[020] Fort Benning

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„Bist du noch sauer auf ihn?" „Ich weiß nicht

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„Bist du noch sauer auf ihn?"
„Ich weiß nicht. Vielleicht." Ich verschränkte die Arme unschlüssig vor der Brust, während meine Augen zu dem rauchenden, überhitzten Motor wichen - Dales Motor.
„Ich glaube, er möchte nur das Beste für uns", sagte Lori in einem misslungenen Versuch, ermutigend zu wirken. Die Wahrheit war, dass sie diesen gottverdammten Plan genauso durchschaute wie ich es tat.

„Das Beste", seufzte ich, „wird sicher nicht sein, nach Fort Benning zu fahren. Wir brauchen keine weitere verdammte Militärbasis, Lori, wir brauchen unsere Familie." Kopfschüttend zwang ich meinen Blick auf die Braunhaarige, welche nervös von einem Fuß auf den anderen wippte, während sie die Hände unentschlossen in die Hüften gestemmt hielt.

„Was ist mit Mom und Dad?", fragte ich. „Machst du dir gar keine Sorgen um Daniel?"
„Natürlich mache ich mir Sorgen, Gia. Alles, was ich tue, ist, mir Sorgen zu machen", behauptete sie und schlug die Augen nieder.
„Von wegen", entgegnete ich höhnisch. „Du weißt, dass Ricks Plan zum Scheitern verurteilt ist und trotzdem sagst du nichts!" Lori stieß leise zischend die Luft aus. Plötzlich war sie wütend, ausnahmslos enttäuscht, dass dieses Gespräch nicht ihren absurden Vorstellungen entsprach.

„Was hätte ich deiner Meinung nach tun sollen, Gia? Er ist mein Ehemann. Er braucht mich, vor allem jetzt. Nach allem, was passiert ist, ist es das Mindeste, was ich gerade tun kann. Wir müssen zusammenhalten." Sie starrte Löcher in mein Seitenprofil, beobachtete, wie ich leise mit dem Fuß tappte und mir nichts mehr wünschte, als diesem Gespräch zu entkommen.

Sie versteht es einfach nicht!, schimpfte mein Unterbewusstsein aufgebracht, während die schlaue Stimme in meinem Kopf leise antwortete: Hast du wirklich etwas anderes erwartet?

Stöhnend reckte ich die Arme über meinem Kopf und überlegte mir eine schlagfertige Erwiderung, ehe ich bemerkte, wie Shane aus dem Wohnwagen trat. Skeptisch musterte er die lange, scheinbar endlose Autobahnstraße, die uns noch bevorstand, bis sein Braun endlich meinem Grün begegnete. Er machte eins, zwei, drei große Schritte und dann stand er vor mir.

„Hey, Baby", murmelte er leise, schon fast zu leise, während er einen Arm um meine Hüften schlang und einen Kuss auf meinen Tempel hauchte. Ich wich zurück.
„Was ist los?", fragte der ältere Polizist augenblicklich, doch benötigte er keine Antwort, um zu verstehen, worüber ich nachdachte. Meine Augen, realisierte er, lagen wie gebannt auf der schwarzen Schrotflinte, die er sicher in seiner linken Hand umschlossen hielt.

Ein leises, nahezu spöttischen Tsk fiel von Shanes Lippen, während seine rechte Hand meinen Rücken hinab wanderte und grob meinen Po umfasste. Er streckte sich vor zu einem Ohr, seine Lippen streiften meine Haut, und er flüsterte: „Willst du dich wirklich den ganzen Tag so benehmen, Georgia?" Erneut antwortete ich nicht. Shane Walsh knirschte ungeduldig mit seinen Zähnen und trieb ein flaues Gefühl in meinen Magen. Schon fast, als wäre ich nur ein kleines, stures Mädchen, das von ihrem Vater für ihr schlechtes Verhalten getadelt wurde. Ich schluckte angestrengt, ohne nur ein Wort an ihm zu verlieren, gar einen Blick an ihm zu verschwenden.

Ein Meer aus Bildern schwirrten mir im Gedächtnis - eines erschreckender als ein anderes - und jedes Mal endeten die Erinnerung bei Shane, der Dr. Edwin Jenner schreiend die Schrotflinte ins Gesicht presste und unaufhörlich drohte, ihm auf der Stelle das Leben zu nehmen; ihn zu ermorden. Ich sah, seine weit aufgerissenen braunen Augen und seinen weit aufgerissenen Mund. Ich sah den Wahnsinn, der sich so schamlos auf seinem Gesicht offenbarte. Ich sah Shane - oder nur eine Seite von ihm. Ich war nicht mehr ganz sicher.

Ich grübelte, bemerkte nicht, wie Shanes Augen zu Lori zuckten und dort einen Moment verweilten, ehe seine Vernunft ihn zurück in meine Richtung stieß. Er wartete, doch verblieben meine Lippen fest zu einem Strich zusammengepresst.
„Was auch immer." Zischend kehrte er mir den Rücken zu und verschwand in die Richtung, wo Dale und Rick angestrengt über das Wohnmobil diskutierten.

***

Lori bezeichnete die Autobahn als einen Friedhof, und sie hatte recht. Dennoch bahnte ich mir alleine einen Weg zwischen die Autos, vergrub mein Kopf in die offenen Fenster und warf einen flüchtigen Blick in das Fahrzeuginnere.

„Bist du okay?" Ich zuckte erschrocken zusammen, als die vertraute, raue Stimme von Daryl Dixon plötzlich laut in meinen Ohren klang. Schnell riss ich den Kopf zur Seite und begegnete seinen zwei wasserblauen Augen.
„Ja", stieß ich atemlos hervor, „mir gehts gut." Ich strich mir die langen Strähnen aus dem Gesicht.
„Wirklich?"
„Ja, wirklich." Der Biker musterte mich eindringlich, während meine Augen zurück zu Shane wichen, der sich leise zwischen den Autos verbarg und nach etwas brauchbaren suchte, dass uns den langen Weg nach Fort Benning erleichtern würde; Wasser, Essen, Decken, irgendetwas.

„Weißt du, er hätte ihn erschossen. Du konntest es in seinen Augen sehen", sagte der Braunhaarige trocken, sein Blick nun ebenso auf Shane gerichtet.
„Was?" Ich sah zurück zu Daryl. „Nein, hätte er nicht."
„Woher willst du das wissen?", antwortete er herausfordernd, seine Brauen weit in die Höhe gezogen, als gäbe es in seinem Kopf keinen Zweifel, dass Shane Walsh bereit wäre, zu morden.

Nein, mein naives Herz begann mechanisch den Kopf hin und her zu schütteln, nicht Shane. Er ist Polizist, gottverdammt! Er hätte Dr. Edwin Jenner nicht ermordet. Nicht er. Nein, es schüttelte immer schneller den Kopf, das hätte er nicht.

„Ich-", jedes Wort - jede Ausrede - blieb wie in meinem Hals verschluckt. Ich räusperte mich leise, während die Narbe auf meiner Schläfe unaufhörlich zu pochen begann.

„Ich weiß es einfach, Daryl! Er ist mein verdammter Verlobter, hast du das etwa vergessen?", presste ich mühsam hervor, als der Biker plötzlich einen großen Schritt auf mich zutrat, eine Hand auf meine Lippen legte und mich ruckartig zu Boden zog. Ich erzitterte, meine grünen Augen weit vor Schreck aufgerissen, während das Gesicht von Daryl Dixon nur noch Zentimeter von meinem Gesicht entfernt lag.

Vorsichtig zog er seine Hand von meinen Lippen und signalisierte mir leise zu sein. Ich nickte.

Flüchtig schaute der Braunhaarige über seine Schultern, als würde er etwas zwischen den Autos erkennen. Er fluchte leise - zu leise, als dass ich etwas hätte verstehen könnten - und dann sah er zu mir.
„Blieb hier", flüsterte er und verschwand weiter auf die Autobahn, ohne eine Antwort abzuwarten, gar sich nach meiner Meinung zu orientieren.

Alleine, realisierte ich. Ich war nun vollkommen alleine.

Zögerlich ließ ich meinen Blick zwischen die Autos wandern, krampfhaft auf der Suche nach dem, wovor wir uns versteckten, als ich plötzlich eine schnelle, kurze Bewegung in meinem Augeninneren ausmachte. Ich beobachtete, ängstlich, wie das kleine Mädchen Sophia kreischend unter einem der Autos hervorkam und die Autobahn hinab in den Wald flüchtete, gefolgt von zwei Streunern, die doppelt so groß sein mussten wie sie.

Meine Augen wichen zurück zu der Stelle, wo Daryl Dixon verschwunden war, und dann zu dem Mädchen - hin und her -, ehe ich mich vom Boden abstemmte und ihr völlig blind nacheilte.

Devil In Your Eyes {THE WALKING DEAD FF.}Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt