___________________________
Wolfs Sicht:
Mit einer Vollbremsung blieb ich zehn Meter vor dem verunfallten Auto stehen.
Die mir unbekannte Person hatte es in der Zwischenzeit geschafft, die Türe der Fahrerseite aufzureißen. Ein Kampf entstand in mir.
Sollte ich zur Hilfe eilen oder abwarten, was diese geheimnisvolle Person vorhatte.
Vielleicht will sie ihm ja nur helfen oder hatte die Person andere Hintergedanken?
Meine Aufmerksamkeit widmete sich wieder dem Szenario, als Mark herausgezogen wurde.
Von der Entfernung aus konnte ich seinen Zustand nicht erkennen, doch sein hängender Kopf und seine hängenden Arme verrieten es mir.
Verwundert über die starke Kraft der vermummten Person musterte ich sie von oben bis unten. Erst jetzt fielen mir die dünnen Arme auf und die schmale Figur.
Durch die Körperform müsste es eine Frau sein. Alle meine vorhandenen Sinne stellten sich auf, als die Frau anfing, in seinen Taschen herumkramen.
Ohne weiter drüber nachzudenken, startete ich mein Motorrad wieder und legte die restlichen Meter, die uns trennten, zurück.
,,HEY, Hände nach oben!”, schrie ich voller Zorn die Frau an, als ich angekommen war und meine Waffe rausgeholt hatte.
Sie hielt in ihrer Bewegung inne. Keine einzige Regung. Kein Laut. Nur der eiserne Wind pfiff durch die Stille und ließ die aufgesetzte Kapuze der Frau zurückrutschen. Doch bevor ich etwas erkennen konnte, hielten ihre zarten Finger die Kapuze fest.
Langsam richtete sie sich auf. Durch die Dämmerung umhüllte ein schwarzer Schatten ihr Gesicht. Nur die eisblauen Augen stachen hervor. Sie ließen mich erschaudern und erinnerten mich an die von Mark.
Doch bevor ich komplett in meinen Gedanken versank, rannte die Frau plötzlich los. Ohne zu zögern sprang ich von meinem Motorrad auf und rannte ihr hinterher. Wir liefen durch verschiedene Gassen.
Die eine dunkler als die andere. Immer wieder schmiss sie mir Gegenstände in den Weg. Dank einem unaufmerksamen Moment von mir stolperte ich über meine eigenen Füße. Hart kam ich auf dem nassen Boden auf. Sofort blendete ich die Schmerzen aus und richtete mich wieder auf.
Doch die Frau war wie vom Erdboden verschwunden. Keine Menschenseele schlich durch die dunklen Gassen. Selbst der Wind hatte sich zurückgezogen.
Ein merkwürdiges Bauchgefühl machte sich in mir breit. Gerade als ich mich entschieden hatte, umzukehren, ertönte ein lauter Knall. Meine Augen huschten über die Umgebung. Sie war immer noch hier. Auf ein Neues holte ich meine Waffe hinaus.
,,Es bringt dir nichts, sich zu verstecken.”, versuchte ich, die Frau mit meinen Worten hervor zu locken.
Blitzschnell drehte ich mich um, als wieder etwas laut auf dem Boden aufkam. Zu meiner Überraschung begrüßte mich eine schnurrende Katze. Ihr eigentlich weißes Fell war von Dreck verschmutzt.
,,Ach du warst es nur. Hast mir einen ganzen Schrecken eingejagt.”, sprach ich zu dem kleinen Lebewesen und beugte mich zu ihr runter.
Gerade als ich wieder dachte, dass die Frau mir entkommen war, konnte ich Schritte wahrnehmen. Von Sekunde zu Sekunde wurden sie schneller und verblassten in der Dunkelheit. Ich drehte mich in die Richtung und konnte noch einen schwarzen Schatten wahrnehmen.
Blitzschnell rannte ich dem schwarzen Schatten hinterher. Nässe drang in meine Turnschuhe ein, als ich durch mehrere Pfützen rannte. Meine Beine wurden immer schwerer und ein Stich machte sich in meiner Hüfte breit. Doch Hoffnung schwang in mir auf, als der schwarze Schatten der unbekannten zur der Frau aufschloss.
Mit letzter Kraft holte ich die uns entfernten Meter auf.
,,Stehen bleiben!”, rief ich ihr hinterher und fühlte mich ein wenig wie ein Cop.
Gerade als ich sie fast eingeholt hatte, stolperte ich über meine eigenen Füße. Ich bereitete mich auf den harten Aufprall vor, doch landete auf etwas Weichen.
Verwundert machte ich meine Augen auf und stützte mich sofort ab, als ich realisierte, worauf ich gelandet war. Mein Blick wanderte zu den Ozeanblauen Augen.
Dort, wo ich eigentlich eine komplette Stille erwartet hatte, herrschte ein wildes Treiben. Undefinierbare Gefühle spiegelten sich in ihren Augen wider. Die pechschwarzen Haare fielen ihr ins Gesicht und verdeckten einen Teil ihrer Augen wieder.
Doch mir schien dieser Anblick nicht Fremd. Wo hatte ich sie schon einmal gesehen? Diese schimmernden Augen und das pechschwarze Haar. Plötzlich traf es mich wie ein Blitz.
,,Esmeray?”, platze mir mein Gedanke heraus.
,,Geh von mir runter.”, bellte sich mich an und presste ihre Hände gegen meine Brust.
Erst jetzt fiel mir meine Position gegenüber ihr auf. Meine Hände hatte ich auf beiden Seiten neben ihr abgestützt und lehnte mich somit über ihr drüber.
Mein rechtes Knie war zwischen ihren Beinen positioniert. Sofort rollte ich mich von ihr weg und nahm neben ihr auf dem Boden platz.
,,Das wird ein Nachspiel haben.”, giftete sie los, bevor sie sich aufrappelte und in der nächsten Gasse verschwand.
Verwirrt ließ sie mich zurück. Warum hatte ich bei ihr so ein ungutes Gefühl? Ein Gefühl, das mir verriet, dass noch mehr hinter diesen Ozeanblauen Augen steckte? Ein Geheimnis, welches sie mit ihrem Leben beschützte.
Ein schelmisches Grinsen bildete sich auf meinen Lippen. Wird wohl Zeit dieses düstere Geheimnis zu lüften. Man sieht sich immer zweimal im Leben.
,,Esmeray”.
___________________________
DU LIEST GERADE
Silence of death
ActionBand 2. von The lost Twins Freut euch auf die Fortsetzung von The lost Twins __________________________ Kann die Einsamkeit einen Menschen so sehr ins Verderben treiben? Die pure Stille, die pure Lust auf Rache. Ein Schmerz der immer wieder einem di...