Victor Hugenay tippt sich leicht an die Krempe seines Huts. Ein kleines, schiefes Lächeln umspielt seine Lippen. Er scheint sich sehr über seinen Auftritt und unserer überraschten Gesichter zu amüsieren.
»Bonsoir, Messieurs! Bonsoir, Ivete! Ich hatte gehofft, dass ich euch alle hier versammelt antreffe. Darf ich eintreten?«
Justus zögert einen Augenblick, dann macht er eine einladende Handbewegung in den Raum rein. Als Victor an ihm vorbeigeht, tauschen die beiden einen Blick und es wirkt, als würden sie stumm miteinander kommunizieren.
»Ich hätte nicht gedacht, dass wir Sie noch einmal wiedersehen«, gesteht Justus, als er hinter dem Meisterdieb die Tür verschließt.
»Nun«, antwortet Victor, »auch, wenn ich unsere Zusammentreffen immer sehr genossen habe, geht es mir sehr ähnlich. Aber Umstände, die eine gewisse Dringlichkeit erfordern, haben mich hergeführt.«
»Was meinst du damit, Victor?« Ich gehe auf ihn zu, erspare mir aber unser übliches Begrüßungsritual, weil es jetzt irgendwie unangemessen wäre.
Aus seinen Augen verschwindet jegliches amüsiertes Funkeln und macht einem Ausdruck Platz, der in mir eine böse Vorahnung weckt.
»Ich habe Informationen über den Verbleib eures Freundes.«
»Was?«, entfährt es mir.
Peter stürmt um das Sofa herum. »Haben Sie etwas damit zu tun?«, grollt er.
Aber Victor schüttelt sofort den Kopf und hebt abwehrend die Hände. »Nein, ich besitze lediglich hervorragende Informationsquellen. Euer Freund ist bei einem Mann namens Jason Raynor.«
Bevor mir einfällt, wo ich diesen Namen schon einmal gehört habe, atmet Justus neben mir scharf ein.
»Der Security-Chef von Mrs Monet?«
Natürlich! Jetzt erinnere ich mich an Bobs Notizen und seine Bezeichnung für ihn. ›Arschloch‹. Und auch an meine eigenen Aufzeichnungen erinnere ich mich jetzt. Im Zuge der Vorbereitung des Diebstahls bei Mrs Monet habe ich natürlich auch die Security auf dem Schirm gehabt. Dass mir dieser Typ nicht näher im Gedächtnis geblieben ist, stellt sich nun als großer Fehler heraus.
Victor nickt bedächtig und sieht mich wieder direkt an. »Meine Informationsquelle hat mir verraten, dass Raynor schon ziemlich lange hinter dem Amulett hier ist und den Diebstahl von langer Hand geplant hat. Aber dann bist du ihm zuvor gekommen.«
Ich schüttel stirnrunzelnd den Kopf. »Das ist nicht dein Ernst! Raynor? Ohne die entsprechenden Kontakte wird er das Ding nie verkauft bekommen. Hat er die?«
Victors Mundwinkel zucken. »Nein, er nicht. Er ist lediglich der Handlanger, der sich die Hände schmutzig machen soll. Aber sein Auftraggeber verfügt über die nötigen Kontakte und sein Name dürfte dir nur allzu bekannt sein.«
Jegliches Blut weicht mir aus dem Gesicht. Ich weiß sofort, wen er meint. »Seay?«
Victor nickt bedächtig. »Raynor hat sich verzockt und steht jetzt in Seays Schuld. Als Gegenleistung hat Seay ihn damit beauftragt, das Amulett zu stehlen. Weil Raynor ja die ganze Zeit direkt an der Quelle saß.«
»Wer ist Seay?«, fragt Peter, aber niemand beachtet ihn.
Victors Blick trifft mich bis ins Mark und ich ahne, dass mir seine nächsten Worte den Boden unter den Füßen wegreißen werden. »Und das ist nicht alles. Raynor weiß, wer Urutau ist. Oder besser gesagt, er ahnt es. Und er will die Information mit dem Amulett zusammen an Seay verkaufen. Quasi als zusätzlichen Bonus. Ich denke nicht, dass ich erwähnen muss, was er sich von deinem Freund erhofft.«
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Auf der Spur der Meisterdiebe (Drei Fragezeichen Fanfiction)
Fanfiction❔ Band 1 ❔ Ivete Camargo führt ein Doppelleben. Tagsüber studiert sie an der UCLA Wirtschaft, um irgendwann das Familienunternehmen zu übernehmen, nachts schlüpft sie in eine völlig andere Rolle. Ihr Leben ist auf ein Ziel ausgerichtet und sorgsam g...