15. Kapitel (Sturmfeuer)

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Wie erstarrt stand sie da, unfähig, sich zu bewegen, nur ein Schrei drang aus ihrer Kehle.
Überall strömten Streuner ins Lager, die Krieger schossen aus ihrem Bau und warfen sich furchtlos ihren Feinden entgegen.

Ihr Vater selbst stürzte sich ohne zu zögern auf sie. Seine Worte hallten in ihrem Kopf wider.
Wer uns verrät, wird getötet!

Sie wünschte  sich, so geistesgegenwärtig wie Haselstern handeln zu können und nicht erst in eine Art Schockstarre zu verfallen.

Finsternis stieß sie um, presste die eine Pfote auf ihre Brust und holte mit der Anderen zu einem tödlichen Hieb aus.

Er kam nicht dazu, denn mit brutaler Kraft wurde er umgerissen, von Wirbelflamme, wie auch im letzten Kampf. Sie scheint ihn noch mehr zu hassen als die Anderen. Was hat das zu bedeuten?

Sturmfeuer sah ein, dass sie hier nicht mehr gebraucht wurde, und erkannte, wie sehr Flammenrose in Bedrängnis geraten war: Drei Streuner umzingelten die trächtige Königin und schlugen auf sie ein.

Sturmfeuer stürzte sich auf einen von ihnen, Schatten, und grub die Krallen in sein dichtes Fell, bohrte ihm die Zähne ins Vorderbein, sodass er schmerzerfüllt aufheulte.

Als er sich jedoch zur Seite fallen ließ, musste sie abspringen, damit er sie nicht unter sich begrub. Der massige schwarze Kater mit der grauen Gesichtshälfte rammte den Kopf gegen ihre Seite, sie flog einige Schwanzlängen weit und blieb dann benommen liegen.

Zähne packten sie hart am Nacken und zerrten sie auf die Pfoten, stießen die Kätzin herum.
Sturmfeuer erkannte Riss und Knochen, die sie umzingelt hatten, ihr keine Chance zur Flucht ließen, während die beiden Streuner sie weg von SturmClan-Lager zerrten.

Sturmfeuer wehrte sich, warf sich in ihren erbarmungslosen Griffen herum, doch sie hatte keine Chance; sie musste sich etwas einfallen lassen, um zu entkommen.

Denk nach, du Mäusehirn, denk nach!

Sie versuchte, ihre Stimme erleichtert klingen zu lassen, als sie rief:

"Adlerfeder, Schattenfrost, Funkenherz! Wie gut, dass ihr kommt. Helft mir!"

Verblüfft drehten sich die Streuner um, lockerten einen Moment lang ihren Griff.
Diesen Moment nutzte sie, um sich blitzschnell wie eine Schlange aus ihren Krallen hervorzuwinden, und raste blindlings los.

Egal, wohin. Einfach nur weg!
Immerhin, sie waren darauf hereingefallen, doch schon nahmen sie die Verfolgung auf, Sturmfeuer hörte Pfotenschritte hinter sich, preschte noch schneller durch die Heide, um ein dichtes Ginstergebüsch herum, als plötzlich etwas von links gegen sie prallte und sie mit solcher Wucht zu Boden warf, dass es ihr die Luft aus den Lungen presste. Ein unangenehm bekannter Geruch stieg ihr in die Nase.

Schlange! Fuchsdreck, wie kommt die denn hierher?

Nun holten auch noch Knochen und Riss auf, packten sie erneut und schleiften sie davon.

Was wollen sie von mir?

Nach einer gefühlten Ewigkeit trug der schwache Wind ihr den Gestank von Monstern entgegen.
Sie brachten Sturmfeuer zum Zweibeinerort. Die drei Streuner warteten, bis eine größere Lücke zwischen zwei Monstern auftauchte, dann zerrten sie die junge Kriegerin über den harten schwarzen Stein, der an ihrem gold-gefleckten Fell scheuerte. Erneut wand sie sich, krampfhaft bemüht, zu entkommen, doch vergeblich.

Als die Dunkelheit sie einhüllte, wusste sie instinktiv, dass sie in der blutbefleckten Gasse angekommen waren, dem Lager der Streuner.
Links und rechts blitzten Augen in der Finsternis auf, die ihrer ehemaligen Gefährten. In zweien davon erkannte sie ihre Mutter Reh, die sie schmerzerfüllt und enttäuscht anstarrte.

Am hinteren Ende der Gasse kauerten Fluss und Narbe, Sturmfeuer überkamen Schuldgefühle. Ich hätte sie mitnehmen müssen. Sie haben dieses Leben hier nicht verdient, unterdrückt, nur weil sie nicht töten wollten. Wenn ich dieses Mal fliehe, dann mit ihnen zusammen.

Hinter Sturmfeuer ertönte ein Fauchen. Fluch. Sie drehte sich um und blickte direkt in seine stechenden, hasserfüllten Augen. Wie ähnlich er Finsternis geworden ist.
Wäre ich geblieben, wäre ich jetzt auch so? Ich will es gar nicht wissen.

"Du hast uns verraten! Du verdienst den Tod! Finsternis hätte dich gleich umbringen sollen, aber wenn auch er nun weich geworden ist..."

"Fluch! Hast du mich gerade weich genannt? Willst du etwa gegen mich kämpfen?"

In Sturmfeuers Hals bildete sich ein Kloß, groß wie ein Frosch, als sie die kalte Stimme ihres Vaters hörte.

"Sturm! Komm her, ich will mit dir reden. Und höre mir gut zu, es könnte deine Meinung über diese ach-so-tollen Clans ändern."

Alles in ihr sträubte sich dagegen, doch sie würde es müssen. Da sie hier vermutlich so oder so nicht lebend herauskam, konnte sie jetzt genauso gut ihrem Vater zuhören, der sie in die finstersten Schatten am Ende der Gasse führte. Sturmfeuer konnte ihr Zittern nicht unterdrücken.

"Du hast dich für die falsche Seite entschieden, Sturm. Sehr bedauerlich."

"So heiße ich nicht mehr. Mein Name ist Sturmfeuer!"

"Schweig!
Du denkst, die Clans wären ehrenhaft? Hilfsbereit?
Du täuschst dich. Sicher hast du dich schon oft gefragt, warum ich zu dem geworden bin, der nun vor dir steht, wo ich doch einst auch einer dieser großartigen Clankatzen war.

Nun, ich kann es dir sagen. Daran sind allein die Clans schuld! Sie sind nicht das, was sie zu sein scheinen! Und ich nehme an, niemand hat dir gesagt, dass du mit Adlerfeder verwandt bist?

Dass seine Mutter Wirbelflamme meine Schwester ist?

Und vorallem, dass ich den Clan nicht freiwillig verlassen habe?

Dass ich verbannt wurde?"

"Was? Du wurdest..." Sturmfeuer brach ab. Der SturmClan würde so etwas nicht tun! Ausser, jemand hat etwas wirklich furchtbares getan...

"Ja, ich wurde verbannt. Weil ich ein Leben retten wollte. Und wenn ich das nicht getan hätte, wärst du jetzt nicht hier. Aber lass mich dir die ganze Geschichte erzählen..."

Warrior Cats -  Sturmfeuers RufWo Geschichten leben. Entdecke jetzt