1. Kapitel

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Lucia

Erschöpft schlage ich meine müden Augenlider auf und strecke mich gähnend, der langsam aufgehenden Sonne, entgegen.
Mein Blick schweift zu dem piependen Gerät auf meinem Nachttisch, welches ich mit einem genervten Seufzen abschalte.

Sofort stelle ich den Wecker für den nächsten Morgen, da ich es nicht riskieren möchte, es am Abend vor lauter Erschöpfung zu vergessen.

6:00 Uhr

Eine Uhrzeit, an der ich absolut nichts auszusetzen habe, denn es ist für meine Verhältnisse sogar ziemlich spät.

Teilweise muss ich sogar zwei Stunden eher aufstehen, um alles rechtzeitig und zufriedenstellend zu erledigen.

Kopfschüttelnd schäle ich mich aus den weichen Bettlaken, die ich sofort ordentlich aufschüttle.
Anschließend schlurfe ich zu meinem mäßig gefüllten Kleiderschrank, woraus ich mir meine normale Alltagsuniform, mitsamt den leichten Schuhen, heraushole und sie in sekundenschnelle mit meinem Pyjama austausche.

Schnell laufe ich in das Badezimmer, kämme meine kupferroten Haare und trage mir etwas MakeUp auf, um nicht wie ein totaler Zombie zu wirken.

Ohne noch weiter Zeit zu verschwenden, verlasse ich schnellen Schrittes mein Zimmer und gehe durch die großen Flure des Hauses, in dem ich arbeite und gleichzeitig wohne.

Noch ist alles totenstill und es wirkt, als wäre ich vollkommen allein, doch dies wird sich erfahrungsgemäß schnell ändern, weswegen ich meinen Schritt verschnellere und förmlich in die Küche stolpere.

In dieser herrscht bereits große Aufregung, denn die Angestellten rufen wild durcheinander, so dass man kaum etwas verstehen kann.
Mit geducktem Kopf laufe ich durch die Menge, geradewegs auf meinen Platz zu, und fange ohne groß zu Zögern an, das Rezept, welches neben den Zutaten steht, zu kochen.

Dieses Mal handelt es sich zu meiner Verwunderung um ein einfaches Backrezept eines spanischen Mandelkuchens, den ich innerhalb einer halben Stunde zusammengerührt und in den Backofen geschoben habe.

"Miss Marin!" ruft der Chef der Küchenabteilung und sofort horche ich auf.
Sam kommt mit hektischer Atmung auf mich zu, packt mich an der Hand und schleift mich quer durch die gestressten Mitarbeiter aus der Küche heraus.

"Was ist los?" frage ich vollkommen verwirrt, als wir vor der großen Tür von Jorge Romero, unserem Oberboss, ankommen.
Es ist selten, dass mal jemand von ihm gerufen wird, oder man ihn überhaupt zu Gesicht bekommt.

Er ist Tag ein Tag aus mit seinen Geschäften, beziehungsweise seinem Geld beschäftigt, was ihn natürlich,  laut ihm, 'sehr einschränkt'.

Sam wirft mir nur einen bedeutungsvollen, teils unsicheren, Blick zu und klopft an der massiven Holztür an.
Dabei kann ich das Zittern seiner Hände ganz deutlich sehen, was in mir eine gewisse Angst aufkommen lässt.
Was zur Hölle ist hier los?

"Herein!" kommt es aus dem Raum geschossen und die dunkle Stimme meines Bosses, lässt eine eiskalte Gänsehaut auf meinem Körper erscheinen.

Sam nickt zur Tür, flüstert ein "Viel Glück" und verschwindet wieder.
Schwer schluckend öffne ich die Tür und trete in den stickigen Raum ein, der nach Zigarrenrauch stinkt.

Mit gesenktem Kopf, laufe ich auf den hölzernen Schreibtisch zu und bleibe stumm davor stehen.
Mehrere Minuten verstreichen, in denen wir in absolute Stille gehüllt sind und meine Panik mit jeder weiteren Sekunde wächst.

Ich bin mir sicher, dass er diese Spannung absichtlich erzeugt.

Ein Räuspern seinerseits, zieht meine Aufmerksamkeit wieder auf die Person, die sich vor mir befindet.
"Du darfst mich ansehen." sagt er kalt, was mich kaum merklich zusammenzucken und den Kopf schütteln lässt.
Schon seit Jahren wurde mir beigebracht, dass ich meinen Blick vor höheren Mitgliedern der Gesellschaft stets gesenkt halten muss, genauso wie ich ohne Aufforderung nicht sprechen darf.

Es erinnert mich, an ein Rudel wilder Tiere.

"Das war keine Bitte." entfährt es ihm barsch, weswegen ich erschrocken nach Luft schnappe und zitternd meinen Kopf hebe.
Überrascht weiten sich meine Augen, denn Jorge steht nur wenige Meter vor mir, angespannt an den Tisch gelehnt und mustert mich abschätzig.

Sofort weiche ich einen Schritt zurück, was ein erfreutes Blitzen in seinen dunkelbraunen Augen hervorruft.
Es ist mir kaum möglich, ihn anzusehen, denn alles an ihm schreit mich an, dass es ein Fehler ist.

Dennoch nehme ich all meinen Mut zusammen und mustere ihn etwas.
Jorge ist ein Mitte dreißig jähriger, schwarzhaariger Mann, dessen Gesicht durch einige Brandnarben ziemlich entstellt wirkt.
Er trägt einen typischen, edlen Anzug, der zu dem Auftreten eines Geschäftsmannes perfekt passt.
Seine Augen strahlen pure Kälte und Verachtung aus, weswegen es mir schwer fällt, den Blickkontakt aufrecht zu erhalten.

Kraftvoll stößt er sich vom Tisch ab und kommt bedrohlich auf mich zu.
"Habe ich gesagt, dass du mich so genau unter die Lupe nehmen sollst?" fragt er mich grimmig, woraufhin ich jeden Schritt, den er auf mich zuläuft, nach hinten ausweiche und zitternd antworte:
"N-nein, haben Sie nicht S-sir."

"Und wieso tust du es dann?" hakt er düster nach und ich meine, seinen Mundwinkel zucken zu sehen, als ich gegen die Wand hinter mir pralle und nun keinen Ausweg mehr habe.

Sofort blicke ich auf den Boden und erwidere hauchend:
"Ich weiß es nicht."

Nun steht er genau vor mir und ich kann den Gestank, der von seinem Atem ausgeht, auf meiner kalten Haut spüren.
Als ich seinen Arm vor mir sehe, will ich etwas sagen, doch es wird durch seine Hand, die sich ruckartig um meinen Hals gelegt hat, verhindert.

Erschrocken kralle ich mich an seinen Arm und stottere hilflos:
"Bitte, i-ich..Es t-tut mir l-leid!"
Sofort wird der Druck an meiner Kehle erhöht und ich versuche krampfhaft, seine Hand zu entfernen, doch sie sitzt so fest, wie ein harter Schraubstock.

"Ich will keine Entschuldigung dafür, sondern eine Erklärung, wieso ich gestern eine Beschwerde über dein Essen erhalten habe." entgegnet er mir ruhig.
Zu ruhig.

Überfordert laufen mir die Tränen über meine Wangen und ich bringe schweratmend meine einzigen Worte, die ich dazu habe, hervor:
"Das kann nicht sein!"

Sofort packt seine andere Hand grob mein Kinn und zwingt mich, in seine wütenden Augen zu sehen.
"Es war verdorben, du billiges Miststück! Wegen dir habe ich einen wertvollen Kunden verloren!" brüllt er mich außer Kontrolle an und scheint nicht zu merken, wie er mir nun vollkommen die Luft abschnürt.

Panisch zapple ich und versuche sogar, nach ihm zu treten, nur um irgendwie an Sauerstoff zu gelangen, doch es gelingt mir nicht.
Mit meiner letzten Kraft hauche ich:


"Bitte, lassen Sie es mich wieder gut machen.."











Das 1. Kapitel ist fertig und ich freue mich schon, eure Reaktionen zu lesen!

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Shotaro Reyes - Mi oscura salvaciónWo Geschichten leben. Entdecke jetzt