/achtundzwanzig/

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Als Yuna verschwunden war, ging ich wieder Peinlich berührt in meine Wohnung, wo es sich Sunghoon wieder auf der Couch bequem gemacht hatte. „Na, wo bleibt der Gruß für den Unbekannten?" fragte Sunghoon und er bekam sich vor Lachen garnicht mehr ein. Schnell schnappte ich mir ein Kissen und warf ihn ab. Nun bewaffnete er sich mit dem Kissen und ich lief um die Couch herum, um mich vor seinem Angriff zu schützen. Jedoch war ich zu langsam und Sunghoon schnappte mich an der Taille und zog mich zu sich. Allerdings legte er das Kissen bei Seite und hauchte mir einen leichten Kuss gegen die Stirn. Mein Magen drehte sich vor lauter Schmetterlinge. Daraufhin zog er mich mit sich zusammen auf die Couch und deutete mit seinem Finger auf die Uhrzeit seines Handy Displays. „Ich muss wieder los" stöhnte er enttäuscht auf und verfrachtete mich von seinem Schoß auf die Seite. Schmollend sah ich ihn an. „Was steht heute an?" fragte ich, weiterhin schmollend. „Wir drehen das erste Musikvideo zu ende. Du wirst die erste sein der ich es zeigen werde" versprach Sunghoon und Stand auf um sich seine Cap und den Mundschutz wieder aufzusetzen. „Das ist ein Versprechen" machte ich ihm deutlich und er nickte zustimmend. Als Sunghoon die Wohnung verließ fühlte ich mich glücklich und es fiel mir nicht schwer ihn gehen zu lassen. Ich wusste er würde immer wieder zurück zu mir kommen und er tat, was er liebte, also unterstützte ich ihn bei allem, immerhin versuchte ich das. Und wenn ich ihn mal vermisste, nahm ich mir vor die Alben von 5zero5 in Dauerschleife zu hören. Wenn man das ganze locker sieht, schient die Beziehung mit einem Idol garnicht so schwer, auch wenn wir noch am Anfang unserer Gesichte standen.

Am nächsten Tag ging ich erst verspätet in die Uni. Ich verbracht den ganzen Morgen damit mir zu überlegen, was ich Yuna erzählen würde oder könnte. Gerade auf dem Gelände angekommen kam mir Yuna auch schon direkt entgegen. Selbst aus der Ferne konnte ich ihr breites grinsen erkennen. „Na, bist du jetzt bereit deiner Besten Freundin alles zu erzählen?" musterte mich Yuna und ich begann zu lächeln. „Ist ja eklig, wie du direkt grinst, wenn du nur an ihn denkst" lachte Yuna und ihr Arm umschlug meinen, als sie mich mit auf eine Bank zerrte. „So schlimm ist es jetzt nun auch nicht" pustete ich ernst aus und Yuna pikste mir fordernd in die Rippe. „Ich kenne ihn noch garnicht so lange" log ich. Es tat mir zwar leid, ich wollte Yuna wirklich nicht belügen, aber es ging einfach nicht anders. „So kenn ich dich ja garnicht. Du lässt fremde Männer in deine Wohnung!" kreischte Yuna und ich forderte sie mit meinen Händen auf doch bitte etwas leiser zu sein und nicht alles in die Uni zu schreien. „So wenig kenn ich ihn nun auch wieder nicht. Meine Eltern kenne ihn auch. Er ist ein alter Bekannter aus Busan". Wie gesagt Sorry Yuna für die Lügen. Yuna ließ sich dramatisch nach hinten fallen „Wie romantisch. Die alte Liebe aus der Heimat!" quietschte sie, aber nun zu meinem Glück etwas leiser. „Keine Liebe, einfach ein alter Bekannter zu Besuch" stoppte ich sie schnell. „Schon klar. Dann hättet ihr euch auch im Café treffen können" sagte Yuna misstrauisch. „Er hat mich eben überrascht, weil wir uns so lange nicht mehr gesehen haben", antworte ich und rollte leicht genervt die Augen. „Das ist ja noch romantischer! Er liebt dich bestimmt schon seitdem ihr klein wart und nun möchte er dich für sich gewinnen und fährt dafür durch die ganze Weltgeschichte", erneut ließ sich Yuna dramatisch nach hinten fallen. „Naja, Busan ist jetzt nicht gerade das andere Ende der Welt" korrigierte ich Yuna schnell. Sie tendierte schnell zur Übertreibung. Gerade als Yuna mich weiter ausquetschen wollte war es Zeit für die nächste Vorlesung und ich zog Yuna am Arm nach oben. „Na los, wir wollen doch was lernen" hielt ich ihr vor und schleppte sie mit zur nächsten Vorlesung.

Seit langem war es mal wieder ein harter Uni Tag. Nicht nur die Tatsache das Yuna mich den ganzen Tag lang befragt hatte, sondern auch neue Projekte standen an und neue Prüfungen. Eigentlich hätte ich nach der Uni nach Hause gehen sollen, um auch zu Hause noch etwas zu lernen oder mit den neuen Projekten anzufangen. Allerdings war das Wetter einfach herrlich, man konnte einfach nicht anders als an der Frischen Luft zu bleiben. Ich beschloss also noch etwas Einkaufen zu gehen und mir die wunderschönen Blumen anzusehen, die auf den gesamten Straßenwegen gepflanzt waren und nun in allen Farben strahlten. Noch vor einem Jahr hätte ich mir das ganze nicht einmal träumen können. Ganz alleine Einkaufen zugehen oder wieder die Uni zu besuchen, um an Vorlesungen teilnehmen zu können. Mein heutiger Einkaufen sollte sich eigentlich auf Lebensmittel beschränken, aber irgendwie wollte ich einfach nicht nach Hause. Also beschloss ich auch noch den ein oder anderen Laden zu betreten und schlussendlich kaufte ich mehr als eigentlich geplant war. Zu den Lebensmittel kamen noch sämtliche Kosmetikartikel und Krimskrams hinzu. „Das wars jetzt aber" flüsterte ich leise vor mich hin, als ich wieder meine Taschen in die Hand nahm und dem letzten Laden den Rücken kehrte. Mein Blick fiel plötzlich auf eine riesige Werbeleinwand. Kein Wunder das ich meinen Blick nicht abwenden konnte. Ich erinnerte mich an den Moment, an dem mir klar wurde das Sunghoon ein Idol war als ich mit Yuna shoppen war und mir ein Plakat mit Sunghoons Gesicht entgegensprang. So, wie auch heute. Allerdings war ich kein bisschen weniger erschrocken als damals. Ich wusste zwar nun das Sunghoon überall bekannt war, aber dennoch setzte mein Herz einen kleinen Moment aus. Die große digitale Leinwand wechselte minütlich die Bilder zwischen den 5zero5 Mitgliedern und es fühlte sich so an, als wäre Sunghoon so weit von mir entfernt. Das hier, das war der Moment, wo ich unsere Beziehung ernsthaft anzweifelte. Ich war noch so jung und mein Leben war nun seit einem Jahr endlich spannend und aufregend, aber nun sollte ich mir wirklich Gedanken über meine Zukunft machen. Zudem sollte ich mich vermutlich auch mehr auf meine Berufliche Karriere fokussieren. Es machte mir Angst. Ich hatte Angst vor meinen eigenen Gedanken. Es ist nun über ein Jahr her das ich Sunghoon kennengelernt hatte und bislang hatte ich unser Zusammentreffen in keinem Fall angezweifelt. Eher gesagt, ich war froh, dass ich auf ihn traf, denn er ließ mein Leben wieder aufblühen, nur die Beziehung, die wir zueinander führten, war kompliziert.  Lautes Reifen quietschen riss mich aus meinen negativen Gedanken, auch wenn ich mich grad erschrocken hatte, war ich froh, dass ich nun eine Pause von meinen schlechten Gedanken hatte. Ich blickte hektisch und aufgebracht um mich herum. Ich sah auf den Boden und erblickte die Reifen, die mich gerade durch ihr quietschen so erschreckt hatten. Schnell blickte ich hoch. Es war Minho, der gerade lässig seinen Helm auszog und seine welligen, etwas verschwitzt Haare kamen zum Vorschein. „Was machst du denn hier? Ich habe mich total erschreckt" stöhnte ich auf und stammte meine Hände in die Hüfte.  Minho lächelte kurz bevor er antwortete „Ich war grad noch im Fitnessstudio und habe jetzt endlich frei. Ich wollte mir etwas zu essen holen gehen, kommst du mit?", sein fragender Blick durchbohrte mich. Eigentlich wollte ich nicht zusagen. Aber ich hatte tatsächlich heute noch nichts gegessen und jede Ablenkung war mir gerade recht. Ich zog es vor mit jemanden essen zu gehen, als alleine in meiner Wohnung zu hocken und mir Gedanken über Sunghoon zu machen. Lächelnd nickte ich ihm zu. Zu meiner Erleichterung stellte Minho sein Motorrad ab und wir gingen zu Fuß in den nächstliegenden Convientstore, um uns etwas Schnelles für auf die Hand zu holen. Ich schnappte mir ein erfrischendes Zitronen Getränk und eine bereits verzehrfertige Nudelsuppe. Minho tat mir gleich. „Du scheinst auch beim Essen einen guten Geschmack zu haben" lachte Minho mir entgegen, als er ebenfalls die Limonade aus dem Regal nahm. Auch wenn es mir sehr unangenehm war, ließ mich Minho auf keinen Fall für meinen Einkauf bezahlen und die Frau an der Kasse hatte uns einen Spruch gedrückt wie „Wow, ihr seid ein sehr schönes Paar!", auch wenn ich es nicht hundertprozentig komplett verstand, da sie es eher zu Minho nuschelte. Wir setzen uns auf die freie Bank, die direkt seitlich des Convientstore stand und verputzen unser Essen in Handumdrehen. Ich bin erleichtert das die Stimmung zwischen mir und Minho nicht angespannt war. Es schien, als hätte er unser damaliges Date wirklich vergessen, ganz zu meinem Gunsten. „Was macht dein Freund heute?" Fragte er mich plötzlich und ich merkte blitzschnell, wie mein Gesicht errötete. Er konnte sich wahrscheinlich denken, dass der Mann, welcher mich letztens vergessen hatte abzuholen, mein fester Freund war. Ich schluckte einmal kräftig, bis ich Minho antwortete. „Er muss arbeiten", antwortete ich aber nur kühl. Minho blickte einfach nur starr geradeaus und nickte, um mir zu signalisieren das er verstanden hatte. Eine Weile saßen wir einfach nur auf der Bank und staunten darüber, wie weit der Sommer schon fortgeschritten war. Der Gedanke an die kalte Zeit, welche bald wieder beginnen würde, ließ mir einen kalten Schauer über den Rücken fahren. „Ich werde dann mal wieder losfahren, soll ich dich irgendwo rauslassen?" fragte Minho, als dieser gerade aufstand und seinen Helm wieder unter den Arm klemmte. Reflexartig stand ich auch auf. „Nein, alles gut. Danke, ich muss eh noch etwas besorgen", lehnte ich sein Angebot ab. So machte sich Minho wieder auf dem Weg zu seinem Motorrad und ich blieb noch eine Weile an derselben Stelle stehen. Auch wenn mich das letzte Gespräch mit Sunghoon aufmunterte, ich fühlte mich dennoch traurig und irgendwie so unfassbar einsam. Es scheint mir, als er hätte er noch weniger Zeit als vor unserer Beziehung. Ich wusste zwar, dass es alles mit dem neuen Album zutuen hatte, welches bald erscheinen würde, aber dennoch ließ mein Herz keine Ruhe. Ich wünschte ich könnte Sunghoon jeden Abend bei mir haben und jeden Tag sein lächeln sehen und seine raue Stimme hören. Ich beschloss mich auf den Weg zum YourSound Gebäude zu machen. Ich hatte keinen Plan und auch kein Ziel, aber vielleicht würde mir der Gedanke in seiner Nähe zu sein etwas Trost spenden. Nun klang ich auch schon wie seine Fans, vielleicht war ich auch nichts weiter als nur ein Fan, der immer noch weit entfernt von seinem Idol war. Es war verrückt so zu denken, schließlich hatten viele Fans nicht die Möglichkeit ihm so nahe zu sein. Geschweige denn eine Beziehung mit ihm zu führen. Der Weg zum YourSound Gebäude nahm zwar einige Minuten in Anspruch, aber selbst nur der Anblick des Gebäudes hatte sich gelohnt. Nicht nur wegen Sunghoon, sondern weil die Architektur einfach atemberaubend war. Ich kramte wie wild durch meine Hängetasche und nahm schließlich meinen Bleistift und weißes, schon leicht zerknittertes Papier heraus, um eine einfache Skizze des Gebäudes zu skizzieren. Wenigstens machte ich nun was für die Uni, dachte ich mir und lauschte den Geräuschen die mich Umgaben.  Jedoch hielt diese heilende Ruhe nur kurz an. Mein Handy klingelte und erneut kramte ich wild in meiner Tasche umher, diesmal auf der Suche nach meinem Handy und ich war erleichtert als ich es endlich fand. Ich hatte wirklich mit vielem gerechnet, aber es war ausgerechnet Sunghoon der mich gerade versuchte zu erreichen. Schnell nahm ich den Anruf entgegen. „Du hast nur ein Auge für die Architektur, aber du hast noch nicht die wunderschöne Sonnenblume neben dir beachtet", sagte Sunghoon, ohne dass ich überhaupt etwas in den Hörer sprechen konnte. Hatte er mich gesehen? Ich sagte erst einmal nichts und blickte auf den Boden neben mir. Er hatte Recht, eine einzelne Sonnenblume schoss aus dem Boden. Sie war noch recht klein, aber die gelben Blütenblätter strahlten hell in der Sonne. Verwirrt richtete ich meinen Blick auf das Gebäude, aber jeglicher Blick war nicht gewehrt. Alle Scheiben waren durch Folien abgedunkelt. „Ich bin gerade alleine, also mach dir keine Sorgen. Wenn du noch etwas Zeit hast, dann bleib wo du bist", war der letzte Satz den Sunghoon sagte, bevor er ohne ein weiteres Wort auflegte. Ich wusste zwar, dass es wahrscheinlich ewig dauern würde, aber ich wartete und ich würde auf ihn warten, ganz egal wie lange es dauern würde. Ich wartete so lange, dass die Sonne bereits schon untergegangen war, aber die noch vorhandene Sommerluft ließ mich nicht frieren. „Du bist wirklich noch da", hörte ich plötzlich Sunghoons Stimme, als er hinter mir auftauchte. Völlig außer Kontrolle begann ich zu strahlen und klammerte reflexartig meine Hände um ihn. „Wie kommts das du hier bist?" fragte Sunghoon schließlich und seine Frage ließ mich etwas peinlich berührt erröten. „Ich war gerade in der Nähe und brauchte noch eine Skizze für die Uni!", log ich, aber wahrscheinlich wusste Sunghoon schon die richtige Antwort. „Schön, dass wir uns so kurz hintereinander sehen können. Das ist wirklich zu selten geworden", sagte Sunghoon als er mir eine Haarsträhne hinter mein Ohr wisch. Immer wieder drehte ich mich um, um sicherzugehen das uns niemand zusammen sehen würde, auch wenn eine große Kappe sein Gesicht verdeckte. Wir beschlossen eine Runde durch den naheliegenden Park zu gehen und es war wunderschön, fast so, als hätte jemand die Zeit angehalten. Niemand, bis auf einzelne kleinen Familien waren sonst im Park, und es war schön ruhig. Auch wenn es schon etwas dunkel war, die kleinen Lichter am Rand des Weges ließen die Blumen in sanften Lichtern strahlen. „Dann erzähl mal, was hast du heute so spannendes gemacht?" forderte mich Sunghoon zum Reden auf. „Naja, mein Tag wird wohl nicht so spannend gewesen sein wie deiner", schmunzelte ich leicht. „Dasselbe wie jeden Tag, ich war in der Uni und habe dann beim Shoppen meinen Arbeitskollegen getroffen" fügte ich meiner Antwort hinzu. Sunghoon blieb einen Moment stehen. „Du meinst den einen, mit dem Motorrad?" fragte er und ich nickte bloß. Er schien nicht eifersüchtig zu sein, aber damals verfiel das erste Aufeinandertreffen der beiden nicht gerade gut aus. Ich entschloss mich einfach dazu, das Thema zu wechseln. „Was habt ihr Jungs heute so gemacht?", fragte ich ihn interessiert, aber zu meiner Überraschung schüttelte er nur lächeln mit dem Kopf. War etwas vorgefallen? „Ich habe momentan viel um die Ohren. Lass uns für einen Moment einfach das gewöhnliche Leben leben". Seine Worte verletzten mich. Ich wollte doch so gerne ein Teil seiner Welt sein, aber nun fühlte ich mich, als hätte er eine Mauer zwischen uns gezogen. Wahrscheinlich steigerte ich mich aber auch nur zu sehr hinein. „Ich glaube es fängt an zu Regnen. Ich glaube ich habe einen Tropfen abbekommen" stellte Sunghoon erstaunt fest und hielt einen Arm zum Himmel hoch, um seine Aussage zu überprüfen. Aber das hatte sich erledigt, als die großen Regentropfen plötzlich auf uns prasselten und den Boden um uns herum nässten. Ich streckte beide Arme aus. Ich liebte schon als kleines Kind den Sommerregen und der Duft erinnerte mich an meine glückliche Kindheit in Busan. Weg von all meinen Problemen.

In your thoughts | Sunghoon EnhypenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt