5. Kapitel

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Lucia

Peinlich berührt entgegne ich:
"Ich habe nicht gestarrt!"
Lachend schüttelt er den Kopf und sieht zu mir, woraufhin ich sofort den Blick senke.
Es ist, als wäre diese Art des Umgangs mit anderen Menschen, tief in mir verankert.

Schreckhaft zucke ich zusammen, als wir bei mehreren, sehr teuren, Autos ankommen und uns ein ziemlich großer und breitgebauter Mann begrüßt.
"Die anderen kommen nach. Fahr uns bitte schonmal zurück, Yago."

Der Angesprochene nickt nur, öffnet uns die Autotür, schließt diese wieder, sobald wir eingestiegen sind und setzt sich schlussendlich hinters Steuer.

"Also, mi hermosa. Das ist Yago, unser bester Mann. Er wird dir vermutlich öfter über den Weg laufen, aber du musst keine Angst vor ihm haben." fängt Shotaro an, mir ruhig zu erklären und nimmt dabei für keine Sekunde seine Augen von mir.

"Kurz zusammengefasst, was genau eigentlich passiert ist:
Wir haben dich von Romero gekauft und nehmen dich jetzt mit zu uns.
Solange du dich benimmst, hast du auch nichts zu befürchten.
Das einzige was von dir sonst noch erwartet wird, ist, dass du für uns arbeitest.
Allerdings hast du bei uns wesentlich mehr Freiheiten und Möglichkeiten, als du es vermutlich jemals hattest, also empfehle ich dir, diese Chance nicht zu verspielen."
beendet er seinen Vortrag, was mich geschockt die Luft einziehen lässt.

Soll das bedeuten, dass...

"Also bin ich eure Sklavin?" frage ich mit brüchiger Stimme und kann nicht verhindern, vollkommen erschüttert zu klingen.

"Wir haben dich als eine gekauft, ja.
Aber das heißt nicht, dass wir dich auch so behandeln müssen." antwortet er mir und kurz habe ich das Gefühl, einen Funken Mitleid in seinen Augen zu lesen, doch dieser verschwindet so schnell, wie ich mich von ihm abwende und an die getönte Fensterscheibe lehne.

"Hör auf so unemphatisch zu ihr zu sein. Das alles ist schon schwer genug für sie." schaltet sich Yago ein und wirft mir einen kurzen Blick durch den Rückspiegel zu.

"Soll ich sie besser anlügen und dabei runterspielen, wer wir sind?" entgegnet der blonde Mann und hört sich dabei ziemlich gereizt an.

"Nein, aber ihr wisst doch wohl am besten, wer ihr seid und was ihr tut, oder eben nicht." erwidert Yago mysteriös, doch ich mache mir keine Gedanken mehr um ihr Gespräch, denn alles, was sich in meinem Kopf befindet, sind zwei Wörter.

Sklave. Verkauft.

Ich wurde tatsächlich an die Familie Reyes verkauft und soll ab jetzt für sie arbeiten.
Und wenn ich es nicht tue...

Ich habe gar keine Wahl.
Wie ironisch.

Es fühlt sich an, als würde man mir den Boden unter den Füßen wegreißen, um mich gewaltsam in das schwarze Loch zu stoßen, so dass ich nie wieder Tageslicht sehen kann.

Die Tatsache, dass ich auf dem Weg in eine, vermutlich noch viel größere Hölle, bin, ist so beängstigend wie die Nacht, in der ich in die Gewalt von Jorge Romero kam.

Flashback

"Nein! Davon war nie die Rede!" weckt mich die laute und panische Stimme, meiner Mutter.

Shotaro Reyes - Mi oscura salvaciónWo Geschichten leben. Entdecke jetzt