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In der Tiefgarage warte ich nun schon über eine Halbe Stunde. Nach und nach kommen die Münchener in die Tiefgarage und fahren nachhause. Lediglich Joshua lässt ganz schön lange auf sich warten. Auch der Mannschaftsbus vom BVB steht noch hier. Dort ist allerdings noch niemand eingestiegen. Mit meinem Handy beschäftige ich mich, um gelangweilt auf Joshua zu warten. Es ist wirklich dumm von mir gewesen. Ich hätte ihm einfach sagen sollen, dass ich mit dem Bus nachhause fahre. Zwar wäre ich dann jetzt noch unterwegs, aber mit Sicherheit früher zuhause als mit ihm.
Seufzend lege ich meinen Kopf in den Nacken, als sich plötzlich zwei starke Arme um mich binden. Erschrocken ziehe ich scharf die Luft ein und drehe mich um.
„Hey Marie, Joshua braucht noch etwas, ich soll dich nachhause fahren." erklärte mir mein gegenüber.
„Mein Gott Leon, erschreck mich doch nicht so" lachte ich leicht. Für mich war es nichts Neues, dass die Spieler mich umarmen. Die hier in München waren alle wesentlich offener.
„Sorry" lachte er.
„Übrigens Glückwunsch zur Meisterschaft" lächelte ich den großen vor mir an.
„Danke, übrigens wollte ich dich noch etwas fragen" sagte er und kratze sich verlegen am Hinterkopf.
„Klar, schieß los" sage ich und schaue ihn aufmerksam an.
„Würdest du mal mit mir was essen gehen oder einfach nur-" fing er an, doch wurde durch ein lautes Gebrüll unterbrochen.
„Marie!" hörte ich meine Stimme rufen. Ruckartig bewegte sich mein Kopf in die Richtung der schwarz gelben Spieler, die alle samt auf mich zu kommen.
„Man wir dachten dir wär was passiert" entgegnet mir Marco und nimmt mich in den Arm.
„Was trägst du da überhaupt" sagt Marius mit hochgezogener Augenbraue.
„Arbeitskleidung" antworte ich.
„Du haust bei uns ab um für die zu arbeiten ?" fragt Ming Gregor.
„Es hatte nichts mit der Arbeit zu tun warum ich Dortmund verlassen habe" sage ich und schaue mich ein wenig um, um hier einen Ausweg aus der Situation zu finden. Leon stand noch immer neben mir und schaute mich an.
Ich fühle mich gerade ziemlich unwohl.
„Wir wollen den Sieg gleich noch feiern, magst du mitkommen?" fragt mich Leon und legt seine Hand auf meinem Oberarm ab. Stirnrunzelnt betrachten die Jungs seine Berührung. Ich stand in irgendeiner schick starre und wusste nicht was ich tun soll. Alle schauten mich durchdringlich an. Als mich plötzlich jemand von der Seite zu sich zieht, war ich wieder im hier und jetzt.
„Marie alles gut bei dir? Du siehst nicht gut aus" entgegnet mir Cathy.
„Ich weiß nicht. Mir ist das gerade einfach alles zu viel" antworte ich mit brüchiger stimme.
Und als könnte es nicht noch schlimmer werden, kamen Jannis und Julian auf mich zu gelaufen. Mein Kopf schellte sofort in die Richtung der beiden.
„Du musst nicht mit ihnen reden wenn du es nicht willst. Ich kann dich auch nachhause fahren" erklärte sie mir.
Diese Situation war mir gerade einfach zu viel. Ich hatte das Gefühl von allen beobachtet zu werden. Hinzu kam noch Leon, der noch immer auf eine Antwort von mir wartet. Ich drehe mich einmal um, um ihn in die Augen zu schauen.
„Tut mir leid Leon, aber ich-" fange ich brüchig an und schaue die ganze Zeit in die Richtung der beiden Brüder.
„Ich versteh schon, mach dir keinen Kopf. Soll ich dich trotzdem noch nachhause fahren?" fragt er.
Ich schüttelte nur mit dem Kopf. Er zog mich nochmal in eine Kurze Umarmung und verabschiedet sich somit von mir. Als ich mich wieder zu Cathy umdrehen wollte, stand allerdings nicht sie, sondern Jannis direkt vor mir und schloss mich in seine Arme. Instinktiv fing ich an zu weinen. Ich weiß nicht woher es plötzlich kam, doch es fühlte sich irgendwie gut an. Als ich Jannis ein wenig von mir weg stoße, wische ich mir ein wenig über die Augen. Julian stand direkt hinter ihm und sah noch immer nicht gut aus. Ich wollte etwas zu ihm sagen. Doch ich konnte nicht. Wieder füllten sich meine Augen mit Tränen. Ohne ein Wort zu sagen zog er mich fest an seine Brust. Eine gefühlte Ewigkeit dauerte es, bis wir uns beide voneinander lösen. Er legte seine Hände auf meine Wangen und wischte mir meine Tränen aus dem Gesicht. Ich schaue ihm tief in die Augen. So oft hatte ich mich in ihnen schon verloren und genau das geschah nun auch. Nurnoch vereinzelte Tränen machten sich auf meinem Gesicht breit.
„Julian ich" stotterte ich.
„Pshht, alles ist gut Sonnenschein" sagte er und strich mit seinem Daumen liebevoll über meine Wange. Ein Kribbeln machte sich in mir breit, ehe er all seinen Mut zusammen nahm und mir einen federleichten Kuss auf den Mund gab. Anschließend zog er mich wieder nah an seine Brust. Wie von selbst schlingen sich meine Arme um seinen Körper. Ich wusste nicht was das hier gerade zu bedeuten hatte. Unterbewusst nahm ich noch wahr, wie die anderen sich langsam von uns entfernten und wir somit alleine da standen. Minuten vergingen, indem mein Herz immer mehr Schläge von sich gab. Seine Nähe tat gut. Sein Duft beruhigte mich sofort.
„Was hast du jetzt noch so vor?" fragte Julian leise und Strich mir immer wieder behutsam über den Rücken.
„Eigentlich nichts." antworte ich ebenso leise.
„Dann lass uns was essen gehen. Erst übermorgen fahren wir zurück nach Dortmund" erklärte er mir.
„Ich weiß nicht so recht" sage ich.
„Komm schon Marie. Wir sollten wirklich miteinander reden. Meine Gefühle haben sich in keinem Stück geändert" sagt er und schaut mir dabei tief in die Augen. Ich nicke nur als Antwort und löse mich dann von ihm.
„Ich schreibe dir gleich wo wir uns treffen ja?" erklärt er mir.
„Dafür brauchst du aber erstmal meine neue Nummer" antworte ich und hole mein Handy heraus, um ihm eine Nachricht zu schicken. Seine Nummer hatte ich natürlich noch, doch meine hatte niemand aus Dortmund. Er nahm mich nochmal fest in den Arm, ehe er mir ein „Ich freu mich auf später Sonnenschein" zu flüstert und sich dann auf dem Weg zum Mannschaftsbus macht. Ich hatte mich dann dafür entschieden, mit dem Bus zu fahren, da Leon ja eh bereits weg war und Joshua vermutlich noch Stunden brauchen würde. Den ganzen Weg nachhause konnte ich allerdings an nichts anderes denken als das Treffen mit Julian, welches mir bevorsteht.

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