𝟸𝟾

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♤ 𝚜𝚊𝚗

Es war ungewohnt, so ganz ohne Schiene und Verband um meinen Arm, nachdem ich das Zeugs für einen Monat nun tragen musste. Ich blickte auf meinen freien Unterarm runter, den ich etwas hin und her bewegte und zufrieden lächelte. Gerade saß ich entspannt auf der Couch, nachdem wir unsere Jacken und Schuhe ausgezogen hatten. Heute waren wir wieder beim Arzt, der mir den Verband endlich abgenommen hatte und bei dem wir die letzten Wochen ständig zur Untersuchung waren.

Vier Wochen waren schon vergangen, wow, dachte ich mir vertieft, als ich mich etwas zurücklehnte und die Ruhe in Wooyoung's Wohnung auf mich wirken ließ. Ebenso vier Wochen nach dem Vorfall, wo sich gefühlstechnisch bei uns beiden viel verändert und entwickelt hatte.

Es war offensichtlich, dass ich nach dem Vorfall mit dem Kämpfen aufhörte. An dem Tag brachte mich Wooyoung zum Arzt, anschließend gingen wir zu meinem Vater und Yejin, denen wir beide von dem brutalen Geschehen sowie meinen illegalen Kämpfen beichteten. Einerseits bestand Wooyoung darauf, und andererseits wollte ich dies auch. Mit ihm in meinem Leben hatte ich das Gefühl, vieles ändern zu wollen und auch zu können. Er war für mich eine große Motivation, etwas Sinnvolles aus meinem Leben zu machen und aus meiner Trauer rauszukommen, die ich jahrelang durch exzessives Trainieren und Kämpfen verdrängt habe.

Ich drehte mich mit liebenden Blicken zu dem Jungen, der mit dem Rücken gedreht zu mir am Fenster stand und den Regen beobachtete. Wir waren vorhin mit meiner Familie bei mir zuhause, wo wir gemeinsam gekocht und gegessen hatten. Seit dem Gespräch in der Tanzhalle, wo beide uns umarmend aufgefunden hatten, war Wooyoung regelmäßig bei uns zuhause. Anfangs war er wirklich zurückhaltend und unsicher. Man sah ihm schnell an, dass ihm der simple Alltag einer Familie total ungewohnt und neu war. Er kannte das so nicht.

Umso froher war ich, dass ich ihm nun eine liebende Familie bieten konnte, wo er emotional Anschluss sowie Freude und Glück finden konnte. Vorallem mit meinem Vater hatte er ein dickes Bündnis aufgebaut. Beide fand ich an manchen Tagen auch nach Stunden noch auf demselben Fleck im Garten auf der Schaukel am Quatschen. Ich sah es Wooyoung an, wie er es genoss, eine Vaterfigur in seinem Leben zu haben und die Jahre seiner Kindheit und Jugend nachzuholen, wo er keine Chance hatte, Kind zu sein.

Mit Yejin kam er sowieso klar, da Yejin ihn auch förmlich ins Herz geschlossen hatte. Da beide Tänzer waren, entdeckte ich beide selbst an freien Tagen in der Tanzhalle oder bei uns im Garten oder Wohnzimmer am Tanzen. Jedoch war Wooyoung für Yejin auch ihr bester Freund, mit dem sie gemeinsam ihre Girltalks, Shoppingtouren oder Übernachtungspartys verbrachte.

Insgesamt war es Fakt, dass Wooyoung ein Teil meiner Familie war. So, als sei es schon immer so gewesen, und ich liebte es, dies tagtäglich mit ansehen zu können. Er wirkte entspannter, weniger belastet und schien sich psychisch ins Positive entwickelt zu haben.

Mittlerweile stand Wooyoung im Balkon mitten im Regen und ließ sich von den starken Wassertropfen völlig durchnässen. Still beobachtete ich ihn dabei, wobei ich ihm immernoch nur auf seinen Rücken schauen konnte und wie er sich mit seinen Händen elegant am Gelände des Balkons festhielt. Er war wunderschön, wirklich unfassbar wunderschön in meinen Augen.

Auch zwischen uns lief es gut. Ich dachte, wir waren in einer Beziehung. Jedenfalls verhielten wir uns automatisch so, machten dies aber nie offiziell oder so, deswegen wusste ich dies ehrlich gesagt nicht. Jedoch störte mich dies vorerst nicht, solange ich ihn an meiner Seite hatte und lieben konnte.

Nach einer Weile stand ich auf und ging zur Balkontür, die ich langsam öffnete, woraufhin das einhüllende Geräusch der Regentropfen mich direkt empfing. Ich schloss die Tür hinter mich und ging auf Wooyoung zu, der immernoch ungestört in die Ferne starrte und dem Regen komplett entblößt zur Schau stand.

𝚜𝚝𝚛𝚎𝚎𝚝𝚏𝚒𝚐𝚑𝚝𝚎𝚛  ♤  𝚠𝚘𝚘𝚜𝚊𝚗Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt