12. Kapitel

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Lucia

Seufzend öffne ich die verdammt schwere Stahltür, die zu Adoras Zelle führt und sehe mich hart schluckend etwas um.
Es ist alles, aber garantiert nicht schön oder bequem.
Es ist relativ kalt, das Waschbecken dreckig und die Toilette, die um die Ecke ist, gewährt kaum Privatsphäre.

Leise stelle ich den Teller mit Rührei und das Glas Wasser auf dem kleinen Holztisch neben dem Bett ab und mustere die Frau, die schlafend auf dem Boden und an dem Bettgestell angelehnt liegt.
Ihre Haare liegen quer über dem Gesicht verteilt, während ihr Atem regelmäßig und leise zu hören ist.

Die Fußfessel an ihrem Knöchel zieht meine Aufmerksamkeit auf sich und lässt mich genervt die Augen verdrehen.
Als ob sie hier überhaupt eine Chance hätte, zu entkommen.

Kontrollfreaks..

Widerwillig lasse ich Adora allein zurück und höre, wie Yago hinter mir die Tür wieder abschließt.
"Keine Sorge, sie wird sich nicht lang darin befinden." versucht er mir Mut zu machen, was durch sein leichtes Lächeln auch ein klein wenig gelingt.

"Darf ich dich etwas fragen?" wispere ich mit einem unwohlen Unterton, denn selbst wenn ich die Familie Reyes schon etwas besser kennenlernen durfte:
Yago ist mir immernoch ein Rätsel.

Entweder er ist nie da und kommt irgendwann mit zerrissener Kleidung, Blutflecken und schweren Kisten zurück, oder er befindet sich im Anwesen und führt sich auf, als wäre er jedermanns bester Freund.

"Klar, immer doch." neugierig sieht er mich an, woraufhin ich mich räuspere und leise frage:
"Wieso bist du der einzige Bodyguard, Wächter oder was auch immer, der mit der Familie oder mir spricht und richtig interagiert?
Die anderen wirken so... mechanisch?"

Schulterzuckend lehnt er sich an der Kellerwand neben Adoras Zellentür an und sieht mit einem Grinsen an die Decke.
"Weiß nicht, vielleicht haben die alle einfach keine Persönlichkeit?"
scherzt er und scheint sich zum ersten Mal darüber einige Gedanken zu machen.

"Oder sie haben Angst, dass sie einen schlechten Zeitpunkt erwischen und kastriert werden. Das kann bei den zwei ältesten Brüdern durchaus begründet sein." überlegt er laut weiter und sieht mit dem Zeigefinger, den er sich an das Kinn hält, aus, wie ein Professor in einer Eliteuniversität, dem soeben eine Frage über den Sinn des Lebens gestellt wurde.

Über meine Gedanken schmunzelnd lege ich den Kopf etwas schräg und hake nach:"Taio und Andrés? Ich hätte nicht erwartet, dass die beiden so impulsiv handeln können."

Augenblicklich wird der triste Keller mit lautem Gelächter gefüllt, sodass meine Aufmerksamkeit wieder zu Yago findet, der seine Belustigung gar nicht erst versucht zu verstecken.

"Impulsiv? Ich bitte dich! Taio und Andrés sind wie zwei Teufel höchstpersönlich, die nur darauf warten, dass jemand es wagt sie zu unterschätzen." lacht er und macht mich dabei etwas stutzig.
Mit hochgezogenen Augenbrauen entgegne ich:
"Das klingt für mich eher so, als wären das zwei Sadisten.."

Grinsend schüttelt Yago den Kopf und scheint sich etwas beruhigt zu haben.
"Sie beschützen einfach nur was ihnen gehört. Ganz oben steht da natürlich ihre Familie.
Findest du nicht, dass das eher beeindruckend, statt beängstigend ist? Immerhin würden sie sich ohne zu zögern ins Feuer stürzen, um ihre Familie zu schützen.
Da ist es nicht verwunderlich, wenn sie jemanden töten, der eine Bedrohung darstellt." erzählt er mir ehrlich und wartet gespannt auf meine Antowort.

Shotaro Reyes - Mi oscura salvaciónWo Geschichten leben. Entdecke jetzt