KAPITEL 53

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- G E O R G E -
Montag, 23:03 Uhr

Leise ertönte die Musik durch die Lautsprecher des Autos. Wir hatten uns vor wenigen Minuten auf den Weg zum Shopping Center gemacht. Gestern war nicht mehr arg so viel passiert und heute größtenteils auch nicht, da Tina und ich auch nicht zur Uni gegangen waren. Es gab nicht wirklich einen Grund es nicht zu tun, doch wir sind trotzdem zu Hause geblieben. Naja eigentlich wollte ich auch Zuhause bleiben weil ich Clay nicht unter die Augen treten wollte, ich hätte nämlich nicht gewusst wie ich mich gegenüber ihm verhalten hätte sollen.

Ich trug wieder einmal meinen schwarzen Hoodie, welchen ich immer zu diesen Anlässen trug. Glücklicherweise ging auch das Blut aus diesem heraus, denn meine Ärmel waren total vollgeschmiert gewesen, meine Socken stattdessen konnte ich sofort in die Tonne hauen und bei meinen Schuhen war mir das eigentlich relativ egal, da ich sie eh nur bei so etwas trug.
Jetzt hatten meine damals weißen Airforce halt ein paar Special-Effects.

Tina hielt langsam den Wagen vor dem großen Gebäude an und die anderen stiegen ohne weiteres zögern aus dem Auto aus, ich tat es ihnen gleich nachdem ich mir meine Sturmhaube vorne in die Tasche meine Pullovers gestopft hatte. Ich sprang rücksichtslos aus dem Auto und vergaß dabei, dass mein Bein solche abrupten Bewegungen noch immer nicht aushielt. Weswegen ich einen lautlosen Schrei von mir gab und meinen Mund über beide Ohren hinweg aufriss. Verdammte scheiße!

"George", hörte ich meinen Bruder leise von der anderen Seite des dunklen Autos zischen. Jaja.
Ohne ihm zu antworten humpelte ich zu ihnen hinüber, denn ich merkte wieder wie meine Wunde für Sekunde zu Sekunde anfing zu Pochen, was ein total unangenehmes Gefühl in meinem Körper auslöste.

Zusammen gingen wir mit schnellen Schritten einmal um das Gebäude herum, da wir durch einen der Hintereingänge einbrechen würden. Bevor wir ganz um die Ecke bogen, zog ich mir schnell meine Maske über den Kopf und schob die einzelnen Haarsträhnen unter den feinen Stoff, welche zuvor noch heraus gelugt hatten und zog kurz drauf noch meine Kapuze bis in die Stirn. Meine Handschuhe schmiegten sich ebenfalls um meine dünnen Finger, wir trugen diese um keine Fingerabdrücke zu hinterlassen. Die anderen drei taten es mir gleich und Alex kniete sich vor die vorhergesehene Metalltür und machte sich am Schloss zu schaffen um es schließlich auf zu knacken.

Er öffnete dir Tür ein kleinen Spalt nachdem, das gewöhnliche "Klack" Geräusch ertönte und wir schlüpften alle nacheinander mit unseren Rucksäcken auf dem Rücken durch die breite Tür hinein.

Immer wieder ein Kinderspiel.

Stumm liefen wir alle hintereinander durch den langen Flur, welcher normalerweise nur für Mitarbeiter zugänglich war. Karl erhellte uns mit seiner Taschenlampe den Weg vor unseren Füßen. An der Tür angekommen, die scheinbar ins Center führen sollte, bemerkten wir, dass diese zu unserem Glück nicht abgeschlossen war, weshalb wir daraufhin los starteten und uns an den ersten Schlössern der Läden zu schaffen machten.

Tina war mit Alex auf der einen Seite und wir - in dem Fall Karl und ich, fingen auf der anderen Seite an.

Ich setzte mich auf den harten Fließenboden vor dem ersten Laden, um genau zu sein vor das kleine goldene Vorhängeschloss und nahm zuerst mein Z-förmliches Metallstück um die Spannung des Zylinders im Schloss ein wenig zu reduzieren. Anschließend nahm ich meinen Dietrich und schob ihn auch durch die kleine Lücke und drehte und schob ihn rein- und raus um die festsitzenden Pins nach oben zu drücken, damit sie den Zylinder nicht weiterhin blockieren würden. Als ein kleines "klicken" ertönte und das Schloss aufsprang, klopfte mir Karl behutsam auf meine linke Schulter.

