Lehrstunde

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„Und Sie sind sich sicher, dass das nötig ist?"
„Und wie sicher ich mir dabei bin", erwiderte Snape ohne Umschweife, die kleinen schwarzen Augen musterten ihn prüfend.
„Und dafür schließen Sie uns in meinem Zimmer ein?"
Der Lehrer schnaubte.
„Als ob ich das jetzt vor den anderen, allen voran Diggels Nase, abhandle."
Felix verschränkte erwartungsvoll seine Arme. „Na dann."

„Als Erstes nimmst du deine Arme runter. Du willst dem Dunklen Lord nicht das Gefühl geben, dass er herausgefordert wird."
Sofort ließ Felix seine Arme herabsinken. Als ob er das bei diesem Magier wagen würde. Da reichte ja schon ein falscher Blick, um ihn wütend zu machen.
„Am Besten verschränkst du sie hinter deinem Rücken, wenn du sie nicht stillhalten kannst! Und jetzt stell dir vor, ich wäre er und würde den Raum betreten. Was tust du?"
„Äh...was?"
Snapes Mundwinkel zuckten.
„Durchgefallen. Versuch es noch einmal!"
Etwas ratlos sah Felix zur Tür, in der Hoffnung, jemand würde das Zimmer betreten und ihn hier rausholen. Hagrid könnte die Tür eintreten. Oder Sirius könnte "FEUER!" schreiend in den Raum platzen. Hauptsache, es geschah jetzt.

Snape hob seinen Finger.
„Wir sind hier erst fertig, wenn ich es sage. Also los! Was tust du, wenn du ihn darum anflehst, bei ihm aufgenommen zu werden?"
Felix glaubte, nicht richtig zu hören.
„Wenn ich ihn anflehe?"
„Ganz recht. Du wirst dich ihm gegenüber so verhalten, als wäre er der Sinn deines Lebens, der Grund, weshalb du atmest. Er kommt rein und du senkst deinen Kopf oder gehst am Besten gleich auf die Knie. Er sagt etwas zu dir, du hörst ihm zu als wären seine Worte Sauerstoff und du wirst ihn so behandeln als wäre er ein Gott."
„Rundherum, ich krieche vor ihm auf dem Boden - wie immer."

Mit zwei schnellen Schritten war Snape bei ihm und packte ihn am Kragen seines Hemdes.
„Du wirst vor ihm so viel kriechen, wie es benötigt wird. Du tust, was er sagt, erweist ihm deinen Respekt und widersprichst ihm nicht, wenn er durch deinen Einwurf keinen größeren Nutzen erlangt."
Fest sah er ihn an, dann ließ er ihn wieder los und lief vor ihm auf und ab.
„Du wirst ihn ansprechen, wie einen Fürsten und deine Aufgaben gewissenhaft, gründlich und so schnell wie nur möglich erfüllen. Ich rate dir, ihn nicht zu enttäuschen."
Der Meister der Zaubertränke hielt kurz inne und musterte ihn erneut.
„Und du solltest deine Okklumentikschilde immer schön aufrecht halten. Verliere nicht für eine Sekunde die Kontrolle über deine Gedanken, das würde uns allen sehr schlecht bekommen."

Die Untertreibung des Jahrunderts. Schluckend nickte Felix.
„Verstanden."
Snape stellte sich wieder aufrecht vor ihm hin und in Begleitung eines Handwinkes sagte er:
„Und jetzt los! Ich bin der Dunkle Lord und du wünschst dir nichts sehnlicher, als von mir angenommen zu werden. Du würdest alles dafür tun, zeig es mir!"
In Gedanken blähte Felix seine Wangen auf, dieser Mistkerl genoss das eindeutig viel zu sehr.
Doch dann gab er sich einen Ruck und kniete sich auf den Boden. Er öffnete seinen Mund, um anzufangen, stockte dann aber.

„Wie...wie spreche ich ihn an?"
Snape schnaubte spöttisch.
„Ein Herr oder Mein Lord reicht vollkommen."
„Aber natürlich", meinte Felix ironisch.
Er räusperte sich.
„Entschuldigen Sie - Herr, ich bin gekommen, um von Ihnen..."
„Von Euch. Und sprich nicht so, als würdest du eines von Cuthberts Büchern übersetzen!"
Snape ging zu ihm, drückte ihn weiter nach vorn und zog seinen Kopf nach unten, sodass er gezwungen war, auf den Boden zu schauen.
„Bitte ihn inständig darum, aufgenommen zu werden! Sag einfach Herr, ich bitte Euch, mich in Eure Dienste aufzunehmen."

