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Das erste Spiel vom FC Bayern München bei dem ich arbeiten muss. Ausgerechnet das letzte dieser Saison. Und es war auch noch so spannend. Gegen Borussia Dortmund. Es ging um den ersten Platz. Um die Meisterschaft. Seufzend lege ich meinen Kopf in den Nacken, als ich gerade dabei war mir einen Kaffee zu machen. Doch die Kaffeemaschine spinnt mal wieder. Seit dem aufeinandertreffen mit Mats habe ich mehrfach überlegt, ob ich Jannis oder Julian schreiben sollte. Ich wusste nicht wie sie reagieren würden, wenn sie mich bei dem heutigen Spiel plötzlich sehen. Immer wieder tippte ich Zeilen ein, doch löschte sie letztendlich wieder. Sogar einen Brief hatte ich an Julian geschrieben, ich gab ihm all meine Gefühle dort drin preis. Doch abgeschickt habe ich ihn nicht. Er ruhte genau so wie andere Sachen die ich noch von Julian hatte, in einer Kiste, die in der letzten Ecke meines Kleiderschrankes ruhte.

Nachdem ich die Kaffeemaschine zum hundertsten Male angedrückt hatte, machte sich ein freudiges Grinsen auf meinem Gesicht breit, als sie tatsächlich anfing, das braune Gold herzustellen. Ich frühstückte noch schnell etwas und trank genüsslich meinen Kaffee, ehe ich mich auch schon fertig machte. Der FC Bayern war etwas penibel was der Kleidung der Mitarbeiter anging. Ich musste ein Rotes Trikot tragen, welches mir zur Verfügung gestellt wurde. Dazu bekam ich noch eine schwarze enge Jogginghose mit dem Logo des Vereins. Außerdem musste ich noch eine Cap tragen, die ebenfalls das Logo groß darstellte. Nachdem ich all die Klamotten an hatte, betrachte ich mich einmal im Spiegel. Ich fühlte mich in diesen Klamotten wirklich fehl am Platz. Viel lieber würde ich jetzt das Trikot von Julian tragen. Viel lieber würde ich den BVB meine Unterstützung zeigen. Doch genau das war mir nicht möglich. Insgeheim hoffe ich Natürlich, dass der BVB das heutige Spiel ausmachen würde. Doch Nachdem ich gestern Abend einen Bericht gelesen hatte, verflog die Hoffnung auch schon wieder. Nico, Karim und Donny sind verletzt. Das bedeutet, dass der BVB auf drei sehr gute Spieler verzichten muss. Fertig angezogen mache ich mich auf dem Weg zu meiner Wohnungstür. Diese ziehe ich hinter mir zu. Da ich die Jungs bereits diese Woche kennengelernt hatte, stellte sich Joshua Kimmich bereit, mich mit zum Stadion zu nehmen. Unten vor meinem Haus musste ich auch nur 2 Minuten warten, ehe er mit seinem Auto vor mir hält.
„Hey" begrüßte ich ihn, nachdem ich mich auf den Beifahrersitz fallen gelassen hatte.
„Steht dir das Trikot" grinste er und fuhr los. Ich nahm seine Anmerkung einfach so hin ohne etwas darauf zu erwidern. Am Stadion angekommen, parkte er das Auto in der Tiefgarage. Gemeinsam betreten wir das Stadion, wobei wir uns nach wenigen Metern auch schon trennten, da ich in eine komplett andere Richtung wie er musste. Mit meinen Arbeitskollegen besprachen wir heute schonmal alles. Ich wurde hinterm Tor am Gästeblock eingeteilt. Meine Aufgabe bestand darin, jede einzelne Minute mit der Kamera aufzunehmen. Im Falle eines Tores, musste ich schnell reagieren und dieses auf Twitter posten. Auf Instagram und Facebook kümmerten dann die anderen sich, doch es wird sich um genau die selben Post handeln, da sie meine quasi einfach kopieren. Nachdem die Besprechung zu Ende war, ging ich nochmal in den Mitarbeiter Bereich und holte mir etwas zu trinken. Als sich das Stadion langsam füllte, fing mein Herz an zu rasen. Ich hatte den ganzen Tag lang verdrängt, dass ich Julian heute wieder sehen muss. Mir stieg die Angst und Nervosität schon fast zu Kopf. Meine Hände fingen an zu zittern, als ich hörte wie der Gästeblock am ausrasten war. Auf den Riesen Leinwänden wurde ausgestrahlt, wie die BVB Spieler gerade den Mannschaftsbus verlassen und die Alianz Arena betreten. Der Gästeblock übertönte sehr klar die auspfiffe der Heim Fans, was mich ein wenig grinsen lies. Doch kurz danach kam die Nervosität auch schon wieder. Mit zittrigen Händen stelle ich mein trinken wieder weg. In einer viertel Stunde müsste ich mich schon auf meine zugewiesene Position bewegen, da auch das aufwärmen mit auf der Kamera sein soll. Nervös fahre ich mir durch die Haare und ziehe mir meine Cap mehr nach unten ins Gesicht, ehe ich mich auf den Weg mache. Meine Knie fingen ebenfalls an zu zittern. So näher ich mich meiner Position witme, desto schneller schlägt mein Herz.
Dort angekommen, positioniere ich die Kamera richtig, um alles was auf dem Spielfeld passiert aufnehmen zu können.
Von weitem konnte ich zwei Männer sehen, die genau in meine Richtung laufen. Den einen konnte ich definitiv als Jannis erkennen. Der andere ist wohl ein Arbeitskollege von ihm.
Noch ein letztes Mal ziehe ich mir meine Cap herunter, um nicht erkannt zu werden. Anschließend witme ich mich wieder meinen Aufgaben. Durch laute Pfiffe schallt mein Kopf nach oben. Die Spieler des BVBs kamen aufs Spielfeld gelaufen, um sich warm zu machen. Sofort konnte ich Julian erkennen. Von weitem konnte ich seine Augenringe erkennen. Ihm muss es wirklich schlecht gehen. Sein Anblick versetzte mir einen Stich ins Herz. Es tat wirklich weh ihn so zu sehen, und das alles nur meinetwegen. Weiter konzentriert auf meine Arbeit, bemerke ich nicht, dass ein Ball auf mich zugeflogen kommt. Nachdem mich dieser ganz schön heftig am Arm getroffen hatte, reibe ich mir dort drüber. Im Augenwinkel konnte ich vernehmen, dass jemand auf mich zu gejoggt kam.
„Tut mir voll leid, der sollte eigentlich woanders hin" entgegnet mir mein gegenüber und ich nahm den Kopf ein wenig hoch. Ich war erleichtert, da es sich um Mats vor mir handelte.
„Marie?" sagt er etwas lauter als ich wollte.
„Pshhhht. Mats, noch hat mich keiner gesehen und das soll auch so bleiben" sprach ich zu ihm.
„Alles klar, aber glaubst du wirklich das du dich hier verstecken kannst? Jannis steht keine zehn Meter neben dir" zog der braunhaarige eine Augenbraue hoch.
„Irgendwie klappt das schon" sage ich und scheuche ihn zurück auf den Platz, bevor ich mir die Cap zum gefühlt hundertsten Mal ins Gesicht ziehe. Die Fans hinter mir fingen an die Bayern Spieler auszupfeifen, als diese auf den Platz kamen. Und genau da fing meine Arbeit an. Ich stellte mich hinter die Kamera und versuchte so gut wie möglich alles mit aufzunehmen. Als die beiden Teams sich dann wieder Richtung Spielerinnen bewegen, Puste ich einmal heftig aus. Julianne Hannis  hatten mich bisher noch nicht erkannt, und das sollte auch so bleiben.

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