2. Kapitel

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Lucia

"Oh ja, das wirst du." wispert mir Jorge durch zusammengebissene Zähne in mein Ohr und lässt mich ruckartig los, so dass ich abrupt auf dem Boden lande.

Schweratemend fasse ich mir an meinen, bestimmt ziemlich geröteten, Hals und sauge gierig den Sauerstoff in meine Lungen ein.
Abwertend blickt Jorge auf mich hinab und mahlt angespannt mit dem Kiefer, was bedeutet, dass ich froh sein kann, noch zu leben.

"Du wirst für das Haus einkaufen gehen und anschließend alles in die Zimmer bringen! Und wehe, es ist auch nur eine Sache nicht zufriedenstellend!" droht er mir wütend, was mich sofort mit dem Kopf Nicken lässt, denn die Angst in mir, will vermeiden, dass er wieder ausrastet.

Wackelig erhebe ich mich vom Boden und halte, wie es mir mein Verstand rät, den Blick gesenkt.
Im nächsten Moment wird mir ein Zettel in die Hand gedrückt und ich werde grob aus dem Raum gedrängt.

Sofort sammle ich mich und begebe mich schnell zu einem der Autos für die Angestellten, wovon zu meinem Glück gerade eines frei ist.
Jorge hat genau fünf Wagen, für über dreißig Angestellte, was bedeutet, dass sie meistens besetzt sind.
Wer dann mal dringend ein Auto braucht, hat eben Pech gehabt und wird in den meisten Fällen, einfach nur aus Spaß, bestraft.

Tief durchatmend starte ich den kleinen Golf und schlängle mich durch die gut befahrenen Straßen Madrids, die mittlerweile durch die strahlende Sonne in eine schöne Atmosphäre getaucht wird.

Eine halbe Stunde hat die Fahrt, in die Einkaufsgegend gedauert, so dass ich seufzend den Wagen abschließe, mir einen Einkaufswagen hole und in den verhältnismäßig leeren Laden trete.
Sofort steuere ich auf die Obstabteilung zu, in der ich mir zwei Bananen und drei Äpfel schnappe.

Sofort hake ich diese zwei Dinge ab und laufe durch die weiteren, vielen Gänge.
Neben einfachen Dingen wie Zahnbürsten, Zeitungen, Klopapier, Backpapier und einigen Backzutaten, stehe ich irgendwann in einer Abteilung, die ein unwohles Gefühl, in meiner Magengegend, auslöst.

Schluckend betrachte ich die dutzenden Verhütungsmittel und Sexspielzeuge, die teilweise einen ziemlich kranken Eindruck auf mich machen.
Gut, zugegeben: Mir fehlt definitiv die Erfahrung, was diese Sache angeht.

Seufzend nehme ich mir einen Vibrator, verschieden große Kondome und anschließend noch eine Art Haarklammer.

Sofort verschwinde ich, mit vor Scham geröteten Wangen, zur Kasse und lege still die Artikel auf das Kassenband.
Gerade, als ich anfange, alles in einem Beutel zu verstauen, piept die Eingangstür und lenkt meine Aufmerksamkeit, auf vier junge Männer, die genau in diesem Moment, den Laden betreten.

Der eine von ihnen hat schwarze Haare, ist der Größte unter ihnen und hat einige Tattoos, die ihn ziemlich gefährlich wirken lassen.

Ein anderer hat dunkelbraune Haare und sieht sich düster im Laden um. Alles an ihm schreit:
Gefahr.

"Ach komm schon, Andrés! Wir sind doch bald wieder zu Hause, dann kannst du dich ordentlich abreagieren." spricht der Dritte den grimmigen Mann an, welcher ihn nur noch wütender ansieht.
Auch dieser hat braune, etwas hellere, Haare und sieht ziemlich muskulös aus.
Allerdings wirkt er wesentlich freundlicher als die zwei zuvor.

Meine Augen schweifen zum Letzten, der blonde Haare und strahlend blaue Augen hat.
Sein Lächeln sieht aus, als wäre er ein absoluter Sunnyboy und erst in diesem Moment fällt mir auf, dass er mich genauso mustert, wie ich ihn und sofort drehe ich mich hektisch weg, nur um in das fragende Gesicht der Kassiererin zu sehen.

