Teil 12:

2.5K 120 3
                                    

Den Rest der Fahrt schwiegen wir. Es war keine peinliche Stille. Wir hatten einfach nichts mehr zu sagen.

Ich meine, natürlich hatte ich genug Fragen im Kopf, um ein Buch darüber schreiben zu können, aber ich wusste nicht, wie ich sie fragen sollte. Das hier war kein Frage-Antwort-Quiz.
Warum wollten sie euch schaden?
Warum bin genau ich diejenige, die der Anker ist?
War es Zufall, dass meine Mutter euch damals getroffen hat?

Ich konnte nur hoffen, dass sich einige von diesen Fragen mit der Zeit selbst beantworten würden.

Vom Flughafen führte unser Weg zuerst durch eine sehr eintönige Landschaft. Felder über Felder und ein einsamer Feldweg. Es war bewölkt und kalt, aber es würde regnen, wenn es Niederschlag  geben würde. Außerdem lag auch kein Schnee hier. Dann, nach einer Weile, tauchten einzelne Bauernhöfe und schließlich kleine Ortschaften auf.

Es dauerte lange, bis wir in die Stadt kamen, aber es war dort genau so, wie ich sie mir immer vorgestellt hatte.

Ich weiß nicht, wie lange wir gefahren sind, aber es wurde allmählich wieder dunkel. Viele Menschen waren auf den Straßen und an manchen Plätzen konnte man schon den typischen Jazz hören. Hier schien die Zeit irgendwie stehengeblieben zu sein.

"Können wir kurz stehenbleiben? Ich müsste mal wohin.", lachte ich.

"Ja natürlich, gleich da vorne ist ein Gasthaus." ,erwiderte er.

Gleich, ca 100 Meter weiter, Bogen wir links ein und hielten auf dem Parkplatz.

Kühle, aber musikerfüllte Luft kam mir entgegen, als ich die Tür öffnete.

"Ist hier immer Musik?", fragte ich lächelnd.

"Es ist New Orleans.", sagte er und lächelte zurück.

"Daran kann ich mich gewöhnen."

"Hier geht's lang", sagte er und führte mich mit seiner Hand auf meinem Rücken in die Richtige Richtung.
Puls.

Wir gingen in das Restaurant und er deutete nach hinten.

"Dort sind die Toiletten, ich warte hier auf dich."

Ich nickte und ging durch eine Vielzahl von Tischen, auf denen brennende Kerzen und Essen standen.

Ich betrat das WC mit den vielen Kabinen und sah zögernd in den großen, raumhohen Spiegel, der dort stand.

Meine Haare hatten einen Schlimmen Fettansatz und auf meinem Kinn kündigte sich ein schlimmer Pickel an.
Haaachhh

Ich ging auf die Toilette, wusch meine Hände und war gezwungen, erneut im den Spiegel zu sehen.

Ich trocknete meine Hände mit Papier und warf es in die vorgesehenen Mistkübel. Dann ging ich wieder nach draußen, durch die Tische hindurch zu Elijah, der dort schon wartete.

"Hast du Hunger? Willst du noch etwas essen?"

"Ähm, gerne aber das Restaurant sieht nicht gerade billig aus."

"Mach dir darüber mal keine Sorgen", lachte er.

"Trotzdem. Ich will um mich keinen Aufstand machen. Übrigens auch nicht bei deinen Geschwistern. Ich bin gut darin, so zu tun als wäre ich gar nicht da."

"Du bist nicht gerade von dir überzeugt. Das ist dein neues Leben, du sollst auch daran teilhaben dürfen."

"Aber ich will nicht alles von euch abverlangen. Ihr müsst zusehen, dass ich nicht sterbe. Damit habt ihr euren Teil erfüllt."

Er überdrehte seine Augen.

"Du hast das beste verdient."

Ich zog zweifelnd die Augenbrauen zusammen, dann erzwang ich mir ein Lächeln.

"Ich warte bis wir bei euch sind.", sagte ich trotzdem entschlossen.

"Nun gut. Dann fahren wir."

Ich atmete tief durch.

"Okay. Fahren wir."

Wir stiegen ins Auto und fuhren los.

A venit honos salutem ∞Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt