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Ich meine, meinen Namen noch gehört zu haben, als ich das Haus von Marius verlassen habe. Doch ich wollte und konnte mich einfach nicht umdrehen. Stehenbleiben war ebenfalls keine Option. Das einzige was ich wollte war so schnell es geht nachhause. Es ist schon ziemlich spät und dunkel. Zu meinem Bedauern habe ich keine Jacke mitgenommen. Also trage ich gerade nur einen Pulli bei Temperaturen von weniger als 5 Grad. Man merkt schnell, das der Winter schon so gut es geht da ist. Obwohl wir erst Ende Oktober haben, sinkt die Temperatur dieses Jahr wirklich schnell. Vielleicht haben wir ja Glück und an Weihnachten liegt mal wieder Schnee. Das hatten wir schon wirklich lange nicht mehr, und Schnee ist das was ich Liebe. Ein Weihnachten ohne Schnee, war für mich nie ein richtiges Weihnachten. Ich habe es geliebt, einfach im Schnee zu laufen. Jannis und ich haben früher als es noch fast jedes Jahr an Weihnachten geschneit hat, Schneeball schlachten gemacht. Wir hatten immer solch einen Spaß. Selbst wenn wir danach so durchgefroren waren, dass uns fast all unsere Zehen abgestorben wären.

Und wieder muss ich an Jannis denken. Ich vermisse ihn einfach. Und gerade jetzt könnte ich ihn wirklich gebrauchen. Doch selbst wenn wir miteinander reden würden, wüsste ich nicht, ob ich mit ihm über Julian reden kann. Er ist schließlich noch immer sein Bruder und das wird immer etwas sein, was zwischen mir und dem Gespräch mit ihm steht. Er war der einzige dem ich immer alles anvertrauen konnte. Der einzige der mir durch meine Probleme geholfen hat. Der einzige der mich überreden konnte, Dinge zu machen, zu denen ich keine Lust hatte. Der einzige, der für alles eine Lösung hat. Und jetzt kann ich nichtmal mit ihm sprechen.

Bereits 20 Minuten laufe ich alleine durch die Straßen von Dortmund. Es ist dunkel und ich sterbe gleich vor lauter Kälte. Mein Handy hat ebenfalls kein Akku mehr. Und nach weiteren 10 Minuten muss ich feststellen, dass ich mich verlaufen habe. Schon wieder.
Verzweifelt lasse ich mich an einer Bordsteinkante nieder. Es kann doch nicht sein, dass ich mich jedes verdammte mal in Dortmund verlaufe. Ich glaube ich sollte so langsam wirklich mal über eine Karte von Dortmund nachdenken, die ich immer bei mir führen kann. Mein Handy ist einfach schon so alt, dass der Akku gerade mal 4 Stunden hält. Die ganze Zeit schaue ich mich um und versuche zu überlegen, wo ich bin. In welche Richtung soll ich laufen? Links oder Rechts?
Irgendwann stehe ich auf und entscheide mich für den Linken Weg. Und zu meinem Glück komme ich an einem Park an, der garnicht so weit von meiner Wohnung entfernt liegt. Erleichtert laufe ich den Rest des Weges zu meiner Wohnung. Vor der Wohnung wollte ich gerade an meine kleine Tasche gehen, als ich bemerke, dass ich sie garnicht um habe. Na toll, sie liegt noch bei Julian im Auto. Ich könnte vor lauter Pech heute einfach los schreien. Das einzige was ich tun kann, um in meine Wohnung zu gelangen, ist entweder den Schlüsseldienst rufen, der im Übrigen viel zu teuer für mich ist und mein Handy ja so oder so nicht an geht, oder ich Klingel bei Jannis, damit ich meinen ersatzschlüssel bekomme. Den Ersatzschlüssel habe ich direkt als ich dort eingezogen bin Jannis mitgegeben, damit falls ich ihn mal vergessen sollte, mich nicht komplett ausgesperrt habe. Und genau so ist es jetzt auch. Ich überlege wirklich lange, ob ich bei Jannis klingeln soll oder nicht. Ich will ihn nicht wecken, falls er schon am schlafen ist. Aber ich will auch wirklich nicht länger hier in der Kälte stehen bleiben. Aber ich will ihm genauso auch seine Zeit geben und ihm jetzt nicht auch noch auf die Nerven gehen. Außerdem könnte Julian auch schon zuhause sein, zwar weiß ich es nicht genau, aber so lange wir ich gelaufen bin ist es wirklich sehr realistisch. Eine gefühlte Ewigkeit überlege ich. Immer wieder laufe ich zu dem Haus und stehe kurz davor zu klingeln, bis ich mich dann kurzerhand doch umentscheide und wieder umdrehe. Das ganze lief wirklich lange so. Doch als meine Finger dann irgendwann schon richtig kalt waren und nurnoch schmerzten, klingelte ich. Ich wusste wirklich nicht wer von den beiden mir lieber wäre um mir die Tür zu öffnen. Nervös stand ich da und wartete darauf, dass die Tür endlich aufging. Nach einer gefühlten Ewigkeit öffnete mir Marco die Tür. Überrascht und verwundert schaue ich ihn an.
„Oh Gott Marie, wir suchen dich seit zwei Stunden" entgegnet er mir direkt.
„Hey, ich wollte nur meinen Ersatzschlüssel holen" sage ich.
„Komm erstmal rein" sagt er und geht ein Schritt zur Seite. An ihm vorbei konnte ich sehen, wie Jannis, Julian und Marius im Wohnzimmer standen.
„Marie wo warst du? Wir haben uns Sorgen gemacht" entgegnet mir Marius.
„Bin nachhause gelaufen, hab meinen Schlüssel in Jules Auto und bin jetzt hier nur um meinen Ersatzschlüssel zu holen" antworte ich knapp.
„Du warst länger als zwei Stunden draußen bei der Kälte ohne Jacke?" fragt Jannis.
„Jap hab mich mal wieder verlaufen. Also kann ich jetzt meinen Schlüssel haben?" frage ich genervt, da ich so langsam wirklich einfach nur ins Bett will.
Jannis geht an irgend einem Schrank und kramt den Schlüssel heraus. Anschließend drückt er ihn mir in die Hand.
„Danke" sage ich und verlasse direkt wieder das Haus. Julian schaute mich die ganze Zeit nur entschuldigend an, dich darauf reagierte ich erst garnicht.
Mein Bett ist das einzige was ich jetzt will.

ComplicatedWo Geschichten leben. Entdecke jetzt