Fragend ziehe ich die Augenbrauen hoch, was sie nur "Womit bezahlen Sie?" antworten lässt.
Augenblicklich wird mein Gesicht feuerrot und ich reiche ihr meine Angestelltenkarte, die sie sofort annimmt.
Nicht sprechen, wenn man es nicht ausdrücklich anordnet.

Lächelnd reicht sie mir den Kassenbeleg und sofort verstaue ich alles übrige in meiner Tasche, um schnellen Schrittes an den gruseligen Männern vorbeizugehen, die stehen geblieben sind und damit begonnen haben, mich allesamt zu mustern.

Erleichtert seufze ich auf, als ich den Einkauf im Auto verstaut und den Wagen vom Parkplatz gelenkt habe.
Die ganze Aktion, hat mich mit dem Fahrtweg, gute zweieinhalb Stunden gekostet, wobei mir auffällt, dass ich in dem Laden, viel zu sehr getrödelt habe.

Angschweiß bildet sich auf meiner Stirn und ich trete noch mehr auf das Gaspedal.
Schnell lenke ich das Auto durch die mittlerweile viel zu vollen Straßen und komme zur Mittagszeit an unserem Restaurant, woran sofort das große Haus grenzt, welches fast schon einem Anwesen gleicht, an.

Ohne groß Zeit zu verlieren, schnappe ich mir den Einkauf und fange an, ihn in jedem Zimmer zu verteilen, in dem eine Person lebt, die etwas vom Einkaufszettel braucht.
Am Ende bleiben nur noch die Sexartikel übrig und schluckend sehe ich den Namen der Person, zu der ich die Ware bringen muss.

Jorge Romero

"Wieso muss ich nur so ein Pech haben?" flüstere ich zu mir selbst und gehe auf wackeligen Beinen in Richtung Chefbüro.

Vor der Tür angekommen, sehe ich auf den goldenen Türgriff herab, in dem sich mein eigenes Gesicht etwas spiegelt.
Meine kupferroten Haare liegen glänzend über meiner Schulter, was bedeutet, dass ich sie mal wieder etwas kürzen muss.
Sie umrahmen meine honigbraunen Augen, denen der Schock definitiv anzusehen ist und meine Sommersprossen, die ich schon seit ich ein kleines Kind bin, verachte.

Schwer schluckend klopfe ich zögerlich an der Massivholztür und warte.
Erst glaube ich, dass Jorge es nicht gehört hat, doch dann höre ich ein genervtes:
"Wenn es nicht wichtig ist, dann gnade dir Gott!"

Kurz denke ich darüber nach, einfach davon zu laufen, verwerfe den Gedanke aber schnell und trete zögerlich ein.
Mit der Tüte in der Hand, laufe ich zum Schreibtisch und bleibe, wie schon am Morgen, davor stehen.

Ich bin mir sicher, dass er mich genaustens mustert und bereits weiß, weswegen ich hier bin, doch es wäre nicht Jorge, wenn er mich nicht auf seine ganz eigene Art und Weise quälen wollen würde.

"Sprich, was ist das?"
Ängstlich erkläre ich:
"Ihre Bestellung, Mister Romero."
Kurz ist es totenstill, dann wird mir die Tüte aus der Hand gerissen und lachend auf die Schulter geklopft.
"Schön, du bist ja doch nicht so unnütz wie ich dachte!"

Leicht nicke ich, bleibe aber stumm und sehe ihn für keine Sekunde an.
"Aber da das als Bestrafung natürlich nicht ausreicht, wirst du jetzt den Rasen vorm Haus kürzen."
flüstert er mir überheblich ins Ohr, was mich schreckhaft zusammenzucken lässt.

Schnell, fast schon fluchthaft, laufe ich auf die Tür zu und gerade, als ich sie hinter mir schließen will, ertönt die belustigte Stimme meines Bosses, die mich überfordert die Augen aufreißen lässt:

"Ich möchte, dass du alles mit einer Schere auf einen Centimeter kürzt!"










Arme Lucia, aber heyy, schlimmer geht ja bekanntlich immer!

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Shotaro Reyes - Mi oscura salvaciónWo Geschichten leben. Entdecke jetzt