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„Du Mats, bitte erzähl niemanden, dass du mich hier in München getroffen hast" bitte ich den braunhaarigen.
„Wenn du das so willst. Aber sag mal, wieso bist du überhaupt so plötzlich weggegangen?" fragt er mich, nachdem er es sich ebenfalls auf der Couch bequem gemacht hat. Ich musste hart schlucken. Ein Kloß bildete sich in meinem Hals und mir stiegen auch schon langsam die Tränen in die Augen. Cathy bemerkte es und legte eine Hand auf meine Schulter.
„Was auch immer passiert ist, du musst es nicht erzählen wenn du nicht möchtest" spricht sie mir zu.
Ich schaute nach oben und versuchte die Tränen weg zu blinzeln. Nachdem ich einmal tief Luft geholt hatte, Puste ich diese fest aus.
„Ich war schwanger und habe es verloren" kam es brüchig über meine Lippen.
„Ich musste einfach raus, weg aus Dortmund. Ich konnte dort nicht mehr bleiben" erkläre ich weiter.
„Weißt du, ich glaube du bist nicht die einzige die damit zu kämpfen hat" sagt Mats und mein Kopf schellt sofort in seine Richtig.
„Wie meinst du das?" frage ich.
„Naja, seit du weg bist, ist Jule wirklich unkonzentriert. Er hat sogar seinen Stammplatz verloren." erklärte er mir.
Mats hatte eins und eins zusammen gezählt. Er wusste direkt das Julian der Vater gewesen wäre.
Und jetzt zu hören, dass es ihm ebenfalls so schlecht geht, lässt den Knoten in meiner Magengegend schmerzhaft werden.
„Warte, du warst mit Julian Brandt zusammen?" fragt Cathy schockiert. Ich nickte nur, da ich kein Wort mehr heraus bekam.
„Ich kann mir garnicht vorstellen wie du dich fühlst. Es tut mir so leid das du so etwas erfahren musstes" meint Cathy und legt ihre Hand auf meinem Oberarm.
„Vielleicht wäre es gut, wenn ihr mal zusammen redet. Ihm geht es wirklich schlecht. Der BVB ist sogar am überlegen, seinen Vertrag nicht zu verlängern" meint der braunhaarige.
„Ich weiß nicht ob ich das kann. Ich bin nach München gegangen um alles hinter mir zu lassen. Cathy hat mir sogar einen Job beim FC Bayern München besorgt" antworte ich.
„Ich will einfach nicht das jemand weiß wo ich bin, zumindest jetzt noch nicht. Ich muss das alles erstmal für mich verkraften" füge ich noch hinzu.
„Und wie willst du das machen? Spätestens in zwei Wochen werdet ihr euch über den Weg laufen" meint Cathy.
„Wieso ?" frage ich irritiert.
„Wir spielen in zwei Wochen hier in München" meint nun Mats. Und wieder bildete sich ein Knoten in meinem Magen. Und schlecht wurde mir auch noch. Ich kann ihn noch nicht sehen. Ich schaffe das einfach nicht. Alles wird mich an die Fehlgeburt erinnern. Ich brauche einfach mehr Zeit. Ich weiß, dass ich die Fehlgeburt niemals komplett vergessen und abschließen kann. Ein kleiner Teil in meinem Herzen wird für immer gebrochen sein. Doch ich muss es wenigstens versuchen. Ich muss die ganze beschissene Zeit hinter mir lassen. Und das schaffe ich nur alleine. Es tut mir im Herzen weh, zu hören, dass es Julian anscheinend ganz schön beschissen geht. Es tut mir leid, dass ich nicht für ihn da sein kann. Meine Gefühle für ihn haben sich nicht geändert. Und das wird vermutlich auch noch eine lange Zeit in Anspruch nehmen. Das ich Jannis in zwei Wochen wieder sehen werde, stimmte mich nicht ganz so traurig. Er ist für mich nach wie vor ein wichtiger Mensch. Auch nach all dem was passiert ist, vermisse ich ihn. Und Julian auch. Doch wenn ich mit Jannis wieder Kontakt aufnehmen würde, würde es nicht lange dauern bis er und sein Bruder vor meiner Tür stehen.
„Marie Hallo?" holt mich Cathy zurück in die Realität. Ich war so in meinen Gedanken versinken, dass ich nicht einmal bemerkt hatte, dass die beiden mir eine Frage gestellt hatten.
„Ich ähm ja was ist denn?" frage ich nach.
„Wir haben dich gefragt was du tun wirst?" erklärt sie mir.
„Ich weiß es nicht. Ich schätze ich werde arbeiten müssen." antworte ich.
„Wirst du dann mit ihm reden?" fragt Mats nach.
„Keine Ahnung. Ich weiß gerade einfach nichts mehr" sage ich und lasse mich seufzend nach hinten fallen.
„Nun, ich werd niemandem erzählen das du hier bist. Aber tu mir den Gefallen und rede mit ihm. Es muss nicht jetzt sofort sein, doch ihr habt beide einen schweren Verlust erlitten, nicht nur du" sagt er und schaut mich durchdringlich an, ehe er sich noch verabschiedet und uns alleine lässt.
„Cathy, sei mir nicht böse. Ich werd auch nachhause gehen" sage ich nachdem sie wieder ins Wohnzimmer gekommen ist. Sie hatte Mats noch bis zur Tür begleitet. Ich finde es so beeindruckend, was für ein gutes Verhältnis die beiden haben. Und zumindest weiß ich jetzt auch, wie sie sich dieses Haus leisten kann.
„Hey, ich bin dir nicht böse. Du kannst dich jederzeit bei mir melden ja?" sagt sie und ich nicke. Noch einmal zieht sie mich in eine enge Umarmung, ehe wir uns lösen und ich mich auf dem Weg zur Haustür mache. Nachhause bin ich gelaufen. Es war zwar ein gutes Stück, doch ich brauchte einfach die Frische Luft, um wenigstens wieder ein bisschen klar denken zu können. Zuhause angekommen überrollte mich alles was ich erfahren hatte und etliche Tränen rollten meinem Gesicht herunter. Keine Ahnung wie lange ich geweint hatte, doch als ich auf die Uhr schaute, war ich ziemlich erschrocken. 23 Uhr zeigte diese und ich wusste, dass es besser wäre jetzt schlafen zu gehen. Wenn das nur so einfach wäre. Die halbe Nacht lag ich wach und dachte über alles möglich nach. Immer wieder glitt meine Hand über meinen Nackten Bauch. Ich konnte nicht aufhören an dieses Baby, nein mein Baby, zu denken. Ich hätte zum jetzigen Zeitpunkt schon mehr als die Hälfte der Schwangerschaft geschafft. Normalerweise hätte ich in wenigen Wochen mein Kind auf die Welt gebracht. Doch anscheinend sollte dies nicht so sein.

ComplicatedWo Geschichten leben. Entdecke jetzt