3.1 Farben sind Zeit/Stimmungen

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Zehn vor Acht durch die gläserne Eingangstüre. Rasche Schritte durch die Halle. Der Rezeptionistin oder dem Rezeptionist kurz zugenickt. In den ersten Gang. Dann durch die Gänge und Türen und Codes. Am Ende den Finger auf den Display gehalten. Die Türe aufgezogen. Vor ihr lag der Durchgangsbereich. 

Sie blieb einen Moment stehen und lächelte. Wie vertraut es ihr schon war. Wie rasch es ihr vertraut geworden war. Sie zog die Tür hinter sich zu und ging in ihr Büro. Kaira war überlegt und organisiert wie Bianca, aber noch ruhiger, noch präzisier, noch ausgeglichener. Auf unauffällige Weise unglaublich sicher in sich selbst. Dezent selbstsicher. Ruhend. Etwas davon hatte sich auch auf Guianna übertragen und gemischt mit Janis' spielerischem Ernst und Eifer hatte es in ihr eine Art Freude auf die neue Arbeit geweckt. Es schien nicht mehr abwegig, dass sie es tun konnte, dass sie es gut tun konnte. Und sie wollte ihr Bestes dafür geben, dass es tatsächlich so kam.

 In ihrer Handtasche lag das Geschäftshandy. Kaira hatte es ihr feierlich übergeben. Nun würde sie die Anrufe entgegen nehmen. Nun würde sie Termine vergeben, planen, organisieren. Ihre gestrige Abendlektüre waren die Termine der nächsten Wochen gewesen. Damit sie nicht gleich an ihrem Arbeitstag einen Termin in Zürich an einem Tag vergab, an dem ihr Chef nach Paris flog oder dergleichen. Das Licht flammte auf und sie ging zum Schreibtisch und stellte die Handtasche ab. Sie schaltete den Computer an, prüfte den Akkustand des Geschäftshandys und beschloss zuerst die Aquarien zu versorgen. Für den Fall, dass nachher viel los war. Doch es passierte nichts. 

Also machte sie ihre üblichen Aufgaben, beantworte das Mail, das um viertel nach neun kam und tippt wieder einen seiner Berichte ab. Als dann endlich und plötzlich das Handy klingelte, fiel sie vor Schreck fast vom Stuhl. Mit rasendem Herzen atmete sie nochmals durch und nahm ab. Erst beim zweiten Versuch traf ihr zittriger Daumen den Display an der rechten Stelle. „Guianna Hunziker, erste Sekretärin Herrn Kims, Geschäftsleiter von G & G, wie kann ich Ihnen helfen?" Denn Satz hatte sie gestern vorwärts und rückwärts geübt, so dass sie ihn nun trotzt Nervosität fehlerlos und beinahe ohne zu Stocken herunterleiern konnte. Als sie ein bisschen später auflegte, war sie ziemlich zufrieden mit sich. Für den ersten Anruf war's gar nicht schlecht. 

,Noch ein bisschen Übung und du machst dich.', gratulierte sie sich selbst. Rasch notierte sie sich noch ein paar Bemerkungen neben die knappen Notizen, die sie sich während des Gespräches gemacht hatte und trug den Termin ordentlich in den online-Kalender ein. Kaira hatte ihr gestern auch den Terminkalender erklärt, so dass Bianca höchstens die eine oder andere Sache ergänzen musste. Noch überdreht und hibbelig von der Erleichterung die nun auf die Nervosität folgte, marschierte sie in den Durchgangsraum. Er betrat ihn gerade ebenfalls. 

-„Hi", strahlte sie ihn aus der Ferne an. „The New Generation hat angerufen um einen endgültigen Termin zu vereinbaren. Das Interview mit Emilia Lukas findet nun am 14 nächsten Monat statt.", erklärte sie überschwänglich und flatterte zur Tür hinaus. 

Als sie ein bisschen später zurückkam, war sie wieder nüchterner. Sie war noch immer erleichtert, dass es so gut gelaufen war, aber der Glücksrausch war vorbei. Die Tür zum Durchgangsbereich aufziehend, fragte sie sich, ob ihr ihre vorige Aktion peinlich sein sollte, oder ob sie einfach darüber lachen sollte. Sie zuckte die Schultern und durchquerte den Raum mit raschen Schritten. Doch bevor sie das Büro betreten konnte, trat der Chef aus seinem. 

„Haben Sie am 14 einen Termin?" -„Nein", entgegnete sie rasch, war sich aber nicht ganz sicher, zu voll war ihr Kopf mit seinen Terminen. Seine Schultern schienen sich ein kleines bisschen zu entspannen. „Dann halten Sie sich den Tag frei.", fuhr er fort. „Du wirst mich begleiten." Werde ich das?, fragte sie stumm und zog die Augenbrauen hoch, während sie ihm nachsah, wie er wieder in dem Raum verschwand. Wie er über sie verfügte. Dann lächelte sie und schüttelte nachdenklich den Kopf. Sie hatte keine Ahnung, wie selbstbestimmt der Arbeitsalltag einer Sekretärin war. Wenn er sie am vierzehnten dabei haben wollte, dann würde sie ihn am vierzehnten begleiten, auch wenn sie keine Ahnung hatte, was ihre Funktion bei der ganzen Sache sein sollte. 

Der eine oder andere Schnitzer pulsierte durch ihre Gedanken, doch als Janis sie am nächsten Morgen in der Pause bei der Kaffemaschine antraf, konnte sie auf seine Frage, wie es denn so klappe, mit eine Lächeln antworten: „Ganz gut". Er fragte sie ziemlich genau über den Morgen und alles aus und blieb an ihrer Seite bis sie im Pausenraum auf den Tisch zu steuerte, an dem Charline sass. Ausserdem Platz, auf den sich Guianna setzte waren nur noch zwei Plätze frei und Marco kam gerade auf den Tisch zu. Mit raschen Schritten umrundete Janis den Tisch und setzte sich mit bestimmter Miene auf den Platz Charline gegenüber. Marco sah kurz verdutz aus, dann zuckte er die Schultern und setzte sich auf den freien Platz weiter links. 

Des Genies SekretärinWo Geschichten leben. Entdecke jetzt