20.Kapitel (Amaris)

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,,Mach dir keine Sorgen, Thorin. Ihre Vitalfunktionen sind alle im grünen Bereich." ,,Aber warum wacht sie dann nicht auf?"

,,Ich habe Amaris etwas zur Beruhigung gegeben. Ihr Geist braucht Ruhe, um das Erlebte zu verarbeiten. Du darfst nicht vergessen, dass es für sie sehr schwer sein muss, das Erzählte zu verstehen. Gib ihr einfach etwas Zeit. Schließlich musste sie auch lange genug auf dich warten."

Meine Vitalfunktionen? Wo bin ich überhaupt? Was geht hier vor sich? Und warum werde ich nicht richtig wach?

Neben mir höre ich ein frustriertes Seufzen und eine sich schließende Tür. Ist Thorin jetzt gegangen? Oder war es doch der Arzt? Wer würde schließlich sonst über meinen Gesundheitszustand so genau Bescheid wissen?

,,Ich hätte es dir wohl schonender beibringen sollen... Aber dir war eine direkte und offene Art ja eigentlich früher schon immer viel lieber.... Nur dass du umkippen würdest, damit hätte ich nicht gerechnet...."

Ja, wie denn auch? Wer hätte denn ahnen können, dass du ein verdammtes Fabelwesen bist, wo ich mir in meinen kühnsten Träumen nicht habe vorstellen können, dass es so etwas wirklich gibt?! Existiert vielleicht auch noch der Mann im Mond? Und ist unsere Welt vielleicht doch eine Scheibe?!

Bevor ich mich jedoch weiter aufregen kann, setzt erneut die Wirkung der Beruhigungsmittel ein. So drifte ich sanft in eine mich umhüllende Schwärze zurück. Das Letzte, was ich wahrnehme, sind Thorins in der Stille verklingende Worte:,,Es tut mir leid, Amaris... So unendlich leid..."

Das nächste Mal, als ich wieder zu mir komme, bin ich allein. Das spüre ich ganz genau. Denn jedes Mal wenn sich Thorin in meiner Nähe befindet, scheinen mehrere Funken über meine Haut zu tanzen und es fällt mir oftmals schwer, einen klaren Gedanken zu fassen.

Seine Nähe stellt Dinge mit mir an, die mir, seitdem er wieder hier ist, nicht ganz geheuer sind. Und so wie es sich anfühlt, wird dieses intensive Kribbeln immer stärker, je öfter wir uns wieder sehen. Glücklicherweise gelingt es mir dieses Mal meine Augen zu öffnen. Wo ich mich genau befinde, ist mir allerdings ein Rätsel.

Der Raum wirkt sehr steril und außer dem Bett, in welchem ich mich befinde, sowie einem kleinen Tisch, einem Schrank und einem Stuhl, befindet sich hier nichts. Bin ich etwa in einem Krankenhaus?

Ein Gedanke nach dem anderen rast durch meinen Kopf und ich bekomme keinen so richtig zu fassen. Mir ist klar, weshalb ich hier bin. Thorin muss mich nach meinem Zusammenbruch hergebracht haben, aber wo ist er und noch viel wichtiger... War unser gesamtes Gespräch nur ein Traum? Ein wahrhaftig abgefahrener?
Aber warum liege ich dann nun hier?

Frustriert setze ich mich langsam auf und streiche mir gestresst eine Haarsträhne hinter mein Ohr. Oh man... Das alles passiert doch gerade nicht wirklich, oder? Ich meine... der Junge, den ich kenne, seitdem ich denken kann, soll ein verdammter Werwolf sein? EIN WERWOLF?! Das muss doch wohl alles ein schlechter Scherz sein! Und er ist verdammt schlecht!

Auf der anderen Seite würde es so einige wirklich seltsame Vorfälle in unserer Vergangenheit erklären... So ist Thorin zum Beispiel mit vierzehn einmal in eine Schlägerei hineingeraten. Ich weiß bis heute nicht worum es ging, das hat er mir leider nie verraten, aber nur einen Tag später war nichts mehr von seinen Wunden zu sehen gewesen.

Schon damals habe ich mich gefragt, wie dieser Umstand überhaupt möglich war, aber ich habe ihn nie darauf angesprochen. Vielleicht hätte ich das aus heutiger Sicht wirklich besser tun sollen, aber... Ich habe es einfach nicht gekonnt, denn ich habe bereits zu diesem Zeitpunkt gemerkt, dass er mir hierauf keine Antwort geben würde.

Und ich habe diesen Umstand akzeptiert. Jetzt gerade frag ich mich allerdings, ob dies möglicherweise ein Fehler war. Ein anderer Aspekt, der mich vermutlich auch hätte stutzig machen sollen, ist der, dass Thorin schon immer sehr viel schneller war und auch seine Reflexe ungewöhnlich... gut funktioniert haben.

WolfsmondWo Geschichten leben. Entdecke jetzt