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Seit knapp 18 Wochen lebe ich nun in München. Glücklicherweise konnte ich die Prüfungen in einer Uni hier in der Gegend absolvieren. Es war zwar ein hin und her, doch letztendlich hat es geklappt. Ich habe bestanden. Die ersten Wochen lebte ich noch in dem Hotel, doch ich wusste, dass dies nicht auf Dauer sein kann, daher habe ich mich auf die Suche nach einer Wohnung gemacht. Durch das Schmerzensgeld von dem Unfall brauchte ich mir auch keine Sorgen über die Miete machen. Da ich nichts außer ein paar alte Klamotten aus meiner alten Wohnung mitgenommen hatte, musste ich mir alles an Möbel neu anschaffen. Ich muss zugeben, Zeit nur für sich zu haben tut gut, doch auch das muss mal ein Ende haben. Durch eine Freundin, die ich vor fast drei Monaten hier kennen gelernt habe, habe ich einen Job gefunden, den ich nächste Woche antreten werde. Eine Wiche nachdem ich stürmisch aus Dortmund geflüchtet war, schrieb ich Kim sowie Jannis eine Nachricht.

Hallo Kim. Es tut mir leid das ich mich so lange nicht bei dir gemeldet habe. Ich musste einfach raus. Mir geht es soweit gut. Ich muss jetzt erstmal alles verarbeiten. Ich hoffe du verstehst es und wir bleiben bald weiterhin in Kontakt.
~Marie

Die Nachricht an Kim hatte ich eben recht kurz verfasst. Ich wusste auch nicht genau was ihr ihr alles schreiben könnte. Das sie die Nachricht gelesen hatte, bekam ich mit, doch eine Antwort darauf erhielt ich nicht. Es stimmte mich ein wenig traurig, doch ich verstand es. Schließlich bin ich einfach ohne etwas zu sagen abgehauen.

Hallo Jannis. Ich weiß es kommt plötzlich das ich dir schreibe. Bitte macht euch keine Sorgen um mich, mir geht es soweit Okey. Sei für Julian da, ich schaffe es nicht. Ich muss selber erstmal alles verarbeiten. Ich werde in näherer Zukunft erstmal nicht zurück kommen. Bitte versteht das. Ich brauche einfach Zeit, Zeit einfach nur für mich. Daher bitte ich dich, Julian zu sagen, dass er mir nicht mehr schreiben soll. Gebt mir einfach die Zeit die ich brauche, um wieder klar denken zu können. Ob ich überhaupt wieder zurück komme kann ich noch nicht sagen. In Dortmund erinnert mich einfach alles an mein Kind, und das schaffe ich derzeit einfach nicht. Bitte seit mir nicht Böse.
~Marie

Jannis hatte mir in Sekunden schnelle geantwortet. Er fragte natürlich wo ich sei. Doch darauf gab ich ihm keine Antwort. Ich ließ die Nachricht ohne eine Antwort stehen, und auch drei weitere die folgten. Eine Stunde später bekam ich auch noch eine Nachricht von Julian, doch diese wollte ich einfach nicht lesen. Ich löschte sie, ohne nur einen Blick drauf zu schauen. Irgendwann wird er es vielleicht verstehen.

Mittlerweile begab ich mich sogar jeden Morgen in meine Laufschuhe und lief eine Stunde durch den Park. Es fühlte sich einfach gut an. Ich konnte den Kopf von allem frei bekommen. Auch heute bin ich wieder eine Runde Joggen gewesen. Gerade aus der Dusche gekommen, mache ich mich fertig, da ich mich gleich mit Ann treffe. Cathy, habe ich vor ein paar Wochen in einem Café kennengelernt. Wir hatten uns nett unterhalten, nachdem mir ihr Kaffee und ihr meiner gebracht worden war. Wir tauschten an diesem Tag direkt Nummern aus und trafen und dann mal öfter. Vor einer Woche hatte sie mir dann den Job besorgt, da sie echt viele Leute kennt. Anfangs war ich nicht so begeistert von dem Job, doch mittlerweile bin ich einfach froh ab nächster Woche überhaupt etwas machen zu können.

„Hey du" begrüße ich meine Freundin.
„Hey Süße, na wie gehts dir?" fragt sie direkt mit einem breiten Grinsen.
„Ganz gut soweit. Wo hast du denn den kleinen Heute gelassen?" frage ich nach. Ann ist Mutter von einem Sohn. Sie lebt zwar nicht mehr mit ihrem Ex-Mann zusammen, doch fährt immer noch regelmäßig mit ihm in den Urlaub. Es ist wirklich schön zu hören, dass die beiden trotz ihrer gescheiterten Ehe immer so gut miteinander sind. Sie hatte mir erzählt, dass er wohl auch garnicht mehr hier in München lebt. Wo genau er jetzt ist weiß ich nicht, doch so wie ich es mitbekommen habe, kommt er regelmäßig her um Zeit mit seinem Sohn zu verbringen.
„Sein Vater hat ihn heute morgen abgeholt und bringt ihn später wieder vorbei" lächelte sie mich freudig an.
„Na dann, wollen wir direkt was bestellen?" frage ich nach.
„Hab ich schon gemacht, ein Cappuccino war doch richtig oder?" fragte sie.
„Na klar, du bist ein Schatz" antworte ich lächelnd. Eine Ewigkeit hatten wir uns im Café einfach unterhalten, bis wir die Zeit vergessen hatten. Ein Blick auf die Uhr sagt, dass es bereits 18 Uhr war und Cathy nachhause müsste, da ihr Sohn gleich wieder kommt.
„Magst du vielleicht noch mit kommen? Dann könnten wir noch ein Wein bei mir trinken" fragt die Brünette mich grinsend.
„Gerne" nicke ich und bezahle die Getränke. Mit ihrem Auto fuhren wir dann also zu ihr. Es ist nicht das erste mal, dass ich bei Cathy zuhause war. Doch jedesmal fragte ich mich, wie sie sich so ein großes und luxuriöses Haus leisten konnte. Ich mein, dass was ich so von ihrer Arbeit mit bekommen hatte, würde ja nicht für solch ein Haus reichen. Doch nachfragen war mir auch zu blöd, also schwieg ich lieber.
„Setzt dich schonmal" sagt sie und zeigt auf die riesige Eckcouch. Nachdem ich mich gesetzt hatte, konnte ich die Klingel vernehmen.
„Mamiiii" war das Geschrei ihres Sohnes, welches mich als Nächstes erreichte.
Kurz später vernahm ich mehrere Schritte hinter mir.
„Oh ich wusste nicht das du Besuch hast, ich geh ruhig wieder" hörte ich eine Stimme, die ich schon wenige Male gehört hatte. Sofort drehte ich meinen Kopf um und schaue in das Gesicht des Braunhaarigen.
„Marie?" fragt er verwirrt.
„Mats was machst du in München?" frage ich genau so verwirrt und stehe auf. Mats nimmt mich in den Arm, um mich zu begrüßen.
„Ich habe Zeit mit meinem Sohn verbracht" erklärt er und zeigt auf den Jungen, der an Cathys Fuß klebt.
„Ihr kennt euch?" fragt nun Cathy.
„Ja, Marie hat vor ein paar Monaten noch beim BVB gearbeitet. Bis sie dann kurzerhand verschwunden ist und niemand etwas wusste" erklärt er. Das hat mir gerade noch gefehlt. Ich wollte doch nicht, dass jemand weiß wo ich bin. Ich wollte nur für mich sein und neu anfangen.

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