Teil 16:

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Nach dem Essen trug ich meinen Teller widerwillen Elijah's in die Küche und stellte ihn in den Geschirrspüler.

"Danke für das Essen. Es war sehr schön...gut. Es war sehr gut.", besserte ich mich selbst schnell aus und lief erneut rot an.

Er lächelte erneut und sagte wie immer in einer Stimme, die einfach in keiner Situation aus der Ruhe zu bringen schien:

"Wenn du möchtest, kannst du dir gerne das Haus weiter ansehen, aber wenn du hinausgehen möchtest, sag bitte Niklaus oder mir Bescheid."

"Okay. Danke."
Natürlich würde ich zu dir kommen.
Warte, Mist...ich...nein.

Er konnte mich doch hören, verdammt!!!

Er musste sich sehr zusammenreißen, um nicht in einem Lachkrampf auszuaten, aber ein Kichern konnte er sich nicht verkneifen.

"Ich werde jetzt gehen und versuchen, diese Situation zu vergessen", sagte ich lachend und deutete ein Winken an.

"Unsinn , schon wieder vergessen, Julia."

Ich schüttelte selbsthassend den Kopf, als ich den Raum verließ und durch die verschiedenen Hänge schlenderte, die alle durch Kerzenlicht beleuchtet waren. Ich kam mir vor, wie in einem alten Schloss, nur, dass es nicht so ganz unheimlich war.

Es war irgendwie alles miteinander verbunden und es begann mir hier zu gefallen.

Auch, wenn es hier nicht modern war, auf keinen Fall (mit der Ausnahme meines Zimmers), war es heimelig.

Ich entdeckte eine Art Weinkeller mit so vielen Weinflaschen, wie ich sie in meinen Lebtagen nicht an einem Ort gesehen hatte. Als ich die schwere Holztür nach kurzem Bewundern wieder in die Angeln geworfen hatte, fuhr ein Schreck durch meine Glieder. hinter der Tür stand auf einmal Klaus.

"Du scheinst einen guten Geschmack zu haben, gleich entdeckst du unseren Weinkeller."

Er grinste amüsiert.

"Was ist dein Lieblingswein?",fragte er.

"Oh, nein, ich trinke nicht."

"Wie schade, ich hätte dir viele gute Weine zeigen können."

Er zog eine gespielt beleidigte Grimasse.

Ich verengte die Augen zu Schlitzen.

"Danke, nein."

Aber ich lächelte.

"Ich kann dir gerne eine Führung durch unser bescheidenes Domizil anbieten. ",sagte er anschließend.

"Bescheiden?"

Ich musste lachen.

"Aber ja, gerne."

Er lächelte und neben seinen Lippen bildeten sich Grübchen.

Ich folgte ihm die Treppe hinauf und er zeigte mir viele Zimmer, sogar eine Bibliothek, die wirklich sehr groß war. Bücher, die sie aus Zeiten hatten, die ich mir nicht einmal mehr vorstellen könnte. Bücher, für die sich jeder Historiker alle 10 Finger ablecken würde. Es gab unzählige leere Zimmer und viele Schlafzimmer. Sogar einen Ballsaal hatten sie. Ich steuerte auf ein Zimmer zu, dass sich direkt gegenüber von Klaus' Schlafzimmer befand. "Nein, warte, nicht..."

Aber ich hörte es zu spät und stolperte in ein Zimmer, das ich für eine Art Atelier hielt.

Der ganze Raum war vollgestellt mit Leinwänden,  die aber immer mit denselben Farben bemalt waren. Rot, schwarz und grau.

Die Bilder waren schön, aber sie sahen sehr unruhig aus.

Und irgendwie sogar aggressiv. Als würde man direkt in einem Schlachtfeld stehen.

"Entschuldige, ich wollte nicht...", beteuerte ich.

"Schon in Ordnung, ich zeige diesen Raum für gewöhnlich nur nicht gleich jedem, den ich neu kennenlerne."

"Hast du die gemalt?", fragte ich und ging herum, um die Bilder genauer zu betrachten. Ich hörte ihn hinter mir her gehen, und ich glaube, er wollte meine Reaktion auf sie beobachten.

"Ja. Über all die Jahre hinweg."

Ich wandte mich an ihn.

"Was versuchst du mit ihnen auszudrücken?", fragte ich ihn.

"Will ich überhaupt etwas mit ihnen ausdrücken?"

Eine Gegenfrage.

"Davon ausgehend, dass du meiner Frage ausgewichen bist, ja.", sagte ich und schmunzelte.

"Ich weiß es nicht, was siehst du in ihnen?"

Ich stand direkt vor einem der Bilder.

"Es sieht sehr...wütend aus."

Ich sah zu ihm, um seine Reaktion einzuschätzen.

"Wütend? Wie kommst du denn darauf, Liebes?"

Er grinste, aber hinter der Fassade seiner Augen entdeckte ich einen Funken der Traurigkeit, der Verletzlichkeit.

"Du verwendest immer die gleichen Farben. Rot, schwarz und grau. Die Bilder sind schön, aber sie sehen aus, als hättest du deine Wut von deinem Inneren direkt auf diese Leinwand projiziert."

Sein freundlicher Blick war erlischt. Ich glaube, er fühlte sich ertappt.

"Ich glaube, das reicht für heute."

Er klang nicht wütend, mehr damit überfordert mit jemandem, der so direkt zu ihm war.

Er brachte mich wieder zu meinem Zimmer und wünschte mir eine gute Nacht, wie ich ihm ebenfalls. Danach wusch ich mich in der Dusche - die Badewanne war mir noch nicht so ganz geheuer- und kümmerte mich um meine Gesichtshaut,  indem ich sie peelte, wusch und sie eincremte. Ich zog meinen Pyjama an und legte mich ins Bett. Ich schlief schnell ein, was mich wunderte, denn die doch nicht ganz so leise Musik in New Orleans würde mich unter normalen Umständen vielleicht sogar stören. Aber ich war so müde. Und so schlief ich die 1. Nacht in New Orleans sehr gut und ohne aufzuwachen.

A venit honos salutem ∞Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt