Ernüchternde Geburtstagsfeier

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„Der Prophet hat recht!"
Abrupt blieb Felix vor der Tür stehen. Prophet?
„Die Glaskugel, die zerbrochen ist, war nicht die einzige Aufzeichnung der Prophezeiung. Ich habe alles in Dumbledores Büro gehört. Ihm gegenüber wurde die Prophezeiung ausgesprochen, also konnte er es mir verraten", sagte Harry und hatte jetzt wirklich Felix' Aufmerksamkeit. Vorsichtig trat er ein wenig näher, so, dass man ihn nicht bemerke. Prophezeiung? Letztendlich sogar die, weshalb Voldemort Harry ins Ministerium gelockt hatte?
„Der Prophezeiung zufolge", fuhr Harry fort und schien tief Luft zu holen, „muss ich es sein, der Voldemort erledigt...zumindest sagt sie, dass keiner von uns leben kann, während der Andere überlebt."

Felix schwankte und hielt sich schnell am Türrahmen fest. Wie bitte? War das wahr?
Er schluckte. Bisher hatten viele angenommen, ja, sogar er, dass sich Voldemort zwar besonders vor Harry in Acht nahm und diesen zum eigenen Überdauern auch töten wollte, eben aufgrund einer Prophezeiung, aber wenn Harry der Einzige war, der den dunklen Magier besiegen konnte...
Felix schluckte. Was sollte er da schon groß ausrichten? Wie sollte denn er in diesem Kampf gegen das Dunkle etwas bewirken können, wenn er sowieso lediglich ein Statist war, dessen Einsatz kaum etwas bewirkte, weil es am Ende nur allein auf zwei Personen ankam? Auf einen Schüler und einen erfahrenen Zauberer, der alles tat, um seine eigene Macht durchzusetzen.

Da gab es plötzlich einen solch lauten Knall, dass Felix zusammenfuhr und sein Herzschlag für einen Moment aussetzte.
„Hermine!", rief Ron. Ein lautes Husten antwortete ihm und vorsichtig streckte Felix seinen Kopf in das Zimmer.
Hermine tauchte eben aus einer schwarzen Rauchwolke auf. Das Mädchen hielt ein Teleskop in der Hand und sofort wusste er, was Sache war. Ein klägliches Lächeln schlich sich auf seine Züge.
„Ich habe es gedrückt und es...es hat mir einen Schlag verpasst."
Hermine deutete auf die Faust, die drohend aus dem Scherzartikel herausragte. Ron lief noch ein wenig roter an. Er sah aus, als würde er gleich platzen.
„Keine Sorge, Mum kriegt das wieder hin. Sie kennt sich mit kleineren Verletzungen aus."

„Da wäre ich mir nicht so sicher", sagte Felix und betrat den Raum. „Da helfen keine Heilzauber. Die Zwillinge haben dafür extra eine speziell heilende Salbenmixtur erfunden. Viel Spaß, ich hole mein Buch, dann bin ich weg."
Rons Grinsen wurde noch breiter und auch Harry konnte sich ein Glucksen nicht verkneifen.
„Ist auch nicht so wichtig", erwiderte Hermine nur und setzte sich zu Harry aufs Bett. „Harry, oh, Harry..."
Sie senkte ihre Stimme und mit einem letzten bemühten Lächeln hob Felix sein Buch in die Luft und verließ den Raum. Als ob er irgendetwas weitersagen würde, er spionierte doch für den Orden!
Leise vor sich hingrummelnd machte er sich auf den Weg ins Wohnzimmer. Dann eben nicht, war auch nicht so wichtig, vor allem, da sich eh schon herausgestellt hatte, dass er in diesem Krieg nur eine Rolle spielte, damit sich zwei erfolgreiche Männer um ihn streiten konnten.

~

In den nächsten Tagen und sogar Wochen war Felix' Aufregung völlig umsonst und, vor allem, sinnlos. Mr Weasley fand einfach nicht die Zeit, um mit ihnen allen in die Winkelgasse zu gehen. Bei all den Ereignissen war das auch kein Wunder. Es kam nicht ein einziges Mal vor, dass zwei Tage hintereinander von keinem erneuten Un- oder Todesfall oder sogar einer Entführung in der Zeitung berichtet wurde.
Felix verstand sehr gut, weshalb der Familienvater also nicht konnte, trotzdem verbrachte er seine Zeit fast nur mit Warten. Ja, als er das neunte Mal die Aufgabe erhielt, Karotten für eine kleine Armee zu schälen (und das ohne Zauberstab), wünschte er sich sogar fast ein Jucken seines Dunklen Mals herbei. Er brauchte dringend Abwechslung, er musste etwas tun! Irgendetwas! Er hatte die Weasleys echt gerne, ja, sie waren für ihn wie eine Familie. Aber so langsam musste er hier raus.

Und dann kam Harrys Geburtstag. Felix war gerade dabei, den großen Tisch im Garten zu decken, als ihm auffiel, dass noch Teller fehlten und er zurück ins Haus ging. Er kam nur bis zum Hof, dann entdeckte er einen dürren Mann in abgetragenen, zerlumpten Klamotten und mit grauen, strähnigen Haaren.
„Remus!"
Sein ehemaliger Professor und jetziger Freund lächelte bitter.
„Hey, Felix. Wie geht es dir? Es ist schön, dass wir uns mal wiedersehen."
Kaum bei ihm angekommen, schloss er Felix fest in die Arme.
„Ganz gut, danke, Remus. Aber was ist mit dir?"
Felix trat einen Schritt zurück.
„Den Umständen entsprechend", brummte Remus nur und ließ seine Mundwinkel ein wenig halbherzig nach oben zucken. „Also? Wo ist das Geburtstagskind?"
„Das versucht gerade, die Funktion von Freds und Georges Geschenk herauszufinden. Aber...äh, Remus, hör mal. Du kannst jederzeit mit mir reden, das weißt du, oder?"

Remus winkte ab.
„Natürlich weiß ich das. Aber du brauchst dir wirklich keine Sorgen zu machen. Die mache ich mir eher bei Harry, wer weiß, was sich die Jungs ausgedacht haben. Wir sollten ihn retten."
Leise lachte der Werwolf und begleitete Felix zurück ins Haus. Obwohl er sich so locker gab, bemerkte dieser, wie schlecht es ihm ging. Er zog eines seiner Beine nach und auch abgesehen davon sah er mehr als nur ungesund aus. Mrs Weasley würde ihn fesseln und mit Essen vollstopfen, dessen war sich Felix sicher.

Er behielt fast recht. Nach Harry packte die Familienmutter Remus das größte Stück Geburtstagskuchen auf einen Teller und jetzt rückte er auch endlich mit der Sprache raus, was da draußen los war.
„Es gab noch mehr Dementorenangriffe", murmelte er und betrachtete dann den Kuchen, als könne er jeden Augenblick explodieren. „Und man hat Igor Karkaroffs Leiche in einer Hütte oben im Norden gefunden, sie haben das Dunkle Mal darüber aufsteigen lassen." Er räusperte sich. „Also, ehrlich gesagt wundert es mich, dass er ein ganzes Jahr lang überlebt hat, nachdem er die Todesser verließ. Sirius' Bruder Regulus hat es nur ein paar Tage geschafft, soweit ich mich erinnere."
Mrs Weasley verzog ihr Gesicht. „Nun ja...vielleicht sollten wir über etwas anderes..."

„Hast du das mit Florean Fortescue gehört, Remus?", unterbrach Bill sie und sie alle sahen zu ihm. Eben schenkte er Fleur zum erneuten Male Wein ein, gar nicht darauf achtend, dass jeder aufgehört hatte zu essen. Na ja, Felix, Hermine und Mrs Weasley selbst hatten noch nicht einmal ein Stück Kuchen.
„Der Mann, der den..."
„...Eissalon in der Winkelgasse hat?", beendete Harry den Satz. „Er hat mir immer Eis geschenkt. Was ist mit ihm passiert?"
„Wurde verschleppt, so, wie es in seinem Laden aussah."
Mrs Weasley warf ihrem Sohn einen wütenden Blick zu.
„Weshalb?", fragte Ron nur.
„Wer weiß? Muss sie irgendwie verärgert haben. War ein guter Kerl, der Florean."
„Da wir gerade von der Winkelgasse sprechen", begann Mr Weasley, der bis jetzt sehr ruhig gewesen war. „Sieht aus, als wäre Ollivander auch verschwunden."
„Der Zauberstabmacher?", stieß Ginny bestürzt hervor und auch Felix schluckte einmal kräftig.

Das war ja eine Katastrophe. Wer sollte denn noch alles verschwinden und vielleicht irgendwann tot aufgefunden werden?
Die Leute mussten ruhig bleiben. Am besten sagten sie erst gar nichts, um die Todesser nicht zu provozieren, und überließen den Kampf den Auroren und dem Orden. Mit dumpfen Herzpochen widmete sich Felix seinem Stück Kuchen und verkniff es sich, weiter nachzuahken.

Doch so ernüchternd dieses Geburtstagsfest auch war - Remus hatte sich viel zu schnell wieder verabschiedet -, so kamen am nächsten Tag die Bücherlisten für die Jüngeren, weshalb Mrs Weasley endlich beschloss, die Winkelgasse zu besuchen. Sie hatte noch gar nicht richtig ausgesprochen, da eilte Felix schon nach oben, um Lee zu schreiben. Schluss mit dem Trübsal.

Der Erbe des Prinzen - Die Entscheidung [Teil I]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt