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Ivy

Meine Mom stand schon an der Türschwelle mit einem Taschentuch in der Hand und Tränen die ihr über die Wangen liefen. Sie war schon immer sehr emotional gewesen und jetzt wo ich Tennesse verließ gab es einen Grund dazu.
,, Mom...nicht weinen " ich hasste es sie so zu sehen. Sie war meine beste freundin und eine liebende Mutter. Ich wusste wie sehr ihr dies das Herz brechen würde und dennoch musste ich es tun.
,, Tu ich doch gar nicht " schniefte sie und wischte sich rasch die Tränen aus dem Gesicht. Mein Dad kam gerade die Treppen hinunter und stellte mir meine Koffer vor die Füße.
,, Du bist dir sicher? " fragte er, worauf ich nur nickte. Mein Dad war nie der große Redner und doch merkte man ihm es an. Es fiel uns allen schwer. Meiner Mutter fiel es allerdings am schwersten. Trotz mein 21 Jahren bin ich immer noch ihr kleines Baby. Versteht mich nicht falsch ich finde es toll, doch ein bisschen weniger Drama wäre ab und zu schön.
In der Zwischenzeit wo wir alle da standen und heulten wie Schlosshunde,  kam das Taxi vorgefahren. Schnell nahm meine Mutter mich in den Arm und presste mich an ihren Busen.
,, Du meldest dich sofort wenn du gelandet bist Kind " sagte sie tätschelnd.
,, Mach ich Mom "
,, Und vergiss nicht dich warm
anzuziehen "
,, Ja Mom "
,, Ach und trink immer schon Tee um deine Blase zu schützen "
,, Moom "
,, Jaja ich mein ja nur " erklärte sie sich und sah mich ein letztes Mal an.
,, Du passt auf Dich auf Ja? "
Ich nahm sie in den Arm, drückte ihr ein Kuss auf die Wange und sagte ,, Ich melde mich regelmäßig ". Dann verabschiedete ich mich von Dad und stieg in das Taxi ein.
,, Zum Flughafen bitte " sagte ich mit einer leichten Trauer in der Stimme.
Ich fragte mich wie ich nochmal auf die Idee kam ein Auslandsjahr zu machen, denn das wollte mir aufs erbrechen nicht einfallen. Nicht jetzt wo ich sehe wie meine Eltern immer mehr verblassten als das Taxi losfuhr.
Dennoch, obwohl ich mich fragte ob es richtig war was ich tat, freute ich mich darauf. Ich habe gerade meinen Abschluss gemacht und war mir in jeglicher hinsicht noch nicht sicher was ich werden will. Als Kind war es immer mein Traum Prinzessin oder Bäuerin zu werden, aber waren wir mal ehrlich es waren nur träume. Daher fand ich die Idee gut einfach mal für ein Jahr mein leben woanders zu führen. Weg von den alten Maroden. Weg vom Alltag und den immer gleichen Routinen. Einfach mal was neues erleben. In wenigen Minuten waren wir da. Der Taxifahrer half mir das Gepäck aus den Auto zu holen und fuhr dann auch weiter.

Nun stand ich hier. Mitten am großen Flughafen. Hastig versuchte ich mich zurecht zu finden und eilte zu meinem Board. 2 Stunden und 10 min vergingen bis ich in den Flieger einstieg. Ich war so aufgeregt. Noch nie war ich weiter weg als 2 Straßen neben an bei den Nachbarskindern. Und selbst dann musste meine Mutter mich ab und zu abholen.
Der Flug ging schneller als ich gedacht habe. Denn ehe ich mich versah landeten wir. Zum Glück hatte ich mir heute morgen ein Pulli und ne dicke Jacke angezogen. Der Wind prallte nur so in mein Gesicht und zog in jede Stelle die es fand. Am Flughafen bestellte ich ein Taxi und ließ mich zu meiner Wohnung fahren.

Endlich angekommen war ich froh da zu sein. Mein neues Zuhause.
Die Wohnung war nicht sonderlich groß, aber dafür gemütlich. Es war nur eine Ein- Zimmer Wohnung und reichte für mich vollkommen aus. Das Sofa im Wohnzimmer nutzte ich als Schlafcouch und im Flur hatte ich mein kleinen Kleiderschrank. Gegenüber ein Spiegel, schräg dahinter eine kleine Küche und ein kleines Bad am ende des Flures. Ausreichend. Meine Koffer pfefferte ich einfach nur in die Ecke. Ich war viel zu sehr darauf fixiert in mein Sofa zu fallen. Zum Glück konnte ich vorher alles einrichten durch eine Firma. Es war also alles schon fertig und bereit zu schlafen.

Der nächste Tag war ziemlich regnerisch. Das plätschern der Regentropfen an meinem Fenster machten mich wach. Ich dachte ich hätte noch genug Zeit, aber als ich auf den Wecker sah war es schon viel zu spät. Scheiße! Ich durfte nicht zu spät zum Vorstellungsgespräch kommen. Nicht wenn dies doch mein einziger Plan in Alaska war. Vielleicht hätte ich ein Plan B machen sollen. Mich woanders noch bewerben und mir die Möglichkeiten offen halten. Aber Ivy wusste es natürlich besser....nicht.
Manchmal verfluchte ich mich bis aufs äußerste. In Windes eile schnappte ich mir meine schwarze Jeans, warf mir ein roten Pulli über und zog mir die dicksten Wintersocken an. Unten angekommen warf ich mir meine dicke Winterjacke mit Pelz über und stopfte alles in meine Tasche was ich brauchte. Schlüssel, Bürste, Taschentücher, Handschuhe, bisschen Lipgloss und zu guter letzt mein Portmonnee und Handy. Da es eine kleine Tasche war quilte sie zwar über, was mir in dem Moment aber völlig egal war. Schnell die Tür abgeschlossen stand ich draußen wie angewurzelt. Ich wusste gar nicht wo ich lang musste und mein Datenvolum war auch leer. Das war natürlich sehr schlau von mir. Ohne Plan in die Welt zu schreiten. Welchen Bus musste ich nehmen? Wo musste ich lang gehen.... alles ein reinste Chaos. Ich wusste nicht mal die Taxi Nummer die ich hätte anrufen können. Ganz toll gemacht Ivy, ganz toll. Tja es kann ja nicht alles nach Plan laufen. Das kannte ich ja schon von mir. Also was tat ich jetzt? Richtig ich lief einfach irgendwo lang in der Hoffnung jemand um die frühe Zeit anzutreffen um nach den Weg zu fragen.
Zum Glück musste ich nur zwei quer Straßen weiter und einmal über die Kreuzung bis ich jemanden traf. Ohne groß nachzudenken tippte ich die Schulter von einem Mann im Anzug an.
Maßgeschneidert in schwarz mit feinen grauen Kragen. Extravagant und dennoch elegant. In der zeit wo ich mir seinen Anzug ansah bemerkte ich nicht das sein argwöhnischer Blick mich musterte.
Er räusperte sich um mir dezent klar zu machen das ich mich gefälligst beeilen sollte.
,, Ähm wissen sie wie es zur Baufirma Petersen geht? "
Ich hatte kurz das Gefühl dass er mich nicht verstand und vielleicht ne andere Sprache sprach, denn von ihm kam nur ein mürrischer Blick. Doch dann zeigte er einfach nur in die rechte Richtung und da sah ich es auch schon. Ein paar Meter weiter sah ich das große blaue Schild.
Ich bedankte mich flüchtig und rannte weiter. Nur noch 5 min. Ich musste mich beeilen. Völlig aus der Puste kam ich schlussendlich an. Mit röchelnden Atem öffnete ich die Tür und platzte hinein. Ein paar Mitarbeiter guckten mich schon schief an, sagten aber nichts.
,, Ich...Ich hab ein....
Vorstellungsgespräch " sagte ich völlig aus der Puste.
,, Der Chef ist noch nicht da, sollte aber gleich kommen " dann widmeten sie sich wieder ihren Tätigkeiten die aus Kaffee trinken bestand. Ich blickte mich um und sah in einer kleinen Ecke zwei Stühle und einne Runden tiefen Tisch. Wahrscheinlich damit wartende Kunden sich dort hinsetzen konnten. Nun tat ich es, denn so viel zu laufen war mein Körper nicht gewohnt.
Und somit wartete ich.

Both SideWo Geschichten leben. Entdecke jetzt