Felix nickte, den Kopf weiterhin auf den Boden gerichtet.
„Na, worauf wartest du? Tu es!"
Tief atmete er durch. „Herr, ich bitte Euch, mich in Eure Dienste aufzunehmen."
„Etwas ehrlicher, wenn ich bitten darf. Du willst ihn überzeugen, nicht langweilen."
„Herr! Ich bitte Euch, mich in Eure Dienste aufzunehmen!"
„Und du musst mich nicht anschreien, mein Gehör funktioniert tadellos. Gerade du wirst doch überzeugend lügen können!"
Felix' Kopf ruckte hoch. „Was soll denn das..."
„Kopf runter und noch einmal!"
„Herr. Ich bitte Euch, mich in Eure Dienste aufzunehmen."
„Sag es nicht so, als würdest du unter dem Imperius stehen!"
„Ja, damit kennen Sie sich aus, nicht?"
„Normalerweise halte ich den Zauberstab in der Hand", erwiderte Snape ungerührt. „Und jetzt tu es noch einmal!"

Felix knirschte mit den Zähnen. Dieser Bastard machte das doch extra. Am Ende hatte er nur eingewilligt, um...
„Du lässt dich gehen. Schilde hoch und noch einmal!", unterbrach Snape seinen Gedankengang.
Insgesamt brauchte er aber noch drei weitere Anläufe, bis dieser zufrieden war. Dann fuhr er fort:
„Ich kann dich nicht auf den Verlauf des Gespräches vorbereiten, ich kann dir nur einige Situation geben, welche vielleicht geschehen werden. Sag mir, warum ich dich aufnehmen sollte!"

„Macht er das Ganze nicht, weil ich angeblich so besonders bin? Ich hab ihm aber gesagt, dass ich nichts von dieser..."
„Den Dunklen Lord interessiert es nicht, was du nicht kannst und bist! Sage mir, weshalb ich dich aufnehmen sollte! Ich könnte dich einfach einsperren und mir nehmen, was ich will. Oder ich töte dich gleich, wenn du doch angeblich so wertlos bist."
Felix schloss seine Augen.
„Also gut - Herr, ich selbst bin ein Metamorphmagus, was Euch bei einer Vielzahl von Unternehmungen nützlich sein könnte."
„Tausche das könnte mit einem wird und verfeinere noch ein wenig die Formulierung und du hast dein erstes schlagkräftiges Argument. Er besitzt noch keinen Metamorphmagus, welcher sich freiwillig seinem Willen untergeordnet hat."

Felix schluckte seine Bemerkung runter und fragte stattdessen:
„Was wäre noch ein Grund für ihn, mich aufzunehmen?"
Snapes Mundwinkel zuckten. Diesmal wies er ihn nicht darauf hin, den Kopf zu senken.
„Wäre das nicht eine schöne Trophäe?"
Felix brummte nur.
„Was ist? Sag bloß, du machst jetzt doch einen Rückzieher?"
„Nein, ich...kommt das nicht alles ein wenige heuchlerisch? Voldemort muss ja nur von Speichelleckern umgeben sein, wenn ihn alle so behandeln."
„Oh, glaub mir, mindestens die Hälfte der Todesser meint es vollkommen ernst, mit der Hingabe zu dem Dunklen Lord, wie du ihn übrigens auch nennen wirst. Und wenn du es richtig anstellst, kommst du auch in den inneren Kreis, was uns wiederum ein paar Informationen mehr beschafft, da in diesem nur die vertrauenswürdigsten Todesser sitzen."

„Der innere Kreis?"
„Ich glaube, du solltest bei einigen Dingen vorerst noch im Dunkeln gelassen werden."
„Sitzen Sie auch in diesem Kreis?"
„Tu ich. Du solltest dich anstrengen, um sein Vertrauen zu gewinnen. Ein Anlass, der dich in eine Situation der Verdächtigung bringt und du bist..." Er machte mit seiner Hand eine abwertende Bewegung. „Versuche, das zu vermeiden."

Felix nickte.
„Und wenn er fragt, wie es mit meinem Wohnort und dergleichen steht..."
„Dann sagst du ihm einfach die Wahrheit. Dass du noch nichts Festes hast und dir erst noch etwas beschaffen musst."
„Und...wenn er fragt, woher ich seinen Aufenthaltsort kenne?"
„Du hast mich um Rat gefragt. Ich bin doch geradezu vernarrt in ihn. Waren das nicht deine Worte?"
Felix stotterte. „Das. Ich...ich dachte, dass...ich dachte, er würde...ich wollte Ihnen nur..."
Snape grinste. „Er hat sich darüber übrigens prächtig amüsiert."
„So."

Der Erbe des Prinzen - Die Entscheidung [Teil I]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt