Verhör

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Felix war so verwirrt, dass er nur auf das Essen starren konnte, das von dem Hauselfen aufgedeckt worden war.
Der Stuhl drückte unangenehm in seinen Rücken und der Dunkle Lord, der hinter ihm hin und her schlich, ließ Übelkeit in ihm aufsteigen.

Was war hier los?

„Iss!"
Felix musterte schluckend das Essen. Fisch, wenn er sich nicht irrte. Fisch, Kartoffeln und Gemüse. Und der zweite Teller, eigentlich eine kleine Schüssel, enthielt ein sahniges Dessert.
Vorsichtig hob Felix seinen Kopf.
„Mein...mein Herr. Darf ich fragen, ob...was ich falsch gemacht habe?", fragte er vorsichtig.
Voldemort legte seinen Kopf schief.
„Falsch? Oh, nicht doch. Noch bist du ja nicht dazu gekommen, von dem Verlauf deines Auftrages zu berichten. Nein, nein, ich sorge mich um dich, Dalius. Du siehst so abgemagert und blass aus, nicht dass du mir verhungerst, bevor ich dazu kommen kann, dir zu helfen."

Sein zweifelsohne gespielt besorgter Gesichtsausdruck hatte einem höhnischen Grinsen Platz gemacht und ein Stechen fuhr durch Felix' Kopf.
Etwas lief hier ganz gewaltig schief. Diese glitzernden Augen huschten über ihn als wäre er Beute. Hilflos ausgeliefert. Ja, Voldemort betrachtete ihn fast schon wie eine Trophäe, die er erwerben wollte. Oder schon erworben hatte.
Der Gryffindor schloss frustriert seine Augen. Jedes Mal, wenn er hier war, musste er um sein Leben fürchten. Aber das musste er immer, also mindestens um seine körperliche und geistige Gesundheit. Er konnte diesen Mann einfach nicht einschätzen.

Da blitzte jedoch etwas vor seinem inneren Auge auf. Unwillkürlich erinnerte er sich an dieses verstörende Gespräch mit dem Zauberer. An dieses Experiment.
Was, wenn Voldemort hier wieder nur mit ihm spielte? Wenn er ihn erproben wollte?
Vielleicht wollte er schauen, ob er ihm auch wirklich Vertrauen entgegenbrachte. Oder eben das, was Voldemort darunter verstand.
Felix öffnete seine Augen und mit einem letzten Blick in die lauernden Schlitze griff er nach dem Besteck, spießte einen Teil des Gemüses auf die Gabel und führte dann diese zu seinem Mund. Kurz hielt er inne, atmete noch einmal tief durch, dann schob er sich das Gemüse in den Mund und begann zu kauen. Nichts passierte.

Nur Voldemort verließ seine Position hinter ihm, ging bedächtig um den Tisch herum und stellte sich nun gegenüber von Felix auf. Die langen, weißen Finger strichen über die kunstvoll verzierte Stuhllehne.
Der junge Erwachsene versuchte, sich davon nicht aus der Ruhe bringen zu lassen und aß weiter.
Das Essen könnte richtig gut schmecken, fast kam es an die Mahlzeiten in Hogwarts heran. Aber eben nur fast. Der Fisch sowie das Gemüse waren eindeutig stark gewürzt und als der salzige Geschmack immer stärker wurde, griff Felix zu dem Wasser.
Und...als er das Glas abstellte, blinzelte er einmal kurz. Was war jetzt los?
Ein leises Rauschen hatte seinen Kopf erfüllt und fast fühlte es sich so an, als würde er...leichter werden.
Dieses Gefühl verhinderte aber nicht den Schreck, den Felix automatisch durchfuhr.
Versuchte Voldemort etwa, in seine Gedanken zu gelangen?
Tief einatmend starrte Felix auf die dunkle Tischplatte und konzentrierte sich mit aller Macht darauf, seine Okklumentikschilde aufrecht zu halten.
Ein leises Knarren klang an seine Ohren und als er seinen Blick hob, sah er, dass sich Voldemort niedergelassen hatte.
Wie ein Richter saß der dunkle Magier da und musterte ihn von oben bis unten. Hatte Felix gerade noch relativ erfolgreich diesem durchdringenden Blick ausweichen können, so konnte er jetzt nicht anders, als diese roten Schlitze anzusehen. Als gäbe es nur sie und als hätten nur sie eine tiefere Bedeutung für ihn, die es zu ergründen galt.

„Wirst du mir die Wahrheit sagen?"
Die Frage kam so unvermittelt, dass Felix gar nicht über die Antwort nachdenken konnte. Trotzdem gab er augenblicklich ein deutliches „Ja" von sich. Mehr nicht. Und ohne das Wort selbst gebildet zu haben.
Erst wusste Felix selbst nicht, woher dieser Gedanke kam. Dann fiel es ihm jedoch wie Schuppen von den Augen -
Veritaserum!
Augenblicklich wurde ihm heiß und kalt gleichzeitig und schluckend starrte er auf das Glas und den Wasserkrug daneben. Voldemort hatte ihm Veritsaerum eingeflößt. ... Jetzt war er so gut wie tot.
Schon spürte er, wie die Angst in seine Brust kroch und anfing, sich von dort aus durch seinen Körper zu fressen.

Der Erbe des Prinzen - Die Entscheidung [Teil I]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt