23. Kapitel (Amaris)

130 17 96
                                    

Bedächtig und vollkommen in meinen Gedanken versunken, steige ich aus dem Bus, welcher mich nur wenige Meter entfernt von meinem Arbeitsplatz absetzt. Die Luft ist in den letzten Tagen noch kälter geworden und mein warmer Atem vermischt sich mit der kalten Luft. Auch die Sonne kommt kaum noch richtig aus ihrem Bett und dementsprechend schneidend ist der Wind, der mir um den Kopf pfeift.

Ich schlinge mir meinen pastellfarbenen Schal, der in allen Farben des Regenbogens erstrahlt, enger um den Hals und ziehe mir die dazu passende Mütze tiefer in mein Gesicht. Verdammt, es ist wirklich frisch geworden und die leichte Erkältung, die ich mir vor ein paar Tagen durch mein nächtliches Abenteuer geholt habe, macht es nicht gerade besser! Im Nachhinein könnte ich mir für mein eigenes Verhalten eine scheuern, denn wäre Thea nicht da gewesen, hätte wer weiß was passieren können.

Frustriert seufzend überspringe ich den nächsten Song auf meiner Playlist, da ich auf Liebeslieder nun aktuell wirklich keine Lust habe. Stattdessen ertönt nun die kraftvolle Stimme von Christina Vee in meinen Ohren, die mir Zeit gibt, um meine Gedanken zu ordnen.

Die letzten Tage waren hart..., aber in gewisser Weise heilsam. Ich habe alles andere als mit dem Thema >Werwolf und Thorin< abgeschlossen, allerdings da ich nun meine Antworten habe, kann ich es um einiges besser einordnen und vor allem verstehen. Das wohl Wichtigste ist aber, dass meine Wunden beginnen können zu heilen. Etwas, das vorher nicht möglich gewesen ist, obgleich ich so hart dafür gekämpft habe.

Nachdem ich mir jetzt fast eine Woche Urlaub genommen habe, fühle ich mich wieder in der Lage, mit Thorin zu reden und vor allem auch meiner Arbeit nachzugehen. Möglicherweise, aber nur ganz vielleicht, freue ich mich auch darauf diesen wiederzusehen.

Thea war fast die ganze Zeit über bei mir und hat darauf geachtet, dass ich genug gegessen und getrunken habe. Wenn ich wieder kurz vor dem Zusammenbrechen war, ist sie da gewesen und hat mich einfach stumm im Arm gehalten, was mir unglaublich gut getan hat. Bedingt dadurch, dass sie ihre eigene Chefin ist, sie hat schließlich ihr eigenes Modelabel, war dies auch kein Problem. Ich weiß wirklich nicht, wie die letzte Woche ohne sie verlaufen wäre.

Vollkommen in meinen Gedanken versunken, gehe ich schnellen Schrittes den sich windenden gepflasterten Pfad hoch, der zu Frau Grimms Buchladen führt und von schneebedeckten Tannen flankiert wird. Die Landschaft dieses Landes fasziniert mich einfach immer wieder aufs Neue und ich bin wirklich sehr dankbar, dass ich hier leben und arbeiten darf...

Kurz darauf betrete ich das Geschäft, wo mich schon freudig meine Chefin, mit einem großen Bücherstapel im Arm, erwartet:,,Amaris, schön dass du wieder da bist! Geht es dir besser?" Mit einem leichten Lächeln nicke ich ihr zu. Ich mag sie wirklich, aber sie ist immer noch meine Vorgesetzte und schließlich kann ich ihr den wahren Grund für meinen Zusammenbruch so oder so nicht sagen. Wie sollte ich es ihr auch erklären, ohne dass sie mich für komplett verrückt erklärt?

,,Ja, ich hatte private Probleme, die mir sehr auf den Magen geschlagen haben, aber es wird. Danke, Ihnen für die Nachfrage." Sie nickt mir freundlich zu: ,,Sehr schön! Dann herzlich willkommen zurück! Wenn du willst, kannst du hier vorne bleiben und die Kasse bedienen, falls jemand kommen sollte, und nebenbei Bücher einräumen. Thorin ist hinten im Lager, aber er dürfte gleich fertig sein."

Hm, soll das eine indirekte Aufforderung sein? Aber im Grunde... Frau Grimm weiß nichts von Thorin und mir, weder was einst zwischen uns gewesen ist noch was er mir vor ein paar Tagen anvertraut hat. Also wird es wohl reiner Zufall sein. Mit diesem Gedanken beginne ich mich endlich wieder an die Arbeit zu machen.



,,Das macht dann bitte, 26,52 Euro. Zahlen sie bar oder mit Karte?" ,,Mit Karte bitte." ,,Dann halten Sie diese bitte einmal hier vor. Ich wünsche Ihnen noch einen schönen Tag. Bis zum nächsten Mal." Mit einem Lächeln auf den Lippen verabschiede ich den Kunden. Gerade als ich mich umdrehen will, um weiter neue Exemplare in die Regale einzuräumen, stoße ich gegen eine harte Brust.

WolfsmondWo Geschichten leben. Entdecke jetzt