18. Kapitel (Lesenacht, Thorin)

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Gespannt warte ich auf ihre Reaktion. Jeder Muskel in meinem Körper ist angespannt und ich kann beinahe das Adrenalin durch meine Adern fließen spüren. Auf meine Frage hin, hat Amaris ihre Augenbrauen irritiert zusammengezogen und den Blick konzentriert in die Ferne gerichtet.

Wie gerne würde ich jetzt wissen, was sie denkt, was sie fühlt. Doch dieser Umstand wird sich erst ändern, wenn ich sie markiert habe. Sofern es überhaupt je dazu kommen wird... So wie unsere aktuelle Lage im Moment aussieht, würde mir Amaris eher den Kopf abreißen, als mir noch einmal zu nahe zu kommen. Und wie sehr mich dieser Umstand trifft, muss ich wohl kaum genauer ausführen. Allerdings kann ich mich nicht des Eindrucks verwehren, dass sich seit letzter Nacht etwas zwischen und geändert hat...

Vermutlich sind es nur Sekunden, bis sie mir antwortet, allerdings erscheint es mir so, als würden Stunden vergehen, bis sie schließlich meint:,,Ich glaube daran, dass es vieles gibt, was wir uns nicht erklären können und das einiges sich möglicherweise auch direkt vor unseren Augen abspielt, wir es aber einfach nicht kennen, teilweise auch einfach, weil wir es nicht wollen. Allerdings erschließt sich mir nicht, was deine Frage mit dem Thema zu tun hat, Thorin."

Dabei streicht sie sich eine ihrer blonden Haarsträhnen hinters Ohr, während ihr Blick mich beinahe zu durchlöchern scheint.. Heilige Mondgöttin, ich liebe es, wie sie meinen Namen ausspricht, auch wenn diese Gedanken gerade vollkommen unpassend sind!

Dennoch kann ich nichts gegen den Schauer, der mir meinen Rücken hinunter wandert, tun. Und selbst wenn ich es könnte, würde ich es vermutlich nicht tun! Dafür genieße ich diesen Umstand viel zu sehr. Noch immer frage ich mich, wie mir Amaris damals schon nicht auffallen konnte!

Meine beste Freundin war schon immer eine Schönheit mit ihren blonden Haaren und den Sommersprossen um die Nase herum. Aber vor vier Jahren... Sie war einfach meine beste Freundin. Da war nicht mehr von meiner Seite aus. Wie es bei ihr war, kann ich natürlich nicht sagen, allerdings vermute ich, dass es ihr da ähnlich ging.

Amaris hat nie Andeutungen gemacht oder mir in irgendeiner Art und Weise gezeigt, dass es anders gewesen wäre. Vermutlich hätte es mich zu diesem Zeitpunkt nicht einmal gestört, wenn sie mit anderen Jungs ausgegangen wäre, nun jedoch... Alleine die Vorstellung bringt alles in mir zum Kochen. Dies wird nie, niemals passieren! Zwar weiß sie noch nicht, dass sie meine Seelenverwandte ist, doch das wird mich nicht daran hindern, jeden Mann, der es sich auch nur wagt, in ihre Nähe zu kommen, von ihr fernzuhalten und zumindest mit Blicken zu erdolchen!

Prinzipiell ist es zwar nicht so, dass der Bund zwischen Gefährten nicht auch nur zu einer sehr innigen Freundschaft werden kann, doch in den letzten Wochen ist mir klar geworden, wirklich klar geworden, dass ich mich mit unserer früheren Freundschaft alleine, nicht zufrieden geben kann! Nicht mehr...

Im Grunde wundert es mich aber auch nicht, dass sie mir auf der anderen Seite nie auf diese Art aufgefallen ist, denn Werwölfe toben sich in ihrer Jugend sehr stark aus. Sei es auf sexueller wie auch auf anderer Ebene. Letztendlich ist es eine extremere Form der Pubertät. Selbst wenn ich damals mehr für sie empfunden hätte, wäre sie für mich tabu gewesen, denn die Angst sie zu verletzten, hätte mich an jeglicher Annäherung gehindert.

Stirnrunzelnd betrachtet mich Amaris. Wieder einmal legt sie ihren Kopf schief, was so unglaublich typisch ist. Das hat sie früher schon immer gemacht, wenn sie etwas nicht verstanden hat, sie eine Sache kritisch betrachtete oder auch einfach, wenn sie mich mal wieder mit Fragen gelöchert hat. Immerhin ist das eine der Dinge, die sich in den vier Jahren nicht verändert hat...

Himmel, wenn sie wüsste, wie sehr sie mir fehlt! Seien es unsere Gespräche oder auch einfach das Wissen, dass dort immer jemand direkt neben mir war, der mir stets den Rücken freigehalten hat, egal wie stressig mein Leben gerade gewesen ist oder auch, was für eine Scheiße ich gebaut habe! Es hieß immer wir gegen den Rest der Welt!

Natürlich ist mein Rudel meine Familie und sie alle werden alle immer einen enormen Stellenwert für mich haben, gerade auch weil ich diesem als Krieger gegenüber verpflichtet bin, aber Amaris..., es ist etwas anderes. Und vielleicht habe ich es tief in mir drin auch immer gewusst.

Letztendlich ist es mein Wolf, der mich knurrend darin erinnert, dass meine Mate immer noch auf eine Antwort von mir wartet. Es ist wirklich gut, dass sie dem Mystischem gegenüber nicht abgeneigt zu sein scheint, was mich bei ihr nun auch sehr verwundert hätte, schließlich hat sie gerade Fantasyromane immer verschlungen- doch es ist etwas völlig anderes, über solche Welten zu lesen, als zu erfahren, dass man ein Teil von dieser sein wird...

,,Amaris, meine vorherige Frage hat mehr mit der Wahrheit zu tun, als du dir vermutlich vorstellen kannst. Oft ist nichts so, wie es zunächst scheinen mag... Die Welt, in der wir leben, ist voll Mystischem, was euch Menschen für immer verborgen bleiben wird, einfach weil ihr nicht daran glaubt, dass es wirklich existieren könnte."

,,Moment mal, Thorin. Was meinst du mit >uns Menschen< ? Du bist doch genauso menschlich, wie ich." Ihre gesamte Körperhaltung drückt aus, wie irritierend diese gesamte Situation aktuell für sie ist und ich kann es meinem Gegenüber nicht einmal verdenken, denn vermutlich würde ich nicht anders handeln. Amaris hat die Arme vor der Brust verschränkt und kaut unsicher auf ihrer Unterlippe herum:

,,Das ist so nicht ganz richtig, Mondfee." Mit einem aufmunternden Lächeln, streiche ich sanft über die Wange, was sie leise aufkeuchen lässt. Die Spannung zwischen uns ist deutlich spürbar und ich kann nicht leugnen, dass ich es genieße. Aber im Moment gibt es deutlich Wichtigeres! Und sie muss es endlich erfahren!

Kurz stocke ich dennoch, denn ich habe Angst vor ihrer Reaktion, wenn ich ihr erkläre, dass ich ein Werwolf bin. Wird sie schreiend weglaufen? In Ohmacht fallen? Oder wird sie sich überhaupt noch in meine Nähe wagen? Gerade der letzte Gedanke löst einen ungeahnten Schmerz in mir aus, bei dem mein Herz sich stark zusammenzieht. DAS.DARF.NICHT.PASSIEREN!

,,Bitte, lauf gleich nicht weg. Ich verspreche dir, dass ich dir nichts tun werde." Mein Blick ist bittend, als ich meinem Gegenüber in die Augen schaue. Wie gern würde ich sie jetzt wieder küssen, doch ich traue mir aktuell selbst nicht, vor allem nicht nach der letzten Nacht. ,,Thorin, was zur-"

Bevor Amaris ihre Frage stellen kann, habe ich mich bereits von ihr abgewendet. Da ich meine Kleidung nachher sicherlich noch brauchen werde und sie vermutlich nicht allzu froh darüber wäre, wenn ich gleich nackt vor ihr stehe, verschwinde ich hinter den Bäumen.

Tief atme ich durch, bevor ich das vertraute Brennen fühle, welches sich einen Weg durch meinen Körper bahnt, während all meine Knochen brechen und sich neu zusammensetzen. Kurze Zeit später stehe ich nun auf meinen vier Pfoten. Das vertraute Gefühl, welches mich durchfährt, als ich das weiche Gras unter mir spüre, sowie der sanfte Luftzug, der durch mein graubraunes Fell streicht, beruhigen mich nur bedingt. Selbst von hier, nehme ich Amaris Atmung wahr, ich höre das Zwitschern der Vögel aus der Ferne und rieche trotz der Entfernung, dass sich irgendjemand Fisch kocht.

Auch wenn meine Sinne in menschlicher Gestalt deutlich besser sind, als die eines Menschen, so ist es dennoch nie zu vergleichen, wie wenn ich mich in meiner Wolfsgestalt befinde. In den letzten Jahren habe ich so viel lernen müssen und teilweise auch Dinge gesehen, die ich niemanden wünsche, doch nun habe ich Angst.

Was ist, wenn sie schreiend davon läuft? Oder hiernach nichts mehr mit mir zu tun haben möchte? Mein innerer Wolf winselt. Nein! Sie wird es akzeptieren. Amaris weiß, wer ich bin.

Und so trete ich langsam hinter den Bäumen hervor, woraufhin sofort ein lauter und spitzer Schrei ertönt.


So, das war dann auch schon das letzte Kapitel. Ich hoffe, die Lesenacht hat euch genauso gefallen, wie mir. 😇🎆

Wollt ihr eine Wiederholung? 🤔

Ob Amaris wohl in Ohmnacht gekippt ist? Und jep, der Cut ist verdammt fies. 😅😂

Was vermutet ihr, wird wohl im nächsten Kapitel passieren? 😎

Wer ist bisher eigentlich so euer Lieblingscharakter? 🥳

Wie steht ihr zum den Sichtwechseln? 😄

Habt alle noch einen angenehmen Abend und schlaft gut und träumt süß, falls ihr nun ins Bett geht. 🎆🌃

Fühlt euch alle mal ganz lieb umarmt! ❤️

Eure Weltenwandlerin 🌏🌍🌎

WolfsmondWo Geschichten leben. Entdecke jetzt