30 | BOB

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Um mich herum herrscht der reinste Trubel. Genauso, wie man sich die Notaufnahme eines Krankenhauses vorstellt. Leute laufen kreuz und quer, die meisten ziemlich eilig. Wagen voller medizinischen Geräten oder Material werden von A nach B verschoben. Menschen reden wild durcheinander und versuchen gegen den Geräuschpegel anzukommen. Geräte piepsen vor sich hin.

All das stört mich jedoch nur geringfügig. Ich liege hier auf einer dieser Liegen, genieße die erstaunlich weiche Unterlage und versuche die Hektik auszublenden.

Ich bin allein und warte darauf, dass ich untersucht werde. Justus hat mich hier abgeliefert und ist dann gleich mit dem Handy in der Hand vor die Tür verschwunden. Was er genau dort macht, hat er mir nicht verraten. Ich kann nur erahnen, dass es um die Übergabe geht. Während der Taxifahrt habe ich versucht, ein bisschen was aus ihm herauszubekommen. Bin aber grandios gescheitert. Nichts hat er mir verraten. Außer, dass es Ivete gut geht. Wenigstens das.

»Guten Abend, Mr Andrews«, höre ich plötzlich eine Frauenstimme. Widerstrebend öffne ich die Augen und sehe eine junge Ärztin mit einem Tablet-PC im Arm vor mir. Ihre mandelförmigen, dunklen Augen mustern mich aufmerksam, bevor sie den Vorhang zuzieht und mit der Untersuchung beginnt. Ihre schwarzen glatten Haare hat sie zu einem Pferdeschwanz streng nach hinten gebunden. Ihrem Alter nach macht sie gerade ihre Facharztausbildung und doch macht sie den Eindruck, als wäre bereits jetzt nicht mit ihr zu Spaßen.

»Guten Abend«, antworte ich mit kratziger Stimme.

»Was ist passiert?«, fragt sie mich, während sie auf dem Display des Tablets herumtippt.

»Bin in eine Schlägerei geraten.«

»Und nicht schnell genug abgehauen?«

»Sie sollten den anderen mal sehen«, versuche ich zu scherzen, aber ihr Blick verrät mir, dass sie mir kein Wort glaubt. Vermutlich bekommt sie den Spruch mehrmals täglich zu hören.

Sie legt das Tablet zur Seite und beginnt, mir mit einer kleinen Taschenlampe in die Augen zu leuchten und die Verletzungen in meinem Gesicht zu begutachten.

Ich habe immer noch keine Ahnung, wie ich aussehe. Beim Hereinkommen fiel mein Blick kurz auf die Spiegelung in der Scheibe der Tür, aber ich habe lieber wieder weggeschaut.

»Haben Sie Kopfschmerzen? Schwindel und Übelkeit?«

Ich bejahe alles.

»Sehstörungen?«

»Inzwischen nicht mehr.«

»Wo genau haben Sie noch Schmerzen?«

Ich zähle ihr alles auf und habe das Gefühl, dass die Liste niemals endet. Sie hört mir aufmerksam zu und beginnt, mich gründlich zu untersuchen.

Nach einer kleinen Ewigkeit stellt sie sich neben mich.

»Okay, Mr Andrews. Es wird sich gleich zuallererst jemand um die offenen Wunden in ihrem Gesicht kümmern. Die an Ihrer Schläfe muss genäht werden. Mindestens eine ihrer Rippen ist zudem angeknackst. Daher will ich ihren Thorax in jedem Fall röntgen. Außerdem haben Sie eine Gehirnerschütterung. Die Frage ist nur, ob weitere Komplikationen wie zum Beispiel Blutungen auftreten. Aus diesem Grund muss ich Sie mindestens diese Nacht zur Beobachtung hierbehalten. Vermutlich eher länger.«

»Muss das sein?«

Sie hebt eine schmale Augenbraue, kommt aber nicht dazu, etwas zu sagen.

»Ja, muss es!«, ertönt eine energische Stimme hinter dem Vorhang. Justus schiebt ihn ein Stück beiseite und bleibt in der Lücke stehen, die Arme vor der Brust verschränkt, auf dem Gesicht einen Ausdruck, der jedem Türsteher Konkurrenz macht. Schräg hinter ihm erscheint eine weitere Person, die ich hier nicht erwartet hätte. Koby.

Auf der Spur der Meisterdiebe (Drei Fragezeichen Fanfiction)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt