8 | BOB

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Den ganzen Morgen schon denke ich nur an sie. Ich rufe mir jede einzelne Sekunde des gestrigen Abends ins Gedächtnis und durchlebe sie noch einmal. Die Aufregung, die mich erfasst hat, als ich sie sah und als sie auch mich entdeckte. Ich habe mich beherrschen müssen, um nicht vollkommen dämlich zu Grinsen. Sie hat unfassbar sexy ausgesehen mit dem schwarzen, locker fallenden Top, dem hautengen, paillettenbesetzten Minirock - sie scheint ein Faible für Kleider oder Röcke zu haben. Dazu die mörderisch hohen High Heels.

Ich erinnere mich daran, wie wir getanzt haben. Es hat sich so vertraut, so gut angefühlt, als wäre es nicht das erste Mal gewesen.

Und dann dieser Kuss. Das Gefühl ihrer Lippen hat ein Kribbeln in mir ausgelöst, dass mir bis in die Zehenspitzen gejagt ist. Fast hätte ich sie mir einfach geschnappt und uns ein ruhiges Plätzchen gesucht. Aber irgendwie hat es sich falsch angefühlt. Das ist etwas besonderes gewesen und keine schnelle Nummer. Offenbar hat sie es genauso gesehen, denn außer Küssen ist nichts zwischen uns passiert. Wir haben uns an die Bar zurückgezogen, etwas getrunken, uns unterhalten und immer wieder haben sich unsere Lippen getroffen. Immerhin haben wir Nummern ausgetauscht und ich kann es jetzt schon kaum erwarten, sie wiederzusehen.

»Bob? Hallo, ich rede mit dir!«

Eine Hand taucht vor meinem Gesichtsfeld auf und Finger schnippen ungeduldig vor meiner Nase herum. Ich blinzel und schaue von meiner Kaffeetasse auf, die ich offenbar die ganze Zeit angestarrt habe.

»Was? Sorry, was hast du gesagt?«

Justus sieht mich missmutig an, kommt aber nicht dazu, etwas zu sagen. Denn ein Lachen erschallt von der Tür zum Badezimmer her.

»Vergiss es, Erster. Unser Dritter schwebt auf Wolke 7. Mit dem kannst du in nächster Zeit erstmal nichts mehr anfangen.« Mit einem breiten Grinsen kommt Peter zu uns und wirft sich auf den Stuhl neben mir. Er greift zu Toast und Erdnussbutter und beginnt sein Frühstück zuzubereiten.

»Blödsinn!«, verteidige ich mich, merke aber selbst, dass es ziemlich lahm klingt. »Ich bin einfach noch nicht richtig wach.«

»Oh, warum? Konntest du nicht schlafen?«, fragt er lauernd und das Grinsen wird noch breiter. »Soll ich raten, wer dich nachts in deinen Träumen heimgesucht hat?«

Ich öffne den Mund für einen neuen Protest, klappe ihn aber direkt wieder zu. Egal, was ich sage, es würde alles nur noch schlimmer machen. Also verdrehe ich nur die Augen und verstecke mich hinter meiner Tasse. Der Kaffee ist inzwischen kalt und ich verziehe angewidert das Gesicht.

Justus blickt zwischen uns hin und her. Dann runzelt er die Stirn und scheint endlich zum richtigen Schluss gekommen zu sein. Das hat ungewöhnlich lange gedauert. Offenbar ist er auch noch nicht richtig wach. »Was hab ich gestern Abend verpasst?«

»Bobs neueste Eroberung.«

Justus seufzt genervt und widmet sich wieder seinen Cornflakes. »Was auch sonst.«

»Hallo?«, gehe ich dazwischen. »Das klingt fast so, als würde ich jeden Tag mit einer anderen aufkreuzen.«

Meine beiden besten Freunde heben fast synchron den Kopf und sehen mich vielsagend an. Automatisch ducke ich mich ein wenig, als mir meine Worte bewusst werden. Ja, ich habe es in den ersten beiden Semestern vielleicht etwas übertrieben und ihre Geduld ziemlich überstrapaziert. Den Spott habe ich also tatsächlich mehr als verdient.

Aber das mit Ivete ist etwas anderes.

»Ivete ist keine Eroberung!«, lege ich noch einmal nach. Mir ist es wichtig, dass sie nicht als solche abgestempelt wird.

»Ivete also«, kommt es von Peter kurz bevor er in seinen Toast beißt.

Ich ignoriere ihn. »Wir haben uns bei meinem Barkeeper-Job letztens kennengelernt. Sie war Gast bei der Party von Mrs Monet.«

Jetzt wird Justus hellhörig. »Sie war bei der Party? Und? Hast du mit ihr über den Diebstahl gesprochen? Hat sie vielleicht irgendwas mitbekommen?«

»Also geredet haben die beiden gestern nicht sonderlich viel«, murmelt Peter mit vollem Mund.

»Mensch, Peter«, fahre ich ihn jetzt genervt an. »Wir haben geredet, aber nicht darüber.«

Er sitzt dort, kichert vor sich hin, wie ein kleines Kind, sagt aber zum Glück nichts mehr. Ich beschließe, ihn einfach weiterhin zu ignorieren. Justus schert sich zum Glück auch nicht um seine Albernheiten.

»Du solltest sie auf jeden Fall nochmal darauf ansprechen«, schiebt Justus nach. »Jede Zeugenaussage kann hilfreich sein.«

Ich nicke einfach nur und hoffe, dass das Thema damit erledigt ist.

Das restliche Frühstück verläuft schweigend. Justus löffelt seine Cornflakes und wirkt dabei tief in Gedanken. Peter tippt irgendwas auf seinem Handy, während er sich einen Toast nach dem anderen reinschiebt. Und ich halte meinen kalten Kaffee warm. Gerade kriege ich noch nichts runter und habe daher beschlossen, mir auf dem Weg einen Bagel zu holen.

Peter ist der erste, der aufspringt. Nicht unbedingt, weil er los muss, wir haben alle drei zur gleichen Zeit Vorlesungsstart. Peter hat wieder mal Hummeln im Hintern und kann nur schwer für einen längeren Zeitraum stillsitzen. Das ist gerade Morgens, wenn man selbst noch halb am Schlafen ist, ganz schön nervig.

Er verschwindet in seinem Zimmer und kommt schließlich mit den Armen voll Unterlagen und Schreibutensilien wieder zurück.

»Ich hol dich dann nachher ab«, sagt er zu Justus und stopft währenddessen alles in seinen Rucksack. »Dein Hörsaal liegt direkt auf meinem Weg.«

Ein kleines Bisschen ärgert es mich, dass ich bei dem Gespräch nicht dabei sein kann. Schließlich bin ich eigentlich für die Recherchen zuständig. Aber die Vorlesung hat Vorrang.

»Was versprichst du dir eigentlich von dem Gespräch?«, frage ich nach. »Glaubst du, dieser Professor ... wie hieß er noch gleich?«

»Professor Velazquez.«

»Danke, ... also, Professor Velazquez kann uns einen Hinweis darauf geben, wer das Amulett gestohlen haben könnte?«

Justus zuckt mit den Achseln. »Ich kann nicht beurteilen, inwieweit er sich auf diesem Markt auskennt, aber vielleicht kann er uns helfen, die Interessenten einzugrenzen. Außerdem kann es nicht schaden, mehr über das Objekt herauszufinden.«

»Was ja eigentlich dein Job wäre«, stichelt Peter.

Was soll das denn schon wieder? Irgendwie hat er es heute auf mich abgesehen.

»Wenn du für mich in Englische Literatur gehst, gerne«, erwidere ich. »Shakespeare hast du doch in der High School schon immer so gern gelesen.«

Er tut so, als wäre ihm übel und winkt dankend ab.

Ein Blick auf die Uhr zeigt, dass wir uns langsam auf den Weg machen müssen. Auch Just und ich suchen unsere Sachen zusammen und gemeinsam verlassen wir unsere Wohnung und begeben uns auf den Weg in einen neuen Uni-Tag.

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Liebe Freunde der drei Detektive,

eine kleine Zwischenfrage: Mit jedem Kapitel dieser Geschichte ist auch eine Playlist mitgewachsen. Ich habe mir die Mühe gemacht und jedem Kapitel einen Song zugeordnet. Eigentlich eine coole Funktion von Wattpad, aber ich gehöre auch eher zu den Menschen, die nichts nerviger finden, als wenn irgendwo was losdudelt und ich die Quelle nicht identifizieren kann.

Wie steht's mit euch? Soll ich lieber irgendwo die Playlist hinterlegen / Link einfügen und die Kapitelvideos entfernen? Oder mögt ihr das?

Auf der Spur der Meisterdiebe (Drei Fragezeichen Fanfiction)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt