Teil 23:

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"Es hat funktioniert.", stellte er lächelnd fest.
Nicht ganz., dachte ich.
"Ja." Ich lachte vor Freude und umarmte ihn.
Ich war vielleicht taff, aber seit ich davon wusste, dass man mich manipulieren konnte, war ich davon auch nicht wirklich begeistert.
"Irgendwie dachte ich, dass das länger dauern würde.", sagte ich beeindruckt und begutachtete die Stelle erneut. Nicht der kleinste Kratzer war übriggeblieben.
"Das Vampirblut hat uns viel Arbeit abgenommen."
Ich nickte.
"Gehen wir ein bisschen raus? Oder hast du wieder etwas zu erledigen?"
Er schmunzelte wieder in sich hinein.
"Nein, heute habe ich Zeit. Ich räume nur hier auf. Zieh dir am besten etwas wärmeres an, es ist kühl draußen."
"Bis gleich.", sagte ich lächelnd und verließ den Raum.

Ich glaube nicht, dass sich noch etwas an den Gefühlen ändern wird.

Ich ging in mein Zimmer und zog mir Jeans, ein Trägertop und eine Jacke an. Ich schlüpfte in meine weinroten Sneakers. Ich ging danach ins Bad und wischte mit einem Wattepad die schwarzen Flecken von der Wimperntusche unter meinen Augen weg.
"Ich muss heute Haare waschen.", stellte ich fest.
Ich summte die Melodie eines Liedes, dessen Namen ich nicht kannte.
Ich ließ meine Haare offen, denn alles andere wäre mit den leichtfettigen Haaren auch ein schwerer Fehler gewesen.
Ich hörte ein Klopfen an der Tür.
"Ja, komm rein, Elijah."
Ich ging aus dem Bad, schloss die Tür und sagte
"Ich bin schon fertig."
Seine Krawatte war locker.
"Kann ich?", fragte ich und zeigte auf sie.
Er sah an sich herunter.
" Oh."
Ich ging noch einen Schritt näher zu ihm und zog die Krawatte wieder fest.
"Danke", sagte mir und sah mich von oben aus an. Diese Augen
Meine Knie wurden buchstäblich weich, aber ich versuchte, seinem Blick standzuhalten.
Er räusperte sich und sagte:
"Lass uns gehen."
"Ja."
Er deutete mir mit seiner Hand, ich solle vorgehen.
Gentleman. , dachte ich grinsend.
Sobald wir aus dem Tor draußen gingen, sagte ich:
"Angenommen diese Jäger würden mich fangen wollen und ich wäre alleine. Was würde ich tun können?"
"Das wird nicht passieren.", antwortete er überzeugt.
"Ja, aber was wenn doch? Ich muss mich doch irgendwie verteidigen können. Und ich bin ganz ehrlich, ich habe nicht so viel Kraft, dass ich es auch nur mit irgendjemandem aufnehmen könnte. Ich war nie sehr sportlich. "
"Es wird auch nicht notwendig sein, dass du dich verteidigst."
"Elijah, ich möchte nicht abhängig sein. Von niemandem von euch. Und ich mag es eigentlich gar nicht, so beschützt zu werden. In dem Fall geht es jetzt nicht anders, aber ich möchte zumindest für mich wissen, dass ich mich im Ernstfall verteidigen kann."
Er nickte.
"Ja, das verstehe ich."
Er überlegte kurz.
"Wenn du willst, können wir ein paar mal die Woche trainieren."
"Im ernst? Ja, das wäre super, wann fangen wir an?"
Ich war ganz begeistert.
"Jetzt sofort, wenn du willst."
"Jetzt sofort?"
"Wenn du möchtest. Ich kenne einen Ort, an dem wir üben könnten."
"Ja, klar, okay." Ich lächelte breit.
"Na gut, dann zeige ich dir jetzt, wo das ist."

Nach ca 10 Minuten Fußmarsch erreichten wir ein leer stehendes Gebäude, das Elijah kennen zu schien.
"Da rein?"
Er nickte und öffnete die schwere Tür.
Sobald wir drinnen waren, schloss er sie wieder. Drinnen war es heller, als ich gedacht hatte. Ein einziger großer Raum, durch dessen hohe Fenster viel Licht in ihn fiel.
"Das hier war früher eine Lagerhalle, aber das Geschäft dazu ging pleite. Die Halle wurde seitdem nie wieder benutzt.
Willst du deine Jacke ausziehen? So kannst du dich besser gewegen."
"Achso, ja."
Auf einen kleinen Hocker legte ich die Jacke ab und sah, dass Elijah das gleiche tat.
"Bist du bereit?", fragte er.
Ich nickte lächelnd.
"Okay, dann stell dich gegenüber von mir hin." Das tat ich auch.
"Stell einen Fuß vor den anderen. Es ist wichtig, dass du einen breiten Stand hast, sonst..."
Er kam in Vampirschnelligkeit zu mir gerannt und stieß mich um. Allerdings fing er mich im gleichen Moment auch wieder auf. Ich erschrak.
"...sonst fällst du leicht um."
Er stellte mich wieder auf beide Beine.
Ich stellte mich erneut so hin, wie er gemeint hatte, nur breitbeiniger.
"Damit du dich verteidigen kannst, musst du deine Hände vor deinen Körper halten. Eine Hand vor der anderen. Wenn du deine Hände zu einer Faust ballst, ist es wichtig, den Daumen nicht in die Mitte der anderen Finger zu legen, sonst kann es passieren, dass du ihn dir brichst."
Ich nickte. "Ja."
"Wenn du dich verteidigen willst, musst du den Schwachpunkt an deinem Gegner finden. Wenn es möglich ist, ziel mit deinen Schlägen auf den Kehlkopf, da sind die Menschen sehr empfindlich."
Er stand nun wieder mir gegenüber.
"Versuch es gleich."
Ich sah ihn entgeistert an.
"Ich soll dir gegen den Kehlkopf schlagen? Ich dachte, wir üben das an einem Dummy oder einem Boxsack."
"Deine Gegner sind keine Boxsäcke oder Dummys. Sie sind schnell und wendig und genau auf das solltest du trainiert werden. Du kannst mich nicht ernsthaft verletzen. Versuch es."
Alles in mir weigerte sich, den Schlag gegen ihn abzugeben, aber ich wusste, dass es sein musste. Ich musste lernen, mich zu verteidigen.
Ich konzentrierte mich auf den Punkt auf seinen Hals und auf meine rechte Faust, die dort treffen sollte. Ich lud all meine Energie in diese Hand, stieg mit dem linken Fuß vor und entlud meine Kraft in einem Hieb. Allerdings wurde er von Elijah abgehalten, wie ein Nichts.
"Gut, versuch es nochmal."
Ich richtete mich zurück, versuchte, mir meine leichte Frustration nicht anmerken zu lassen und startete einen neuen Versuch.
"Nochmal."
Und wieder.
"Nochmal."
So oft, bis ich mir eingeprägt hatte, wie er den Schlag abblockte und darauf reagieren konnte. Widerwillen meiner Gefühle holte ich wieder mit meiner Hand aus, sah seine Hände schon wieder abblocken und fuhr im gleichen Moment mit meinem Knie in Richtung seines Bauchs. Aber wider meiner Hoffnungen zu treffen blockte er auch das ab.
"Das war gut. Genau so musst du reagieren."
Er sah aus wie jemand, der genau wusste, wovon er sprach. Er war anders als sonst. Weniger zurückhaltend. Es stand ihm.
"Jetzt davon ausgehend, dass du angegriffen wirst, musst du auch abblocken können. Wenn du einen Schlag abblocken willst, kannst du deinen Arm parallel zu deinem Körper halten und den Arm deines Gegners nach obenhin abblocken, indem du deinen Arm hebst. Das verschafft dir Zeit, mit deinem Knie in den Magen deines Gegners zu treten. Er wird sich bücken und in dem Moment der Unachtsamkeit kannst du mit beiden Handflächen gleichzeitig auf beide Ohren schlagen. Er wird verwirrt sein, weil sein Gleichgewichtssinn aussetzt und du kannst fliehen."
"Ja...ich hab abblocken verstanden.", erwiderte ich.
Er lächelte.
"Ich werde dich nicht verletzen. Angenommen ich würde dir ins Gesicht schlagen wollen, kannst du..."
Er stellte sich hinter mich.
"Lass deine Arme locker."
Ich ließ locker.
"...kannst du..." Er griff an mir vorbei zu meinem rechten Arm und richtete ihn in Bauchhöhe parallel zu mir. Die Berührung von ihm löste Herzrasen in mir aus, aber ich bemühte mich, mich zusammenzureißen.
"...den Schlag so abblocken."
Er führte meine Hand senkrecht nach oben.
"Das gleiche kannst du auch mit senkrecht haltendem Arm machen und seitlich abblocken."
"Okay.", quetschte ich heraus und drehte mich um. Sein Gesicht war dem meinem näher, als mir lieb war. Oder auch schon.
Ich sah einen unerwarteten Schlag auf mich zukommen und duckte mich. Nichts traf mich.
"Wichtigste Regel: Lass dich niemals ablenken." Er schmunzelte mich an.
Ich lächelte verlegen.
"Selbst wenn du dich nicht gebückt hättest, meine Hand hätte dich nie berührt."
"Ich weiß. Ich vertraue dir."
Er lächelte sanft zu mir herab.
"Wenn du das Privileg hast, neben einer Wand zu stehen,  wenn dir so etwas passiert, kannst du mir der gleichen waagrechten Haltung deiner Hand deinen Gegner gegen die Wand drücken. Komm."
Er winkte mir, ich solle ihm folgen. Wir kamen an einer Wand zum stehen, zu der er mit seinem Rücken stand.
"Ich versuche, ohne Vampirkraft zu agieren. Versuch mich mit deinem Unterarm zur Wand zu stoßen."
" Aber das geht nicht, dazu bin ich zu schwach, das wäre ich auch unter normalen Umständen. "
"Doch, das kannst du. Versuch es."
"Ich will dich nicht verletzen."
"Du kannst mich nich.."
"..ich weiß. Du spürst es trotzdem."
Er lächelte wieder mild.
"Ich bin zäh. Ist in Ordnung. " Er nickte.
Ich atmete stoßartig aus.
"Okay. "
Dann richtete ich mich aus und versuchte mit aller Kraft, ihn mit meinem linken Unterarm gegen die unverputzte Backsteinwand zu drücken... und schaffte es sogar.
"Gut." Sein Blick durchbohrte mich.
Hatte er das erwartet?
Natürlich hat er das., dachte ich. Ich bin nur ein Mensch.
"Wäre ich jetzt ein Mensch, könntest du mich mit einem Hieb auf den Kopf vorübergehend ausschalten."
"Und du als Vampir?", fragte ich ernst.
Er nahm meine rechte Hand und legte sie auf seine Brust.
"Hättest du die Kraft, dann würdest du durch meine Brust zu meinem Herzen greifen und es herausreißen."
"Würde ich nicht."
"Könntest du."
"Würde ich aber nicht."
Ich nahm die Hände hinunter.
"Ich könnte dich nicht verletzen."
Ich lächelte bedrückt.
"Musst du auch nicht. Möchtest du nach Hause?"
Ich nickte lächelnd.
"Ja, ich denke das war genug für heute."
"In Ordnung. Um ehrlich zu sein, hast du dich heute wirklich gut geschlagen." Er lächelte.
"Danke.", sagte ich ehrlich.
Wir packten zusammen und gingen zurück.
Es war anders beim Training. Ernster. Ich wusste mehr als sonst, dass er sovielmal stärker als ich war. Und diese Eingenschaft stand ihm.

A venit honos salutem ∞Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt