Bedingungslose Liebe

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„Bei den Gründern, Felix! Das ist ja mal...kannst du überhaupt...wie..."
„Darf ich reinkommen?"
„Aber natürlich!"
Hastig zog Lee ihn in das Treppenhaus  schloss die Tür und nahm ihn dann in die Arme.
„Warum bist du denn so öffentlich auf der Straße?", fragte er besorgt und zog ihn schnell die Stufen hoch.
„Ich...ich wollte mit dir reden."
„Du hättest mir doch schreiben können", murmelte sein Freund, sah sich um und öffnete mit einem Tippen seines Zauberstabes eine Tür am oberen Ende der Treppe.

„Die Nachbarn sind gelegentlich ziemlich neugierig", erklärte er. „Ich musste tatsächlich schon einmal einen Vergessenszauber anwenden. Das ist vielleicht aufregend. Vor allem, weil ich erst dachte, dass ich das Komitee für muggelgerechte Entschuldigungen rufen muss. Aber das ging dann auch so."
Zusammen betraten sie die Wohnung. Begeistert sah Felix sich um.
„Hier wohnst du also."
Sie waren direkt in ein kleines Wohnzimmer gekommen. Ein Sofa und ein altmodischer Sessel standen hier. Auf dem Tisch befanden sich der Tagesprophet, ein Glas mit einem letzten Rest Elfenwein und verschiedene Papiere. In der Ecke stand ein Bücherregal, welches aber noch ziemlich leer war.

Grinsend kratzte sich Lee am Kopf.
„Es ist noch nicht wirklich viel, aber ich häufe erst einmal ein bisschen Geld an, bis ich mir was Größeres gönne."
„Ich finde es fantastisch."
„Nun, das Einzige, was stört, ist das ständige Geldwechseln. Ich habe eine Schwäche für die Lebensmittelläden der Muggel entwickelt."
Felix lachte. „Und du kommst mit ihrem Geld zurecht?"
„Ob du's glaubst oder nicht. Sogar ziemlich gut. Aber setz dich, ich hole erst einmal etwas zu Trinken."

Damit verschwand er in der Küche und mit einem letzten Blick in die Runde setzte Felix sich auf die Couch.
Abwesend rieb er seinen Unterarm. Seit heute Vormittag war das Jucken nicht abgeklungen. Genauso wenig wie die Sorgen, was Lee wohl darüber sagen würde. Es drehte ihm förmlich den Magen um bei dem Gedanken, er könnte sich von ihm distanzieren. Aber er musste es ihm sagen, früher oder später würde er es sowieso erfahren.

„Du bist ziemlich nachdenklich. Ist es etwas Schlimmes?"
Er sah auf, als Lee ihm ein Glas mit einer dunkelroten Flüssigkeit in die Hand drückte.
„Danke. Naja...es ist wohl der Grund, warum ich draußen bin. Ich kann mir jetzt sogar einen Job suchen."
Lees Gesicht hellte sich auf.
„...allerdings ist dieser Grund etwas...naja, ziemlich erschreckend."
Er rieb sich über die Augen, dann nahm er einen tiefen Zug aus dem Glas. Die kühle Flüssigkeit und das Kitzeln in seinem Rachen taten gut und für einen kurzen Moment zuckten seine Mundwinkel nach oben. Der war echt gut.

„Felix?"
Lees Stimme holte ihn wieder zurück in die Realität. Er stellte das Glas auf den Tisch und sagte:
„Ich habe mich dem Orden endgültig angeschlossen. Sozusagen. Ich fungiere jetzt als Spion."
Er biss sich auf die Unterlippe und wandte seinen Blick ab. Lee zögerte.
„Wenn du Spion sagst, meinst du dann..."
Er schloss seinen Mund. Fragend sah er ihn an.
„Ich habe nur Angst, dass du dich von mir abwendest. Dass du Angst vor mir haben könntest."
Jetzt lächelte Lee wieder. Es war ein schwaches Lächeln, aber es ließ Felix' Herz einen Hüpfer machen.
„Angst? Vor dir? Niemals!"

Tief atmete Felix durch, bevor seine Hand zu seinem Ärmel zuckte. Unsicher hielt er inne.
„Bitte versprich mir, dass du mich dafür nicht hassen wirst. Versprich mir, dass du sitzen bleibst und mich erklären lässt."
Lee stellte sein Glas ebenfalls zur Seite, dann nickte er mit ernstem Gesicht.
„Versprochen."
Felix starrte auf seine Hand, welche immer noch an seinem Ärmel ruhte, dann zog er ihn schließlich hoch und entblößte die Tätowierung.
Scharf sog Lee Luft ein und machte eine unwirsche Handbewegung. Für einen Moment sah es tatsächlich so aus, als wollte er sich erheben. Aber er beherrschte sich und sah nur abwechselnd auf den Totenkopf und in Felix' Gesicht.

„Du...du hast...", stotterte er. Heiser.
Felix nickte.
„Nach dem Desaster im Zaubereiministerium wollte Dumbledore etwas mehr Sicherheit haben."
„Und da hat er dich für diese Aufgabe ausgewählt?"
Ich habe mich angeboten", erwiderte Felix leise, was das Gesicht seines Freundes noch weiter in sich zusammenfallen ließ.
„Aber...aber warum? Ich meine, versteh mich nicht falsch, ich bin stolz auf dich, dass du so mutig bist, um das auf dich zu nehmen, trotzdem...warum nicht jemand anderes?"
„Jemand anderes wäre vielleicht nicht akzeptiert worden. Vor allem nicht so einfach. Und so habe ich einfach wieder viel mehr Privilegien und muss keine Angst um meine Freiheit haben. Wie ich schon sagte, ich kann mir einen Beruf suchen. Vielleicht sogar eine kleine Wohnung."
Wieder sah er sich um.
„Ich muss keine Angst haben, dass etwas noch Schlimmeres passiert. Verstehst du?"

Lee starrte unentwegt auf das Dunkle Mal.
„Ich bin zuerst zu dir gekommen. Vorhin erst...vorhin erst habe ich es..."
„Darf ich es anfassen?"
Felix stockte. „Wie bitte?"
„Darf...darf ich es anfassen? Ich will wissen, ob du dich noch so anfühlst, wie vorher."
Nach einigen Sekunden des Nachdenkens nickte Felix und langsam streckte Lee seine Finger aus. Sie zitterten und beruhigend legte Felix seine Hand auf die seines Freundes und legte sie auf seinen Unterarm.
Lee schloss seine Augen, bewegte sich nicht, atmete tief und gleichmäßig. Keine Gefühlsregung lag in seinem Gesicht.
Dann öffnete er die Augen wieder.

„Es...es fühlt sich kalt an. Richtig eisig. Tut...tut es weh?"
Felix schüttelte mit dem Kopf und ließ seine Hand wieder los, damit Lee sie wegziehen konnte.
„Im Moment nicht. Es juckt, aber Snape hat gesagt, man merkt es, wenn er einen ruft."
„Professor Snape?", fragte Lee entgeistert.
„Er ist ebenfalls ein Spion Dumbledores. Allerdings verrät der Dunkle Lord nicht jedem alles, weshalb diese Maßnahme so nötig war."
Dass es unklar war, ob der Orden dadurch auch wirklich mehr erfahren würde, verschwieg er ihm.

Jetzt stand Lee doch auf. Mit einem Ruck erhob er sich und lief unruhig durch den Raum. Felix selbst vergrub sein Gesicht enttäuscht in seiner Handfläche.
Lee fürchtete sich doch. Ohne Zweifel. Wie sollte er denn eine Beziehung mit einem Todesser führen?
Wie sollte er ihn je wieder als den Menschen ansehen, der er war?
Wie sollte er ihn berühren, ohne daran erinnert zu werden?

Er nahm seine Hand wieder runter und erhob sich ebenfalls.
„Ich wollte nur, dass du es weißt", sagte er leise. „Ich...natürlich verstehe ich, dass das schwierig ist, ach was, unmöglich. Aber ich wollte es dir nicht verheimlichen und ich kann verstehen, wenn du..."
Lee blieb stehen und sah ihn an.
„Es ist nicht unmöglich. Nur schwierig."
„Aber...du verstehst nicht. Ich will dich zu nichts drängen. Vor allem nicht damit."
Er reckte ihm seinen Arm entgegen. Lee achtete gar nicht auf das Mal.
„Das kann schon sein. Aber es macht dich nicht zu einem anderen Menschen. Der, in den ich mich verliebt habe bleibt. Egal, wie viele Male, ob nun angeboren oder zugefügt."

Felix verzog sein Gesicht.
„Du...du meinst das ernst?"
Statt einer Antwort kam der Dunkelhäutige nun wieder auf ihn zu und drückte entschlossen seine rauen Lippen auf seine eigenen.
Felix schloss seine Augen, als sein Freund ihn, die Hand in seinem Nacken, noch näher zu sich heranzog. Er selbst legte seine Hand automatisch um seine Taille und drückte sich ihm noch näher. Tief atmete er dabei den Geruch seines Gegenübers ein. Eine neue Note kitzelte seine Nase und ließ ihn fast völlig in diesem atemberaubenden Gefühl versinken.

Als Lee den Kuss wieder auflöste, sah er ihn ernst an. Sein Gesicht war seinem immer noch so nahe, nur eine Bewegung und sie würden sich berühren.
„Ich könnte niemals aufhören, dich zu lieben. Vergiss das nicht, okay? Wir schaffen das gemeinsam."
„Lee, ich..."
Er seufzte, legte seine Stirn gegen seine.
„Womit habe ich dich verdient?"
Der Mann lächelte.
„Man verdient sich doch keine Liebe. Ich bin zwar nicht perfekt und ich mache Fehler, öfter als mir lieb ist, aber dich zu lieben war definitiv keiner. Und wenn ich sage, dass ich dich liebe, dann nicht aus Gewohnheit oder um mit dir ins Gespräch zu kommen, sondern um dich daran zu erinnern, dass du das Beste bist, was mir je passiert ist."

Felix schloss wieder seine Augen. Er dachte sein Herz würde ihm aus der Brust springen. Diesmal nicht aus Angst oder sonstiger Aufregung. Einzig und allein wegen dem Glück, welches er gerade verspürte.
„Oh Mann, Lee. Kein Mensch auf dieser Welt lässt mein Herz so sehr schlagen, wie du es gerade tust", stieß er zusammen mit einen stockenden Lacher hervor.
Wie um den Wahrheitsinhalt dieser Wort zu prüfen, legte Lee die Hand auf seine Brust. Felix wurde warm und er zog ihn in einen zweiten Kuss. Lee erwiderte ihn und die Hand an dem Verschluss Felix' Umhanges, welcher von seinen Schultern fiel, wanderte zu den Knöpfen seines Hemdes.
Jetzt erst spürte er Tränen der Erleichterung auf seinen Wangen.

Der Erbe des Prinzen - Die Entscheidung [Teil I]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt