Prolog

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Stumm betrachte ich die dicken Regentropfen, die lautstark gegen meine Fensterscheibe prasseln.

Sie lassen mich vergessen, wo ich mich befinde und der Drang, nach draußen zu gehen und einfach zu tanzen, um wenigstens für wenige Sekunden der Realität zu entkommen, wird so groß, dass ich ihm letzten Endes nachgehe.

Auf meinen trockenen, rissigen Lippen bildet sich ein hauchzartes Lächeln, sobald das Wasser auf meine kalte Haut trifft.
Durch die warmen Temperaturen des Sommers, fühlt sich der Regen wie eine Erlösung für meine verlorene Seele an.

Ohne weiter darüber nachzudenken, fange ich an, leise eine Melodie zu summen und mich zu dieser zu bewegen.
Das Gefühl von Freiheit überwältigt mich und ich stelle mir vor, wie ich auf einer Lichtung des Waldes tanze.
Das nasse Gras unter mir fühlt sich weich an und der markante Geruch der unberührten Natur dringt in mein Unterbewusstsein.

Ich stelle mir vor, wie mich die freien Tiere seelenruhig beobachten und sich fragen, wieso ich mich nicht unterstelle.
Der Fuchs, der durch seinen frechen Gesichtsausdruck wirkt, als wäre er ein kleines Kind.
Ein Reh, welches mich mit gespitzten Ohren wachsam beobachtet, um eine potentielle Gefahr frühzeitig zu erkennen.

Zum Schluss stelle ich mir ein Rudel voller wunderschöner Wölfe vor, wie sie und ihre Welpen dort sitzen und ihre absolute Freiheit genießen.
Wie sie ihr nasses Fell absolut nicht stört und aussehen, als würden sie mir noch Stunden zusehen können.

Die Traumwelt meiner Fantasie hört abrupt auf, als ich unsanft am Arm gepackt und nach drinnen gezerrt werde.
Mir ist gar nicht aufgefallen, dass ich schon vollkommen durchnässt bin und meine Haare wie ein Vogelnest aussehen.
Ich ignoriere den wütenden Blick der Person, die ich am meisten auf dieser ganzen Welt hasse und mache mich auf den Weg in das Badezimmer, um mich ungestört umziehen zu können.

Hinter mir schließe ich die Tür zu und fange direkt damit an, meine Haare zu entknoten, was eine Weile dauert, da ich am Morgen nicht dazu kam, sie ordentlich zu kämmen.
Anschließend entledige ich mich meiner Kleidung und ziehe mir einen einfach Pyjama über, der mich sofort aufwärmt und wohlig aufseufzen lässt.

Zum Schluss stelle ich mich meinem Spiegelbild und schminke mich so schnell es geht gründlich ab.
Schwer schluckend stelle ich fest, dass es wieder einmal soweit ist.

Erneut muss ich aus diesem Zimmer, mich in mein Bett legen und schlafen.
Was für die meisten wie etwas vollkommen normales und teilweise schönes zählt, ist für mich ein Albtraum, denn ich weiß, dass ich somit dem nächsten Tag und damit der nächsten Arbeit näher komme.

Eine einzelne Träne verlässt meine müden Augen und seufzend bewege ich mich dazu, nicht wieder unnötig viel Zeit damit zu verbringen, so viel über die unausweichliche Realität nachzudenken.

Die weichen Laken meines Bettes hüllen mich ein und schmerzlich vermisse ich den ruhigen, absolut friedlichen Moment, meines Tanzes im Regen.

Immer schwerer wird es, meine Augen offen zu halten und ich weiß, dass es wieder soweit ist.

Die meisten Menschen haben Angst vor dem Tod, da sie befürchten, nicht in den traumhaften Himmel zu kommen.

Doch, wie soll man Angst davor haben, wenn das Leben bereits die Hölle ist?














Wie fandet ihr den Prolog?

Was erhofft ihr euch von der Story?

Eine neue Reise beginnt!

Shotaro Reyes - Mi oscura salvaciónWo Geschichten leben. Entdecke jetzt