KAPITEL 32

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- C L A Y -
Im selben Moment

Ich hätte mit dieser Frage diesen Abend rechnen sollen, es war klar das es ihm irgendwann auffällt. So wie mir seine Berührungsängste aufgefallen sind.

„Du musst nicht-", fing George an, doch ich unterbrach ihn, inzwischen vertraute ich ihm so sehr, dass ich es ihm sagen konnte.

„Ich leide seit ungefähr zwei Jahren an einer Essstörung.", warf ich einfach raus und ich hörte wie George die Luft einzog. Meine Hände rieb ich nervös miteinander und mein Bein wippte auf und ab. Ich hatte Angst wie er reagieren würde.

„Warum? Du hast doch absolut keinen Grund dazu, du bist ein absolut attraktiver und gut aussehender Junge.", versuchte er sich meine Aussage zu beantworten, doch ich wusste selber keine Antwort.

„Danke. Du bist auch sehr attraktiv, aber leider hilft mir sowas nicht.", versuchte ich es ihm zu erklären und fuhr mir durch meine Locken.

„Wer hat dir so einen bullshit eingeredet?", ich konnte den wütenden Unterton aus Georges Stimme raushören.

„Das ist nicht wichtig.", antwortete ich ihm und er platze fast vor Wut.

„Beruhig dich.", versuchte ich es, doch der braunhaarige Junge stand auf und wollte etwas aus seinem Rucksack kramen.
„Ich werde die Menschen umbringen, die dir diesen scheiß eingeredet haben."

„George!", versuchte ich es wieder, doch er wollte mir nicht zuhören. Ich sprang auf und zog ihn mit seinem Rücken an mich, so wie ich es auch in der Schule getan hatte.

„Beruhig dich.", flüsterte ich leise auf ihn ein, woraufhin er sich langsam wieder zusammen riss. Mir stieß der Geruch seines Shampoos in die Nase, es war eine Mischung aus Eukalyptus und einer minzigen Note. Es roch wirklich gut, meine Mund Winkel zuckten ein wenig nach oben, doch der Duft verschwand wieder nachdem George sich los gerissen hatte und sich einfach auf den Boden setzte.

Ich setzte mich daraufhin neben ihn, lehnte mich an die Bank hinter uns und plötzlich spürte ich wie sich etwas auf meiner Schulter ablegte.
Ich schielte zur Seite und erblickte Georges Wuschelkopf. Mit einem Mal legte er auch eines seiner Beine über meine Beine, so als hättet er Angst ich würde abhauen. Mir wurde schlagartig warm und ein kurzes Kribbeln durchfuhr mich, doch ich ignorierte dies einfach.

„Ich werde sie umbringen.", wiederholte er leise mit zusammen gebissenen Zähnen.

„Dann musst du mich zuerst umbringen.", antwortete ich ihm und merkte wie George sich anzuspannen schien.

„Du schaffst das, wir schaffen das, zusammen.", ermutigte er mich und kitzelte mich anschließend kurz im Nacken, woraufhin ich ihm schmunzelnd und nickend antwortete.

„Stell mir wieder eine Frage.", sagte er nach einer kurzen Stille.

„Mit ist aufgefallen, dass du jeglichen physischen Kontakt zu anderen Personen - sagen wir mal ablehnst, aber warum ist das so? Und warum musstest du von Zuhause raus?", stellte ich nun seine gewünschte Frage.
Nun da ich schon ein wenig intus hatte, traute ich mich endlich diese Frage zu stellen.

„Das waren zwei Fragen, aber egal. Ich kann sie beide gleichzeitig beantworten.", lachte George, hopplaa hatte ich gar nicht gemerkt, doch wurde keine Sekunde drauf wieder ernst. Die Stimmung zwischen und änderte sich schlagartig, bevor er anfing zu reden.

„Ich ... Also ... Ich.", zögerte der Braunhaarige, er wusste scheinbar nicht wie er anfangen sollte. Er nahm noch einen tiefen Atemzug und versuchte dann nochmal anzufangen.

„Ich hab keine Mutter, weil sie nach meiner Geburt abgehauen ist, weil sie es mit meinem Vater, meinem Bruder und mir nicht mehr ausgehalten hat.

Mein Vater hatte mir deswegen immer die Schuld gegeben und mich deshalb oft geschlagen oder Sachen auf mich geworfen, meistens seine Bierflaschen, weshalb ich auch eine Narbe an meiner Schläfe habe. Mein Bruder hatte mich schon einige mal vor ihm beschützt, da er auch zwei Jahre älter ist und mein Vater immer auf ihn gehört hat. Ja und dann mach einigen Jahren, habe ich einen Job bei meinem Vater angenommen - spielt aber keine Rolle, was genau - dann habe ich Tina kennengelernt, sie war in schweren Zeiten immer für mich da und ist es immer noch, weil ich nach ein paar Jahren auch den Körperkontakt zu meinem Bruder total verloren hatte, außer zu ihr.

So entstanden meine Berührungsängste, weil mein Vater immer noch Gewalttätig gegenüber mir ist und ich Angst habe das es bei anderen auch so wäre. Und um von Zuhause mal raus zukommen, bin ich halt jetzt auf die Uni gekommen. Es gab keinen Schulwechsel und ich bin auch nicht umgezogen.", erklärte George mir gefühlt sein komplettes Leben, aber ich vermutete er traute sich das jetzt nur weil ich genauso wie er schon einen sitzen hatte.

Ich antwortete nicht, hinter meiner Stirn arbeitete es noch und ich musste erst verarbeiten was er mir gerade alles erzählt hatte. Meine Hand legte sich auf seinen Oberschenkel, der noch immer über meinem Beinen lag.

„Ich weiß ehrlich gesagt nicht wirklich was sich dazu sagen soll. Das tut mir so verdammt leid, du bist ein so toller Mensch. Aber ich bin froh das Tina und dein Bruder wenigstens für dich da sind."

„Das ist in Ordnung, ich bin nur froh es endlich mal jemandem zu erzählen, der nicht bei mir wohnt. Aber es sind nicht nur Tina und mein Bruder die für mich da sind.", erzählte George weiter und stand plötzlich auf ohne zu sagen warum und die Wärme die er ausstrahlte verschwand schlagartig. Ich sah ihm verirrt hinterher.
George stellte sich vor mich, kniete sich hin signalisierte mir das ich mich in einen Schneidersitz hocken soll, er tat es mir gleich und setzte sich wieder vor mich.

„Du Clay du bist auch für mich da einfach nur wegen deiner Anwesenheit. Ich hab mich seit Tag eins wohl bei dir gefühlt und das hatte ich noch nie, bei wirklich niemandem. Du ... du ... ", schwärmte er doch sagte den letzten Satz nicht vollständig, doch da komme ich in einer Sekunde nochmal zurück.

Er hatte mir gerade klar gemacht, dass ich ihm wichtig sei, ich für ihn da bin. Ich? Clay Johnson? Redet er wirklich von mir?

„Du und Tina sind die einigen Personen die ich berühre und mich von euch berühren lasse.", setzte er seinen letzten Satz fort.
Ich fing an zu grinsen, scheiße ist das süß.

Ich wusste nicht was der Alkohol gerade mit mir machte, aber ich fiel George um den Hals und zusammen fielen wir um. Der Braunhaarige auf seinem Rücken und ich auf ihn drauf.

„Du schaffst das, wir schaffen das, zusammen.", wiederholte ich seinen Satz von vorhin.

George schlang seine Arme ebenfalls um mich, fing an zu lachen und sein Oberkörper fing an unter mir zu beben.

——

Irgendwie ist das Kapitel ein wenig chaotisch geworden haha.

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