"Du hast gelernt. Gut gemacht kleiner Bruder", sagte er stolz und ich nickte lächelnd, obwohl er es nicht sehen konnte.
Es stimmte, ich konnte es inzwischen ziemlich gut, denn Karl hatte es mir für den Notfall aller Notfälle beigebracht und wie es jetzt ausschaute kam es gerade recht, dass er es mir gezeigt hatte.

Ich nahm das Schloss aus dem Riegel und mein Bruder schob das Metalltor welches die Tür zum Laden versperrte ein wenig nach oben und wir rutschten unten hindurch, nachdem ich den selben Vorgang auch an der Ladentür fertig hatte, um nicht zu viele und laute Geräusche zu verursachen. Wir nahmen schnell das Geld aus der gewünschten Kasse hinaus und verschwanden daraufhin auch wieder sofort aus dem Laden um zum nächsten zu gelangen. Nun war Karl an der Reihe um das Schloss zu öffnen und ich wartete und sah mich derweil ein wenig um.

Kaum zu glauben, dass ich früher hier rum gelaufen war um in den Läden Sachen einzukaufen und nun hier bin um in den Läden Sachen zu klauen.

"Komm", hörte ich meinen Bruder leise sagen und zusammen schoben wir das Gitter nach oben und rutschten anschließend wieder unten durch, so wie wir es beim ersten ebenfalls getan hatten.

Ich sah mich im Laden um und Karl ging währenddessen zur Kasse.
Es war ein Laden der Alkohol verkaufte, ich sah mir die verschiedenen Flaschen an und plötzlich hörte ich wie Karl mir etwas zu rief: "Pass auf!"
Hektisch blickte ich mich um und sah wie eine der gläsernen Flaschen fast aus dem Regal fiel. Mit schnellen Schritten rannte ich auf sie zu und konnte sie glücklicherweise noch halten bevor sie zu Boden gefallen wäre. Puhh.

Ich hörte wie mein Bruder hinter mir erleichtert die Luft aus seiner Lunge ausstieß, scheinbar hatte er diese vor Angst angehalten. Wir verschwanden schließlich wieder aus dem Laden und plötzlich blieb Karl abrupt hinter mir stehen. Fragend drehte ich mich wieder zu ihm um und sah wie er auf sein Handy starrte, das in seiner Hand zu vibrieren schien. Mit langsamen Schritten ging ich auf Karl zu und mein Blick huschte auf den leuchtenden Bildschirm, doch als Karl meinen neugierigen Blick bemerkte schob er es sofort zurück in seine Hosentasche.

Mom.

Meine Augenbrauen zogen sich verwirrt zusammen. Hatte ich das gerade wirklich richtig gelesen?

"Mom?", flüsterte ich leise fragend und Karl sah mich entschuldigend an. Das hatte nun meine Aussage bestätigt. Ich dachte ich war im falschen Film gelandet, eine unendliche Wut krabbelte meinen Hals hinauf und am liebsten hätte ich ihn einfach angeschrien, doch kein einziges Wort verließ meine Kehle. Unzählige an Fragen schossen mir in wenigen Sekunden durch meinen Kopf.
Was hatte er mit Mum zu tun?
Wie lange schon hatte er Kontakt zu ihr?
Telefonierten oder schrieben sie viel?
Oder traf er sich sogar mit ihr?

Aber am meisten stellte ich mir die Frage:
Warum zum Teufel log er mich an und hatte mir nie erzählt, dass er Kontakt mit unserer Mutter hatte?

"Ist das gerade dein ernst?", redete ich dann heiser auf ihn ein, jedoch ein wenig zu laut, weshalb wir uns beide erschrocken versteiften und uns hektisch ansahen. Ein rotes Licht blinkte an der Eingangstür hinter Karl auf und ich riss geschockt die Augen auf, das war ein so banaler Fehler den wir definitiv verhindern hätten können.

"Beruhigt euch, dass war schon die ganze Zeit an", hörte man es hinter uns und Alex verschränkte die Arme vor der Brust, nachdem wir uns umgedreht hatten.

"Klärt eure Probleme Zuhause und macht weiter. Ich will hier nämlich irgendwann wieder raus", gab er noch von sich bevor er wieder zu Tina verschwand. Nochmal Glück gehabt, aber Mom? Ist das sein verdammter ernst?

——

Ohh, jetzt ist es raus.

Kiss me once Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt