3. Kapitel

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Lucia

Geschockt von seinen Worten, verharre ich stocksteif in meiner Position und wage es nicht, mich auch nur einen Hauch weiterzubewegen.
Was hat er da gerade gesagt?
Das kann er doch nicht ernst meinen!

"Was ist? An die Arbeit!" befiehlt er herrisch und schmeißt die Tür mit einem lauten Knall zu, so dass man das kleine Echo in den langen Gängen widerhallen hört.

Auf dem Weg, zu dem kleinen Schuppen hinter der Anlage, spiele ich überfordert mit meinen Händen, um mich irgendwie auf etwas konzentrieren zu können, damit ich nicht auf der Stelle anfange, loszuheulen.

Im Schuppen angekommen, suche ich eine einfache Gartenschere und werde ziemlich schnell fündig.
Gerade, als ich auf der besagten Grünfläche ankomme, fängt es an zu regnen, was mich verzweifelt die Hand an die Stirn schlagen lässt.
Sowas kann aber auch nur mir passieren!

Wie in Trance, blicke ich hinauf in den bewölkten Himmel, der sich scheinbar seit dem Einkaufstrip, ziemlich zusammengezogen hat, so dass von der morgendlichen Sonne, nichts mehr zu erkennen ist.

Seufzend hocke ich mich auf den nassen Rasen und fange wehmütig an, das Gras auf einen Centimeter zu kürzen, was mich vermutlich noch die ganze Nacht beschäftigen wird.

Über Stunden hinweg krieche ich im Regen, auf dem Boden umher, und schneide mit einer verdammten Schere die lästigen Grashalme.
Die Höchststrafe ist allerdings, dass in dieser Zeit die Kunden ein- und ausgehen, während sie einen perfekten Blick auf meine lachhafte Gestalt haben.

Immer wieder höre ich ihr bösartiges Lachen und die Beleidigungen, die sie mir an den Kopf werfen, so als ob ich sie nicht verstehen kann.

Irgendwann, werde ich überraschend aus meiner Arbeit gezogen:
"Lucia, komm her!" ruft Sam, der im Türrahmen zum Restaurant steht.

Leicht schüttle ich den Kopf und widme mich wieder meiner Strafarbeit, denn auf weitere Probleme, kann ich sehr gut verzichten.

"Das ist ein Befehl von Romero!"
Sofort lasse ich alles liegen und laufe so schnell es geht zu Sam, der mich genauestens betrachtet.
Wir kennen uns schon seit über zehn Jahren und noch dazu ist er der einzige, den ich wirklich als eine Art Freund sehe.
Meinen Vornamen höre ich lediglich von ihm, denn alle anderen schenken meiner Person gar keine Beachtung.

Mit leichtem Druck umfasst er mein Handgelenk und zieht mich zu einer kleinen Besenkammer an der Seite.
"Ich habe dir neue Kleidung geholt, du kannst sie da drin schnell anziehen." spricht er gestresst aus und verwirrt mich nur noch mehr.

"Verdammt Lucia! Irgendwelche reichen Typen möchten dich bei ihnen am Tisch haben und jetzt los!"
befiehlt er mir harsch und schiebt mich in die dunkle Kammer, in der tatsächlich eine neue Uniform bereitgestellt ist.

Sofort ziehe ich mich um und versuche krampfhaft, meine klitschnassen Haare auf meinem Kopf zu ordnen. Vergeblich.
Ich sehe immernoch aus, wie ein verdammt nasser Pudel.

Peinlich berührt, trete ich aus dem Raum und begegne einem noch nervöseren Sam, als zuvor.
"Alles klar, bereit?" fragt er mich, worauf ich nur panisch mit dem Kopf schütteln kann, denn ich verstehe absolut gar nichts von dem, was gerade los ist.

Welche reichen Typen?
Wieso möchte man mich am Tisch haben?
Hat da tatsächlich jemand meinen Boss bezahlt, damit ich nicht draußen arbeiten muss?
Nein, unmögliche Traumvorstellung.

"Ich muss wieder in die Küche, es ist heute wieder wahnsinnig voll.
Sie sind am Tisch mit der Nummer vierunddreißig im VIP Bereich.
Viel Glück!" ruft mir Sam noch zu, bevor er auch schon wieder verschwunden ist.

Vollkommen fassungslos betrete ich das übervolle Restaurant, welches nach den teuren Parfüms der Gäste und den dutzend leckeren Gerichten riecht.
In dem Versuch, möglichst unscheinbar zu wirken, begebe ich mich durch die Tür zur VIP Abteilung, in der die noch reicheren und skrupelloseren Menschen speißen und laufe mit wenig Orientierung in Richtung Tisch vierunddreißig.

Schwer schluckend bleibe ich mit gesenktem Kopf, vor den vier Männern stehen und kann deutlich ihre machtvolle Präsenz und ihre Blicke auf mir spüren.
Mehrere Minuten verstreichen, bis sich einer von ihnen zu Wort meldet:
"Wie unhöflich von uns! Setz dich doch bitte."

Zitternd lasse ich mich auf dem freien Stuhl nieder und wage einen Blick auf meine Gesellschaft, was mir sofort die Sprache verschlägt.

Es sind die vier aus dem Supermarkt, die ich noch heute Morgen getroffen habe!
Der Schwarzhaarige, der mich gerade gebeten hat, mich zu setzen, räuspert sich und stellt sich lächelnd vor:
"Tut mir Leid für unser Benehmen.
Ich bin Taio, freut mich."

Die Hand, die er mir anbietet, kann ich nur vollkommen verdattert ansehen, was er schnell merkt und sie zurück zieht.
"Ich bin Vasco." stellt sich der Typ mit den hellbraunen Haaren vor, der in dem Laden den grimmigen Mann angesprochen hat, zu dem ich augenblicklich schiele.

"Andrés Reyes." stellt sich dieser kurz und knapp vor und sieht sich verstohlen im Restaurant um.

Eine warme Hand auf meiner, lässt mich zusammenzucken und zu dem blonden Mann, mit den strahlenden Augen, sehen.
"Mein Name ist Shotaro, ich freue mich sehr, dich einladen zu können.
Wie heißt du?" spricht er mich mit einem sanften Lächeln an, was mich ihn überrascht ansehen lässt.

Unter normalen Umständen, dürfte ich keinen dieser Männer auch nur ansehen und jetzt soll ich mit ihnen sprechen?

"Wir tun dir nichts, keine Sorge." beruhigt mich der Blondie und leise hauche ich:
"Lucia.. Lucia Rubio Marin."

Sofort sehe ich auf meine schwitzigen Hände, die ich nervös in meinen Schoß gelegt habe und nun anfange, mit ihnen zu spielen.
Alles an dieser Situation, wirkt mehr als nur unwirklich.

Im nächsten Moment wird mir von einer Angestellten ein dampfender Teller voll mit Pesto gestellt, so dass ich verwirrt darüber, zu den Männern sehe, die mich neugierig mustern.
"Nichts für ungut, aber wieso siehst du so aus, als würdest du zum ersten Mal in deinem Leben etwas zu Essen sehen?" fragt mich Andrés, der mittlerweile nicht mehr ganz so grimmig wirkt, wie noch zu Beginn.

Hart beiße ich mir auf die Unterlippe und senke beschämt den Kopf.
"Wir essen nicht jeden Tag.." wispere ich leise, so dass ich denke, dass es niemand verstanden hat.

"Iss, danach ruhst du dich aus.
Ab nächster Woche, hat diese Hölle ein Ende, das verspreche ich dir, Mi hermosa." verspricht Shotaro mit einem gefährlichen Unterton und verschwindet gemeinsam mit den anderen nach draußen.

Hat er mich gerade schön genannt?

Sofort bemerke ich, was mich anfangs so stutzig gemacht hat:
Reyes? Das sind verdammte Mafiosos!

Und außerdem beginnt morgen doch schon die nächste Woche!








Jaja, unsere Brüder Reyes ^^



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Shotaro Reyes - Mi oscura salvaciónWo Geschichten leben. Entdecke jetzt