2.27 Kapitel

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Jeans Sicht:

Ich wusste nicht, wie lange, ich schon so regungslos auf dem Boden lag. Es hätte sich wie eine Ewigkeit anfühlen können, doch auch wie eine milli Sekunde. Nicht wirklich nahm ich wahr, wie die Tür aufgerissen wurde, durch die Wolfi noch vor kurzem gegangen war.

Durch die verschiedenen Schritte konnte ich erkennen, dass es mehrere Personen waren. Von einem schwachen Luftstoß konnte ich einen vertrauensvollen Geruch wahrnehmen.

Es war nichts anderes als das Aftershave von Freddie. Wie lange war es her, als dieser Geruch meine Nase berührt hatte?

,,Jean.", erklang passend dazu seine tiefe und rauchige Stimme.

Gleichzeitig spürte ich, wie mein Kopf leicht angehoben wurde und ich plötzlich auf etwas Weichem lag. Ich drehte meinen Kopf ein wenig, um direkt in seine wunderschönen Augen sehen zu können.

Ein weiteres Mal verlor ich mich komplett in ihnen. Sie waren so wunderschön. Doch ich erkannte, dass in ihnen ein tiefer Sturm wütete. War es meinetwegen? Niemals würde er es mir so einfach verzeihen.

,,Freddie.", sprach ich mit zitternder Stimme zu ihm.

Noch immer tat meine Unterlippe bei jeder Bewegung weh.

,,Psst", hielt er mich still im Arm und fuhr mit seinen Fingern durch meine Haare.

War das hier gerade wirklich passiert? Liege ich wirklich in seinen Armen.

,,Ich dachte, du bist Tod. Wir haben dich doch begleitet.", warf er eine Frage in den Raum, bei der ich, wusste das, sie kommen würde.

Doch mein Mund war Staub trocken. Ich wusste nicht, was ich darauf antworten sollte. Denn selbst nach all den Monaten, die vergangen waren, wusste ich es selbst nicht. Nur verschwommen konnte ich die einzelnen Puzzleteile sehen.

,,Ich weiß es nicht. Irgendwann war ich bei dem Kartell und der Mafia gelandet.", sprach ich mit zitternder Unterlippe aus.

Die pure Verwirrung war in sein Gesicht geschrieben und als er gerade weitere Fragen stellen wollte, unterbrach ihn jemand.

,,Jean!", konnte ich die Stimme meines Bruders wahrnehmen.

Ein weiteres Gefühl überschlug mich. Es war eines des letzten Teils das mir gefehlt hatte. Das letzte Teil, was mich ausmachte. Was mein Herz einen Sinn zum Schlagen gab.

Das eine Stück galt Freddie und das andere Mark. Sie waren die fehlenden Puzzleteile. Nur noch mehr spürte ich, wie sehr ich sie vermisst hatte und wie sehr ich mich doch so einsam gefühlt hatte.

,,Du lebst.", sprach er wieder weiter und ich drehte meinen Kopf zu ihm rüber. Sofort kam mir ein Funkeln seiner blauen Augen entgegen.

,,Mark, ich..", wollte ich anfangen ihm alles zu erklären, doch er stürmte wieder aus der Tür.

Direkt bildete sich ein dicker Kloß in meinem Hals. Auch wenn mir von Anfang an klar war, dass nichts so sein würde wie früher, tat es trotzdem weh. So sehr das alles wieder zersprang. Wie Scherben lag mein Herz auf dem Boden verteilt.

Blut schmückte die einzelnen Spitzen der kleinen Scherben. Sie waren so klein, doch umso schmerzhafter. Ich wollte sie aufheben und zusammen legen, doch immer wieder schnitt ich mich.

Immer mehr Blut landete auf den Scherben. Bis es nur noch ein Meer voller Blut war und die einzelnen Scherben wie Fische darin schwammen.

Sie alle waren so zerbrechlich, dass man noch mehr Angst hatte, dass sie zersplittern, wenn man sie anfassen würde. ,,Er wird Zeit brauchen.", versuchte eine Stimme zu mir durchzudringen, doch ich registrierte sie nicht wirklich.

Sie war so fern, doch auch wiederum so nahe. Wie wenn ich nur ein wenig meine Finger ausstrecken müsste, um sie direkt zu berühren. Ich versuchte es zu erreichen, doch schaffte es nicht. Sie war zu weit weg.

Die Stimme des Mannes, den ich über alles liebte. Doch jetzt ist nur noch der Schall seiner geborgenen Stimme zu hören. Er prallte an den hohen schwarzen Wänden des tiefen schwarzen Loches ab, in dem ich mich gerade befand.

Von der einen Sekunde zur anderen lag ich nicht mehr auf dem Schoß von dem Mann meiner Träume, sondern stand nun in der kompletten Dunkelheit. Kein Weg wies auf einen Ausweg. Das Loch war wie eine Kugel.

Immer wieder lief man an derselben Stelle vorbei, wie schon kurz davor. Doch plötzlich war etwas anders. Ich konnte Babygeschrei hören.

Oder sollte ich lieber bitteres Weinen sagen? Automatisch lief ich in die Richtung. Das Geschrei wurde immer lauter und langsam konnte ich ein helles Licht erkennen.

Schon nach wenigen Schritten kam ich an dem Licht an. Vorsichtig streckte ich mein Zeigefinger danach aus und sofort erlosch es, genauso wie das Geschrei.

Doch plötzlich wurde mir der Boden unter den Füßen weggezogen und ich fiel in ein tiefes schwarzes Loch.

Für einen kurzen Augenblick nickte ich weg und als ich wieder aufwachte, erstreckte sich vor mir ein laufendes Getümmel.

Frauen und Männer hetzten in dem Raum umher, in dem wir uns befanden. Mittendrin befand sich eine Frau in einem Krankenbett liegend.

Ihre Augen waren geschlossen und auf ihrer Stirn waren Schweißperlen zu sehen. Sie glänzten in dem kühlen Licht der Deckenbeleuchtung.

Tiefe Augenringe schmückten ebenfalls ihre zarte Haut des Gesichts. Ich wendete meinen Blick wieder ab, als mir eine Krankenschwester die Sicht versperrte.

Gleich darauf nahm ich allerdings ein Babygeschrei wahr. Sofort drehte ich mich in die Richtung und konnte ein Neugeborenes in den Armen eines Mannes erkennen.

Er sah so glücklich aus, doch in seinen Augen lag ebenfalls Trauer. Sein Blick wanderte zu der Frau auf dem Krankenbett, über die im selben Moment eine Decke gelegt wurde und die Sicht auf ihr Gesicht verschwand.

Ein schwerer Kloß bildete sich in mir als ich alles realisierte. Es musste ein Engel gehen, um ein neuer den Weg auf die Erde zu finden. Wieso hatte ich das alles aber gesehen?

War das eine Szene, die schon geschehen war oder wurde mir gerade die Zukunft vor Augen gebracht?

Doch wer war die Frau und der Mann?
Ihre Gesichter waren für mich so verschwommen, doch auch so klar.

Was hatte das alles nur zu bedeuten? 

Was hatte das alles nur zu bedeuten? 

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Silence of deathWo Geschichten leben. Entdecke jetzt