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Als mein Wecker klingelte, wurde ich wach. Ich schrieb Julian eine kurze Nachricht.

Guten Morgen Juli. ☀️
Ich werd mich jetzt etwas Frisch machen und komme dann zu euch rüber. Bis gleich 😴

Eine Antwort bekam ich natürlich nicht. Das hätte ich mir aber auch denken können, da Julian sein Handy morgens garnicht in die Hand nimmt. Er braucht erstmal eine ganze Stunde und 3 Tassen Kaffee um überhaupt wach zu werden. Das werfe ich ihm aber auch nicht vor, schließlich sollte man mit mir morgens auch kein Wort reden wenn man den Tag überleben will. Ich bin zwar nicht ganz so schlimm, denn ich brauche nur eine halbe Stunde und zwei Tassen Kaffee. Ich weiß, Kaffee ist ungesund und man sollte nicht zu viel davon trinken, doch das ist mir relativ egal. Wenn ich den Kaffee morgens nicht bekomme, ist der ganze Tag für mich gelaufen. Dann sollte man mich nicht nur morgens nicht ansprechen, sondern den ganzen Tag. Wie auch immer, wir sind zwei Morgenmuffels wie Jannis so schön sagt. Im übrigen muss ich mit ihm heute noch reden. Das er mir gestern einfach so wieder vorgeworfen hat, ich würde alles vergessen und nur noch lernen, das geht nicht, vor allem nicht vor Julian. Was soll er denn bitte von mir denken, Jannis fährt alte Geschichten wieder hoch, die längst Vergangenheit sind. Ich selber habe mir geschworen es niemals wieder so weit kommen zu lassen, dass ich alles wichtige wie Essen, Trinken und schlafen vergesse. Es hat lange gedauert, bis Jannis und meine Eltern mich aus diesem Loch holen konnten. Drei ganze Monate habe ich kaum etwas gegessen, geschweige denn getrunken oder geschlafen. Wenn ich in einer ganzen Woche 1 Liter Wasser getrunken habe, war das schon viel. Und mehr wie zwei Stunden Schlaf weil ich irgendwann einfach eingeschlafen bin, hatte ich am Tag nicht. Vom Essen brauchen wir erst garnicht anfangen. Selbst in der Schule habe ich nichts gegessen, weil ich einfach nicht konnte. Mir war so übel weil mein Magen so leer war, dass ich einfach nichts mehr runter bekommen habe. Dadurch wurde ich dann ziemlich Krank und habe in den drei Monaten ganz schön abgenommen. Ich glaube es waren über 20 Kilo. Und ich war vorher nicht übergewichtig, ich hatte vielleicht zwei Kilo oder so zu viel, doch alles saß perfekt. Flacher Bauch, Dünne Beine. Alles was man haben wollte. Drei Monate später konnte man schon fast meine Knochen sehen. Ich hatte extrem viel Untergewicht. Und erst als Jannis mir das so richtig klar gemacht hat, habe ich gesehen was sie die ganze Zeit meinten. Er stellte mich vor einen Spiegel und sagte „Jetzt schau mal Marie. Ist das Gesund? Ist das normal das deine Knochen zu sehen sind? Bitte hör auf so viel zu lernen und komm wieder zurück. Bitte iss wieder was". Er war so ruhig dabei. Ich stand einfach nur da und schaute mich im Spiegel an. Es war als würde sich ein Schalter in mir umdrehen. Ich fing einfach an zu weinen.
„Ich verspreche dir Jannis, nie wieder werde ich es so weit kommen lassen. Nie wieder vergesse ich zu Essen, schlafen oder trinken. Ich will nicht mehr so aussehen" sagte ich damals weinerlich zu Jannis.
Und genau das war der Punkt in meinem Leben, der Stopp zu mir sagte. Mein eigenes Ich sagte mir, dass ich nicht mehr länger so weiter machen kann.
Auch wenn Jannis sich jetzt wieder nur Sorgen macht, möchte ich nicht, dass er es vor Julian macht. Julian scheint einfach so perfekt zu sein, auch wenn er selbst mal Fehler gemacht hat. Doch ich hatte in meinem Leben nur Probleme. Ich weiß nicht ob Julian das überhaupt erfahren sollte. Ich will nicht, dass er denkt ich wäre jemand, der nur Probleme mit sich bringt.
Wie auch immer, bevor ich jetzt noch weiter darüber nachdenke, mache ich mich erstmal fertig. Ich zog mir neue Klamotten an, machte mich im Bad etwas Frisch und suchte anschließend meine ganzen Arbeitssachen. Als ich alles zusammen hatte, nahm ich mir meine Jacke vom Haken, zog mir meine Schuhe an und schnappte mir meinen Haustürschlüssel. Zuletzt schloss ich die Tür hinter mir ab und ging rüber zu Julian und Jannis.

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