Familie

267 9 2
                                    


„Na, y/n. Was möchtest du nach dem Abschluss machen?", fragt Tante Ursel mit neugierigem Blick. Alle Blicke heften sich an mich und irgendwie hat es etwas bedrohliches an sich, wie jeder die Luft anzuhalten scheint und nur noch das Klappern des Bestecks zu hören ist.
Ich stochere in meinem Salat herum. Weil ich vegan bin, gibt es im Restaurant nicht sehr viel Auswahl für mich. Auch darauf wurde ich bereits angesprochen.
„Warum isch' denn nix?", hat meine Oma gefragt. Ich erklärte ihr, dass ich vegan bin und nicht für das Leid der Tiere verantwortlich sein möchte. Der ganze Tisch hat natürlich gelacht und sich über die „Generation Z" beschwert.
Ich schaue in Tante Ursels blauen Augen die mich irgendwie verunsichern aber ich lasse mir nichts anmerken.
„Ich werde wahrscheinlich erst einmal ein Jahr reisen gehen und dann überlegen, was ich mache.", gebe ich preis und höre schon geistig, wie wieder jeder an mir herum meckert.
Und tatsächlich können Tante Ursel und die anderen am Tisch auch diesmal das Kommentieren nicht sein lassen:
„Das klingt so planlos. Als ob du ganz allein irgendwo hinreist. Also das kann ich mir beim besten Willen nicht vorstellen.", flötet sie als wüsste sie alles besser, dabei versucht sie noch nichtmal sich für neues zu öffnen.
„Ich habe ja auch nie gesagt, dass ich allein gehen möchte.", berichtige ich sie. Ich denke an meine Freundin Jenna. Wir sind seit über einem Jahr zusammen (Natürlich wissen Tante Ursel und meine restliche Familie davon nichts, dafür habe ich sie bisher für zu konservativ eingeschätzt).
„Und wen nimmsch mit?", fragt meine Oma die mir gegenüber sitzt.
Ich nehme mir Zeit um mir Worte zurechtzulegen. Sollte ich es wagen und ihnen von Jenna erzählen?
„Ähm...meine Freundin.", mein Herz schlägt schneller und meine Hände schwitzen. Ich bin erleichtert, dass anscheinend niemand versteht, dass sie meine feste Freundin ist und nicht „eine" Freundin.
„Des is ja schee.", sagt meine Oma und schneidet Tante Ursel, die irgendetwas sagen wollte, das Wort ab. Ich bin erleichtert.

Nach weiteren zwei Stunden des gemeinsamen Familienessens schließe ich endlich die Tür auf. Ich habe einen Schlüssel zu Jennas Wohnung, natürlich weiß sie, dass ich komme. Nachdem mehrere Stunden permanent an mir herumgenörgelt wurde, brauche ich sie einfach.
„Hey, Jenna.", rufe ich und schließe die Tür hinter mir. Als ich dabei bin, meine Schuhe auszuziehen, steht sie plötzlich vor mir. Ihr Haar ist offen und sie trägt ein weites T-Shirt und eine Jogginghose.
„Hi, Baby. Wie gehts dir?", fragt sie ruhig und das Mitleid in ihrer Stimme ist nicht zu überhören.
Ich mache einen Schritt auf sie zu und umarme sie einfach nur, als ich ihren vertrauten Geruch und die Wärme einatme, die ihren Körper umgibt.
„Ich bin da.", flüstert sie und streichelt meinen Rücken.
„Aufs Sofa?", fragt sie. Ich sehe sie an und kann mit ein lächeln nicht verkneifen, weil sie einfach so süß ist. Ich küsse sie auf die Wange und lasse mich von ihr ins Wohnzimmer ziehen.
Wir lassen uns nieder und sie kommt nah neben mich und deckt uns zu.
„Also, erzähl."
Sie spielt mit meinen Haaren, während ich ihr die ganze Geschichte vom Familienessen erzähle.
Wie Tante Ursel und alle anderen auf mir herumgetrampelt sind- zumindest hat es sich so angefühlt.
„Ach y/n", seufzt Jenna als ich fertig bin.
„Ich weiß, wie das ist. Aber die sind es einfach nicht wert, die kommen aus einer ganz anderen Generation und können dich nicht verstehen.", sagt sie.
„Ich weiß...", ich reibe mir die Stirn.
„Aber irgendwo sind sie halt meine Familie.", das lässt sie innehalten, sie überlegt lange bevor sie antwortet und ihre braunen Augen beruhigen mich besser als jedes Schlafmittel.
„Ich glaube ehrlich gesagt, dass du dir deine Familie selbst aussuchen kannst. Familie können auch Freunde sein, oder Tiere. Wenn du nicht willst, musst du sie nicht sehen....Du bist an niemanden von denen gebunden oder ihnen irgendwas schuldig.", so habe ich die Sache noch gar nicht gesehen. Sie hat recht, was bin ich denen schon schuldig? Eher schulden sie mir was, dafür, dass sie mich schon so oft runter gemacht haben.
„Irgendwie hast du recht...", ich lächle und greife nach ihrer Hand, um sie zärtlich zu küssen.
„Du bist meine Familie.", flüstere ich und beobachte wie das Lächeln auf ihren Lippen immer größer wird.
„Du bist auch meine Familie.", flüstert Jenna und beugt sich näher zu mir, kurz bevor sie den letzten Abstand zwischen unseren Lippen überbrückt, flüstert sie:
„Ich liebe dich."
Als sie mich dann küsst, kribbelt es in meinem ganzen Körper und mein Herz klopft so schnell als würde es mit ihrem um die Wette laufen.
Ich seufze leise als ich ihre Zunge spüre, ihre Lippen, die so weich sind und sich so schön zu meinen ergänzen.
Ich vergrabe meine Hand in ihrem dunkelbraunen Haar und rücke noch näher an sie heran.
„Und du willst mit mir reisen?", kichert sie leise und unterbricht den Kuss.
„Ja, also...ähm...wenn du auch willst?", sage ich und lege eine Hand an ihre Wange.
„Natürlich will ich.", flüstert sie.
„Und Jenna...Ich liebe dich auch.", erwidere ich ihre Worte.
Erneut zieht sie mich in einen liebevollen Kuss.

-End

———

Hoffe ihr habt die paar Sätze auf Schwäbisch verstanden lmao

Jenna Ortega StorysWo Geschichten leben. Entdecke jetzt