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Julian war den Rest der Fahrt ziemlich nervös. Ich glaube er hatte wirklich Angst um seine Küche. Oder besser gesagt um sein ganzes Haus. Ich hatte Jannis schon so oft Versucht das Kochen bei zu bringen, doch immer wieder machte er die selben Fehler. Nichtmal Nudeln kann er kochen. Eigentlich wäre er die letzten Jahre verhungert oder hätte Unmengen an Geld ausgegeben, denn ich bin mir ziemlich sicher, dass er sich jeden Tag irgendwo was geholt hätte.
„Julian fahr langsamer!" schreie ich ihn an. Er rast durch die Straßen wie ein bekloppter.
„Julian es ist mein Ernst, wenn du jetzt nicht langsamer fährst, fahre ich nie wieder mit dir mit" meckere ich lautstark noch mehr, da ich wirklich Panik bekomme. Ich konnte es noch nie leiden schnell mit dem Auto zu fahren. Ich habe immer vor Augen, dass irgendetwas passiert.
„Bleib ruhig babe, ich hab nur Angst um meine Küche" sagt er lachend und schaut kurz zu mir rüber.
„Julian!!" schreie ich laut.
Das nächste was ich hörte war ein lauter Knall. Ich versuchte meine Augen zu öffnen. Ich verspürte schmerzen. Meine Augen waren zu schwer, ich war zu schwach. Einige Minuten war ich bewusstlos. Umgeben von Rettungskräften kam ich langsam wieder zu Bewusstsein. Ich hörte das sie mit mir sprachen. Ich konnte jede Kleinigkeit verstehen. Ich wollte ihnen Antworten. Ich versuchte es so sehr, doch es klappte nicht. Plötzlich konnte ich auch Julians Stimme wahrnehmen. Er klang Ängstlich. Er hatte geweint, dass konnte ich hören. Ich wollte mich bewegen.
„Marie, sie dürfen sich keinesfalls bewegen. Wir holen sie jetzt hier raus" sagte einer der Rettungshelfer, ehe ich mein Bewusstsein erneut verlor. Was danach alles geschah kann ich nicht sagen. Ich weiß nicht genau wieso dieser Unfall passiert war. Julian wurde langsamer mit dem Auto. An seiner Schnelligkeit kann es eigentlich nicht gelegen haben. Es ging alles einfach so unfassbar schnell.
Orientierungslos wurde ich in der Notaufnahme wach. Doch wirklich lange war es nicht. Es fühlte sich an wie Sekunden. Ich schaute mich um. Ich war an Geräte gestöpselt. Plötzlich fingen diese wie wild an zu piepen. Danach war ich bereits erneut bewusstlos.
Das nächste woran ich mich erinnere war meine Mutter, die weinend an meinem Bett saß, mein Vater neben ihr, versucht ihn zu beruhigen.
Ich wollte sprechen, doch verspürte einen Schmerz in meinem Hals. Ich konnte so gerade eben meine Augen bewegen. Langsam, wirklich langsam versuchte ich meine Hand auf die meines Vaters zu legen. Es war das einzige, um auf mich aufmerksam zu machen. Ich hatte Panik, ich wusste nicht was passiert war. Meine Hand zitterte. Lediglich mein Finger berührte die Hand meines Vaters. Er schreckte auf und sah mich. Danach rannte er direkt in den Flur. Er schrie etwas, ich konnte aber nicht verstehen was es war. Mit meinem Vater kamen viele weitere in mein Zimmer gerannt. Ich konnte alles nur ganz dumpf hören. Zuerst wurde mir der Druck in meinem Hals entfernt, ich hatte nämlich einen Schlauch drinnen, um Beatmet zu werden. Der Arzt und die Schwestern sprachen mich mehrfach an, dich ich war einfach zu Orientierungslos. Ich konnte nichts antworten geschweige denn aufnehmen. Ich verstand alles ganz dumpf. Kein einziges Wort verstand ich richtig, es hörte sich alles wie Nuscheln an. Der Arzt kontrollierte mehrfach meine Motorischen Fähigkeiten. Meine Augen konnte ich bewegen. Alles andere nicht. Es war ein Wunder das ich es vorhin geschafft hatte meine Hand nur einen Millimeter zu bewegen. Langsam bekam ich immer mehr Angst. Ich steckte in einem Körper fest, der sich nicht wie mein eigener angefühlt hat. Aus meinen Augen kullerten die ersten Tränen. Vor lauter Angst bekam ich immer weniger Luft. Der Arzt versuchte mich zu beruhigen, doch es klappte nichts. Erst als ich ein Beruhigungsmittel bekommen hatte, schlief ich ein. Es ist einer der schlimmsten Erfahrungen die man haben kann. Niemanden auf der ganzen Welt wünsche ich sowas. Ich habe einfach nur Angst, Angst verletzt zu sein, Angst nie wieder Dinge zu tun die ich mag, Angst zu sterben. Und ich habe Angst um Julian. Ich weiß nicht wie es ihm geht, ob er auch hier im Krankenhaus liegt. Ob er noch lebt oder gestorben ist. Das letzte mal als ich ihn gesehen habe stand er weinend am Unfallort neben mir. Ich hoffe das es nicht das letzte mal gewesen ist.

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