28. Schieferschwarz

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28. Schieferschwarz

Ich bin mir nicht ganz sicher, was mich letztendlich weckt: das goldene Morgenlicht, das durch die Scheibe des magischen Fensters in meine Unterkunft fällt und meinen Oberkörper wärmt, oder das Plätschern des Wassers aus dem Badezimmer. Als ich blinzelnd die Augen öffne, fällt mein Blick zunächst auf einen schmalen Streifen eines eisblauen Himmels. Dem halbhohen Stand der Wintersonne nach zu urteilen, ist es bereits Vormittag, was bedeutet, dass Granger und ich sowohl das Frühstück als auch das morgendliche Sporttraining verpasst haben.

Nun, ich werde mich nicht beschweren, denn ich habe wirklich hervorragend geschlafen.

Ich gähne herzhaft, strecke mich ausgiebig und schwinge die Beine aus dem Bett. Dann schlüpfe ich in meine Cargohose, bevor ich dem Geräusch des laufenden Wassers folge und das Badezimmer betrete.

Granger in meiner Dusche. Das ist ein Anblick, an den ich mich durchaus gewöhnen könnte. Ich greife blind nach meiner Zahnbürste und lehne mich mit der Hüfte gegen das Waschbecken, während ich sie betrachte.

Sie ist schön. Wieder ist das der erste und einzige Gedanke, der mir durch den Kopf schießt, als ich sie ausgiebig mustere. Ihr Haar mag nicht mehr so voluminös sein wie zu Schulzeiten, aber die neue Version gefällt mir ebenfalls ziemlich gut. Wenn sie den Kopf in den Nacken legt, so wie jetzt gerade, fällt es in dunklen, glänzenden Wellen bis über ihre Schulterblätter. Es lädt nur so dazu ein, die Hände darin zu vergraben. Zumindest rein theoretisch.

Als nächstes betrachte ich ihr Gesicht. Die genussvoll zusammengezogenen Augenbrauen, die sommersprossige, anmutig geschwungene Nase, die vollen Lippen, die sich zu einem kleinen, gefährlichen Grinsen verziehen, als sie mich vor der Duschkabine entdeckt. Ich fahre mit dem Zähneputzen fort und lasse meinen Blick weiter wandern. Schmaler Hals, zarte Schlüsselbeine, kleine, wohlgeformte Brüste, die vermutlich perfekt in meine Handflächen passen würden, wenn ich sie denn berühren dürfte. Es ist wirklich ein Jammer.

Und fuck. Ich bin noch nicht einmal richtig wach und schon wieder hart.

Rasch beuge ich mich vor und spucke die Zahnpasta ins Waschbecken, um mich abzulenken. Ich höre, wie Granger das Wasser abdreht und aus der Dusche tritt. Als ich mich wieder aufrichte, steht sie direkt vor mir und trocknet sich ungeniert und in aller Seelenruhe ab. Ich folge den langsamen Bewegungen des Handtuchs auf ihrer cremefarbenen Haut und verliere mich ein wenig in dem Anblick. Bis etwas ganz Bestimmtes meine Aufmerksamkeit weckt.

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„Was bedeutet das eigentlich?", frage ich geradeheraus.

Granger sieht an sich hinab.

Im Licht des Badezimmers bilden die schwarzen Buchstaben der Tätowierung auf der zarten Haut ihres Rippenbogens einen heftigen Kontrast. Sie antwortet nicht gleich, sondern trocknet langsam ihr Haar mit dem Handtuch, bevor sie dieses sorgsam weglegt. Ein paar einsame Tropfen lösen sich aus ihren Locken und sickern in den schönsten Rinnsalen an ihrem Körper hinab. Ich bin wehmütig, weil ich den glitzernden Spuren nicht mit den Fingerspitzen folgen darf.

„Es ist das Datum des Tages, an dem der Widerstand mich befreit hat", erklärt sie knapp.

Ah, Greyback.

„Warum?", hake ich vorsichtig nach und mache einen Schritt nach vorn, um die römischen Ziffern aus der Nähe zu betrachten. Am gestrigen Abend hatte ich weder den Kopf noch die Muße dafür. Dafür hat Granger ziemlich erfolgreich gesorgt.

„Seitdem bin ich die Frau, die ich jetzt bin", antwortet sie geistesabwesend. Ich sehe aus dem Augenwinkel, dass sie die Stirn runzelt. „Die alte Hermine Granger gibt es nicht mehr."

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