In dieser Nacht konnte Felix keine Sekunde lang schlafen. Er hatte Dumbledore alles erzählt. Ja, sogar von dem Auftrag, aber er wollte trotzdem einfach nicht zur Ruhe kommen. Selbst nach seinem ersten Besuch bei dem dunklen Zauberer hatte er es gekonnt, aber heute?
Gequält wälzte er sich wieder auf die andere Seite. Mitternacht war schon vor zwei Stunden vergangen und im ganzen Haus waren nur noch die Geräusche des Knarrens der Holzbalken zu hören, welche sich verbogen.Er war hier aber auch fast alleine. Nur Kreacher, Remus und Tonks befanden sich sonst noch hier. Sirius selbst hatte seinem Freund zwar angeboten, dass er bei ihm schlafen und sogar ein eigenes Zimmer bekommen könnte, aber der hatte dankend abgelehnt. Er sagte, das wäre Platzverschwendung, was Sirius nur mit einem Schnauben abgetan hatte. Aber umstimmen hatte er ihn nicht können.
Felix legte sich wieder auf den Rücken. Er selbst würde sich in den nächsten Tagen nach einer Wohnung umsehen. Er wusste immer noch nicht, ob er eine nehmen sollte, die in Lees Nähe lag oder ob er seinen Freund dadurch nur in Gefahr bringen würde.~
Als er seine Augen aufschlug, bemerkte er, dass er wohl eingenickt war. Der Zwiespalt, welcher ihn im Traum bedrängt hatte, ließ ihn auch jetzt nicht los. Er sah an die Uhr. Eine knappe Stunde war vergangen. Ächzend schlug er die Bettdecke zurück und setzte sich auf die Bettkante. Wäre er noch in Hogwarts, würde er sich jetzt in den Krankenflügel schleichen und Madam Pomfrey nach einem Schlaftrank fragen. Selbstverständlich würde er fragen.
Er sah auf, als ein Knarren durch die Tür zu ihm tönte. Dann noch eins und dann...mischte sich ein Schlurfen darunter. Wahrscheinlich war Tonks aufgewacht, um etwas zu trinken. Remus selbst schlief normalerweise wie ein Stein.
Felix erhob sich. Wenn die Hexe auch nicht schlafen konnte, könnten sie sich gegenseitig langweilen. Vielleicht half das ja.Er öffnete die Tür, trat auf den Flur und drehte seinen Kopf.
„Remus?", stieß er hervor.
War es also doch der Zauberer. Kurz zögerte er, aber Remus hatte sich schon zu ihm umgedreht und ein Lächeln schlich sich auf seine ungewöhnlich blassen Züge.
Sofort machte sich Sorge in Felix breit und schnell ging er auf ihn zu.
„Ist alles in Ordnung? Du siehst krank aus."
Beruhigend winkte der Zauberer ab.
„Nein, keine Angst. Ich bin nur ein wenig erschöpft. Du weißt doch, in ein paar Tagen ist es wieder so weit."Felix biss sich auf die Zunge und nickte zustimmend. Eigentlich war es schon ein Wunder, dass Remus nicht auch tagsüber schlief.
„Und du? Sag bloß, du hattest wieder einen Albtraum."
„Nein, nein, das nicht. Ich konnte nur nicht einschlafen."
„Na, dann komm. Ein Glas Wasser und es geht wieder."
Mit einem leichten Zucken der Mundwinkel legte Remus seinen Arm um Felix, zog ihn auf die Treppe zu und runter in die Küche. Kurz darauf saßen beide mit einem Glas Wasser in der Hand da und starrten schweigend auf die dunkle Tischplatte.„Warum konntest du nicht schlafen?", murmelte Remus dann nach einigen Minuten und Felix sah auf.
Er hatte das Gefühl, das Gesicht seines Gegenübers war noch blasser geworden.
„Ich weiß es nicht", antwortete er leise und zuckte mit den Schultern. „Vielleicht liegt es ja am Mond."
Es war scherzhaft gemeint, aber irgendwie schien Remus das ganz und gar nicht lustig zu finden. Der Mann brummte nur und trank einen Schluck seines Wassers.
„Entschuldigung", fügte Felix deshalb etwas schuldbewusst hinzu und hob ebenfalls sein Glas.„Ach was. Was erwarte ich denn auch?"
Verwirrt runzelte Felix seine Stirn.
„Wie meinst du das?"
Remus erwiderte starr seinen Blick, dann schnaubte er und setzte sein Glas ab.
„Ich meine, dass es eigentlich nicht überraschend ist, wenn ein Todesser von den Problemen seiner Mitmenschen völlig unbeeindruckt ist."
Für einen Moment herrschte Stille in der Küche. Fast. Nur das Ticken der Uhr und das Rascheln Kreachers drang zu ihnen.
Aber dann lachte Felix leise auf.
„Ich gebe zu, das hab ich jetzt verdient. Der Todesser und der Werwolf, hm?"Etwas nervös trommelte Felix auf den Tisch und rang sich noch ein Lächeln ab.
Erst nach einigen Sekunden bemerkte er den ernsten Blick seines Gegenübers.
„Was?"
Remus zuckte mit den Schultern.
„Nichts", sagte er etwas distanziert. „Aber bist du jetzt zufrieden?"
„Wie meinst du..."
„Ich bitte dich", wurde er harsch unterbrochen. „Ich kenne dich lange genug, als dass ich deine Absichten nicht durchschauen könnte. Ehrlich gesagt bezweifle ich mittlerweile, ob du dem Orden wirklich die Wahrheit sagen würdest, wenn es darauf ankommt."Völlig perplex, nein, völlig entsetzt starrte Felix ihn an. Er glaubte, nicht richtig zu hören.
„Remus, was...was redest du denn da?", stieß er leise hervor.
Fast bedrohlich neigte sich der Zauberer über den Tisch zu ihm.
„Ich spreche nur das aus, was hier alle denken."
„Und was wäre das?", fuhr Felix auf, nun wieder völlig Herr seiner Sinne.
Remus ließ das völlig kalt.
„Nun, vielleicht ja die Tatsache, dass du aus purem Eigennutz zu unserem Spion wurdest. Klingelt da was?"Mit einem Ruck stieß Felix den Stuhl zurück und erhob sich. Er spürte, wie sein Gesicht glühte und sein Herz dumpf gegen seine Brust schlug.
„Ich weiß ja nicht, was gerade los ist, aber ich schiebe das jetzt einfach mal auf den nächsten Vollmond", zischte er. „Denn normal ist das auf keinen Fall. Eine gute Nacht wünsche ich dir noch."
Wissend, dass er jetzt erst recht nicht mehr einschlafen würde können, drehte er sich um und strebte auf die Küchentür zu.
Er konnte nicht fassen, dass Remus das gesagt hatte. Gerade der Mann, dem man normalerweise alles anvertrauen konnte.Bevor er die Tür jedoch erreicht hatte, zischte schon etwas nah an seinem Kopf vorbei und landete mit einem lauten Klirren am Türrahmen. Wasser spritzte auf und er zuckte zurück, als etwas in seine Wange schnitt.
Völlig entgeistert wirbelte er zu Remus herum, welcher sich ebenfalls erhoben hatte. Das Gesicht war so bleich, dass es fast durchscheinend war.
„Was sollte denn das?", schrie Felix fast, die Hand auf seine Wange gepresst.
Warmes, klebriges Blut floss aus dem Schnitt.„Verschwinde jetzt nicht, wenn ich mit dir rede!", erwiderte Remus laut und riss seinen Finger anklagend nach oben. „Du gibst erst zu, dass ich Recht habe! Du entwickelst dich zu genau dem Verräter, welcher auch Pettigrew geworden ist."
Felix' Herz schien stillzustehen. Kurz herrschte Totenstille im Raum, während der Felix krampfhaft versuchte, nicht die Fassung zu verlieren. Dann, als er sich wieder gefangen hatte, hob er sein Kinn.
„Einen Scheiß werde ich", stieß er zischend hervor und drehte sich um.Nur die Gestalt wenige Meter vor ihm ließ ihn zurückprallen, als wäre er gegen eine Wand gelaufen.
Groß, eine Kutte um den Schultern, aber die Kapuze nicht über das Gesicht gezogen. Bildete er sich das ein?
War auch egal. Felix hätte nicht gedacht, dass sein Zorn solche Ausmaße annehmen konnte, aber im Moment hätte er mit bloßen Fäusten auf diesen Kerl losgehen können.
„Du!", stieß er hervor, aber Remus' Stimme holte ihn schon ein.
„Sag schon, was hast du vor? Wenn du uns verrätst, nur weil du nicht sterben willst, dann bist du nicht viel besser, als..."Mit einem wütenden Aufschrei wirbelte Felix herum und wollte sich auf den Zauberer stürzen, doch noch ehe er zwei Schritte gegangen war, flog schon eine weiße Lichtkugel auf ihn zu.
Sie traf ihn mitten in der Brust, warf ihn zurück und...~
Mit einem Keuchen fuhr Felix hoch. Erst wusste er nicht, wo er war, dann spürte er jedoch die Matratze unter sich und hörte das gleichmäßige Ticken der Wanduhr.
Mit einem Stöhnen ließ er sich zurück in das Kissen fallen.
Ein Traum. Nur ein verdammter Traum!
Trotzdem brauchte er eine Weile, bis er sich wieder beruhigt hatte. Eigentlich hätte er es wissen müssen. Niemals würde Remus so etwas sagen. Und dieser Hass...Felix erschauderte bei dem Gedanken daran. Es war, als hätte er ihn zum ersten Mal erlebt.Er fuhr sich mit der Hand über das Gesicht und bemerkte, dass es klatschnass war. Sogar sein Oberteil war vom Schweiß durchtränkt und seine Wangen aufblähend arbeitete er sich aus dem Bett.
Er war so durcheinander, dass er kurzerhand entschloss, eine Dusche zu nehmen. Er erhob sich, gab sich eine Ohrfeige, um sicherzugehen, dass er nicht immer noch träumte, und verließ auf leisen Sohlen sein Zimmer.Auf dem ganzen Weg bis hin zum Badezimmer, war er weder Kreacher, noch Tonks oder einem bleichen, wütenden Remus begegnet. Im Haus herrschte Stille und fast erleichtert schloss er die Badezimmertür hinter sich ab, entledigte sich seiner Kleidung und stieg unter die Dusche. Sobald das kalte Wasser aus der Brause auf seine Schultern traf, legte er seinen Kopf in den Nacken und schloss seine Augen. Ein flüchtiges Lächeln huschte über sein Gesicht.
Es war fast so, als würden die letzten Stunden einfach so von ihm abgewaschen werden, sodass nichts mehr von all den Sorgen, der Müdigkeit und dem Hass übrig blieb. Er konnte seinen Kopf völlig entspannt gegen die Duschwand legen und das Wasser auf seinen Körper prasseln lassen.
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Der Erbe des Prinzen - Die Entscheidung [Teil I]
Fiksi PenggemarDumbledore fuhr sich über die Augen. „Felix, was willst du ihm denn sagen? Niemand ändert seine Meinung so schnell." „Wie wär's, wenn ich ihm einfach sage, dass ich es leid bin, mich zu verstecken, dass ich wohl oder übel auf ihn angewiesen bin oder...