60 - Brother

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Annabelle

Einige Wochen später war ich wieder daheim. Der letzte Morgen mit George war recht unspektakulär verlaufen, da er bereits in der Küche war, als ich aufgewacht war. Da mein Flieger schon zu Mittag ging, hatten wir uns verabschiedet und ich war gegangen. Allerdings gab es keinen weiteren Kuss oder Körperkontakt und ich wusste auch nicht, was ich von der Nacht halten sollte. Meine Angst war immerhin noch da und auch meine Panik gegenüber körperlichen Dingen, doch George verstand es. Wir hatten an einem der folgenden Abende noch länger telefoniert und alles geklärt und ich hatte ihm vergeben, wobei ich ihm auch mitteilte, dass ich aktuell nicht da weiter machen könne, wo wir aufgehört hatten. Immer wieder bekam ich auf Social Media Anfragen und Beleidigungen und auch unter Georges Bilder kommentierten die Leute, was für eine falsche Person ich nicht wäre. Jedoch hatte ich mich damit teilweise abgefunden und mied das Internet, so gut es ging. Meine Panikattacken hatte ich allerdings nach wie vor, doch ich hatte mir eine Psychologin gesucht, bei welcher ich bereits zwei Stunden hatte. Nächste Woche stand noch eine weitere an, danach hatte ich bis jetzt keine Termine mit ihr vereinbart. Aber ich wusste selbst, dass es einfach Zeit brauchte, wie auch schon damals. Heute stand jedoch etwas anderes am Plan, da mein Vater Geburtstag hatte und mein Bruder und ich zum Mittagessen eingeladen waren.

"Happy birthday, alles Gute zum Geburtstag!"

Freudig umarmte ich meinen Vater und überreichte ihm den Geschenkkorb, welchen ich mitgebracht hatte, ehe ich ins Vorzimmer trat. Rasch zog ich meine Schuhe und Jacke aus, bevor ich ihm ins Wohnzimmer folgte, wo bereits meine Mutter mit meinem Bruder saß. Ich begrüßte sie und fiel dann meinem Bruder um den Hals, welchen ich seit über einem Jahr nicht mehr gesehen hatte. Nachdem diese Sache damals passiert war, haben meine Eltern ihn ins Internat gesteckt und danach war er zum Studieren nach München gegangen, wo er auch aktuell mit seiner Freundin lebte. Aus diesem Grund sahen wir uns nicht all zu oft, doch er war immer eine Stütze in meinem Leben, auch in der schweren Zeit nach dem Umzug und allem. Zwar war er ein Jahr jünger, doch schon immer für mich da gewesen, wie ein großer Bruder.

"Anna, ich habe dich so vermisst."

Ich musste lächeln, als er mich mit meinem Spitznamen ansprach.

"Ich habe dich auch vermisst, Ben.", gab ich grinsend zurück und wartete gespannt auf seine Reaktion.

Da Annabelle und Benedikt viel zu lang für uns waren, hatten wir uns immer mit den gekürzten Versionen angesprochen und irgendwie war das über die Jahre geblieben. Als Jack mich das erste Mal so nannte, in Abu Dhabi, musste ich auch sofort an meinen Bruder denken. Lachend nahmen wir am Esstisch Platz und meine Mutter servierte das Essen. Es roch köstlich und sah fantastisch aus und wir begannen sofort zu Essen. Es war für eine Zeit still am Tisch, biss Benedikt das Wort ergriff.

"Ich habe gesehen, du warst letztens in Monaco für den Grand Prix, wie war's?"

Unsicher sah ich zwischen ihm und meinen Eltern hin und her. Ich hatte ihnen nichts von meiner Reise erzählt und sie besaßen auch kein Social Media, weshalb ich nicht wusste, ob sie über meinen Formel 1 Besuch im Bilde waren.

"Du warst bei der Formel 1?", fragte meine Mutter skeptisch und damit hatte ich meine Antwort.

"Ja, Emilia hat mich mitgenommen. Und Ben, das Rennen war zwar ein wenig chaotisch aber es war fantastisch."

"Wer hat denn nochmal gewonnen?", fragte Benedikt grinsend und zwinkerte mir vielsagend zu.

Er war halbwegs im Bilde, was zwischen mir und George passiert war und dass wir zusammen waren. Einerseits hatte er es auf Social Media gesehen und andererseits haben wir ab und an telefoniert, jedoch in letzter Zeit nicht mehr so häufig. Mein Bruder war ein vielbeschäftigter Projektmanager und gerade die vergangenen Monate hatte er mehr als genug zu tun, weshalb ein Telefonat nicht möglich war.

Lucky Charm | George RussellWo Geschichten leben. Entdecke jetzt