warm an.
„Du musst ja auch nicht sofort das Abi machen, vielleicht reicht ja erst einmal ein Realschulabschluss. Dann kannst du danach immer noch einen höheren Abschluss machen, irgendwann....", sie hat Recht. Irgendwie.
Ich kann mir Zeit lassen, denn das Leben ist noch lang genug. Wenn ich nach der Ausbildung noch studieren will, dann kann ich das tun.
„Jenna...Ich liebe dich.", flüstere ich und vergrabe meine Hand in ihrem dunkelbraunen Haar.
Ich schaue auf ihre Lippen und dann kann ich nicht mehr anders, als sie langsam an mich zu ziehen und sie zu küssen.
Ihre Lippen sind so sanft und ich erinnere mich, dass das Leben schön sein kann.
Bestimmt werde ich das Mathebuch heute nicht mehr anrühren, denn es sind andere Dinge, die wirklich zählen.

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Hey, wie findet ihr diesen sehr emotionalen Oneshot?
Ich glaube, da können einige relaten...

Falls jemand eine Idee für einen weiteren Oneshot hat, gerne her damit;)

LG

Jenna Ortega StorysWo Geschichten leben. Entdecke jetzt